Von Marian Thöne
Wer das Ruhrgebiet kennt, kennt auch seine Kultur und Symbole: Schlägel und Eisen, Kohle und Stahl, Pils und Fußball. Was ist in Zeiten des Strukturwandels noch liebevolles Zelebrieren von Kultur und Tradition? Wo fangen Plattitüden gemischt mit rein wirtschaftlichen Interessen an? Dem widmet sich die neue Ausstellung „Revierfolklore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz“ im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern. Am Freitag um 18 Uhr ist Eröffnung.
Über 250 Exponate: Wie erleben wir Ruhrgebietskultur und Strukturwandel?
„Auf der Bochumer Zeche Hannover war die Ausstellung ein großer Erfolg“, freut sich Museumsdirektor Dirk Zache. „Jetzt kommt sie auch nach Dortmund ins Industriemuseum Zeche Zollern. Das macht Sinn, denn das gesamte Ruhrgebiet erlebt ja seit rund sechs Jahrzehnten schon den Strukturwandel.“
___STEADY_PAYWALL___
Anlass der Ausstellung war das Ende des Bergbaus. Durch über 250 Exponate soll sowohl ein Blick auf die Vergangenheit, als auch auf Gegenwart und Zukunft geworfen werden.
Es gebe immer die großen und die kleinen Symbole, so Zache. „Museen, wie das von der Zeche Zollern, sind die großen Reliquien des Bergbaus. In der Ausstellung geht es nun aber um die kleinen Dinge. Die machen für die Menschen oft ein Stück Heimat aus.“
Eine Heimat, die sich zuletzt stark geändert hat. Und das wird sie laut Dr. Anne Kugler-Mühlhofer, Leiterin vom Museum, auch in Zukunft tun:
„Das Thema bleibt präsent, auch – oder gerade – wenn die Deindustrialisierung in den Köpfen weiter genesen ist.“ Dabei treffe die Ausstellung den „Knackpunkt zwischen Tradition und Kommerz“.
Wie so oft: der Grat zwischen Tradition und Kommerz ist schmal
In der Ausstellung sind neue und alte Stücke dabei, aus Kohle, Stahl oder Kunststoff, genauso wie Video- und Audioelemente.
Es gibt Kleidung, Dekorationsartikel und Accessoires, Bilder, Plakate und Fotografien, Badeenten oder eine Eieruhr.
Immer mit Bezug zum Ruhrgebiet, meist zum Bergbau. Die Eieruhr z. B. zieren Schlägel und Eisen. Ist sie abgelaufen, macht sie nicht irgendein Geräusch, sondern spielt das Steigerlied.
Genau hieran können Besucher*innen die Frage festmachen: Ist das liebevoll und stumpf? Geht es um die Kultur des Ruhrgebiets oder nur ums Geld verdienen? Und muss das eigentlich immer ein Widerspruch sein?
Fußballkultur im Ruhrgebiet: vom Trikot bis zur Pöhler-Kappe
Die Grenze zwischen Tradition und Kommerz ist fließend, das ist kaum zu bestreiten – und auch die Ausstellung tut das nicht. Dass der Fußball z. B. traditionell zum Ruhrgebiet gehört, dürfte klar sein.
Niemand hat wohl etwas einzuwenden gegen regelmäßige Stadionbesuche, ein Trikot des Lieblingsvereins im Schrank oder selbst hin und wieder auf dem Bolzplatz ein wenig zu kicken.
Geht man einen Schritt weiter und betrachtet die „Pöhler“-Kappe des BVB, dürften die Meinungen schon weiter auseinandergehen.
Jürgen Klopp hat sie seinerzeit berühmt gemacht. Viele lieben ihn genauso wie die Kappe, anderen ist das zu viel der Folklore.
T-Shirt „Glück auf“ von „Fruit of the Loom“ – ist das noch legitimer Heimatstolz?
Spätestens beim „Glück auf“-Shirt von der Firma „Fruit of the Loom“ dürfte für die meisten die Grenze zum Kommerz überschritten sein. So steht der US-Bekleidungskonzern für internationale Massenproduktion und nicht im Verdacht, sonderlich viel mit dem Ruhrgebiet zu tun zu haben.
Trotzdem hat er den berühmten Spruch aus dem Bergbau als Motiv für ein T-Shirt genutzt. Aus Liebe zur Region und deren Kultur?
Oder doch eher, um T-Shirts zu verkaufen? Aber selbst wenn: ist das nun verwerflich oder einfach nur menschlich? Hilft oder schadet es dem Ruhrgebiet am Ende des Tages? Das können die Besucher*innen schlussendlich nur für sich selbst beantworten.
Die Ausstellung ist vom 29. Februar bis zum 25. Oktober 2020 zu sehen. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt 5 Euro normal, 2,50 Euro ermäßigt. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt.
Reader Comments
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern (Pressemitteilung)
„Tag der offenen Ausstellungen“, Themenführungen und Märchenstunde auf Zeche Zollern
Zu einem „Tag der offenen Ausstellungen“ mit freiem Eintritt lädt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Sonntag (1.3.) in sein Industriemuseum Zeche Zollern nach Dortmund ein. Anlass sind die Sonderausstellung „Revierfolklore. Zwischen Heimatstolz und Kommerz“, die diesen Freitag um 18 Uhr eröffnet wird, und das neue „Montanium“.
Zum Tag gehört ein vielfältiges Angebot an Führungen. Los geht es um 10.30 Uhr mit einer ersten Führung durch die neue Untertagewelt „Montanium“, weitere Rundgänge schließen sich um 11.45 Uhr, 13 Uhr 14.30 Uhr, 16 Uhr und 17.15 Uhr an. Die Teilnahme kostet 2 Euro pro Person.
Rundgänge mit Start um 11 und 12.45 Uhr unter dem Titel „Schloss der Arbeit“ führen über die Tagesanlagen der Zeche Zollern, wobei sich der zweite Termin speziell an Familien richtet.
Um 13 Uhr begleitet Dr. Thomas Parent, ehemaliger stellvertretender Direktor des LWL-Industriemuseums, Besucher auf einem Rundgang zum Thema „Kaiser Wilhelm, Bismarck und Auguste Victoria. Zollern als Preußen-Zeche“. Um 15 Uhr schließt sich die Führung „Ein Denkmal für Stahl und Strom“ ebenfalls mit Thomas Parent an. Im Mittelpunkt stehen Architektur und technische Ausstattung der Maschinenhalle.
Für Kinder ab drei Jahren findet um 15 Uhr in gemütlicher Atmosphäre eine Märchenstunde statt. Um 16 Uhr beginnt wie künftig jeden Sonntag eine öffentliche Führung durch die neue Sonderausstellung „Revierfolklore“.
Alle Führungen sind bis auf das Montanium kostenlos.
Adresse und Kontakt:
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5 I 44388 Dortmund
Telefon: 0231 6961-111
http://www.lwl-industriemuseum.de