720 Vorstellungen und 165 unterschiedliche Filme – darunter 95 Bundesstarts – hat das „sweetSixteen-Kino“ im Jahr 2013 gezeigt. Als die Macher vor 14 Jahren begannen, haben sie im Traum nicht daran gedacht.
Mobiles Kino an Hauswänden, Hinterhöfen und am Kanal
Damals machten Suse Solbach und Peter Fotheringham noch mobiles Kino. „Gegen den Trend“, sagt Suse. Fünf filmbegeisterte Dortmunder sind mit einem mobilen Projektor ausgestattet durch die Stadt gezogen und haben Filmschätze an Hauswände, in Hinterhöfe und an kleinen Leinwänden am Kanal vorgeführt. „Der Ort Kino verschwindet – einer nach dem anderen“, bedauert Peter. Für ihn als Kinoliebhaber war das eine Katastrophe. Gemeinsam wollten sie diesem Trend entgegentreten und haben ein neues Kino eröffnet.
Neues Kino gegründet und kein bestehendes Haus übernommen
Die Betonung liegt auf „NEU“: Denn sie haben kein Lichtspielhaus übernommen, sondern in einer ehemaligen Industriehalle ein neues aufgebaut, verdeutlicht Vorstandsmitglied Kai Wortmann. Dort waren vorher eine Werkstatt, ein Ersatzteillager und eine Schreinerei der Straßenbahn. Statt Ersatzteilen gibt es hier nun 16- und 35-Millimeter-Streifen, Blu-ray – und natürlich digitale Kopien. „ Aktuelle analoge Filmkopien sind jedoch leider weitestgehend Geschichte“, bedauert Johanna Knott, die Vierte im Bunde der Kinoaktivisten.
„Wir haben jahrelang im Roxy und der Camera gearbeitet und viele tolle Filme geplant, aber nie gezeigt“, ärgert sich Suse. Im eigenen Haus ist das jetzt anders. Dafür heimsen sie landes- und bundesweit viele Preise ab. „Drei Mal haben wir schon den NRW-Filmpreis für herausragendes Kinoprogramm und jeweils ein Mal den Bundesfilmpreis für das beste Kinderfilm- und das beste Dokumentarfilmprogramm bekommen“, freut sich die Vereinsvorsitzende – „…und das übrigens in dieser Kombination als bisher einziges Dortmunder Kino“, fügt Johanna hinzu.
Viele Kinopreise eingeheimst – Preisgeld ist wichtig zum Überleben
Mit den Auszeichnungen sind auch Geldpreise verbunden – wichtig für das Überleben des Kinos. Denn davon leben können die Kinobetreiber nicht. Sie arbeiten komplett ehrenamtlich. „Mit den Einnahmen und Vermietungen können sie gerade die laufenden Kosten erwirtschaften und das Darlehen zurückzahlen. Das ist bisher gut gelaufen, der Verein ist nahezu schuldenfrei. Schön, wenn ihnen dann ein Film wie „Göttliche Lage“ – eine Dokumentation über den Phoenixsee – ausverkaufte Vorstellungen einbringt.
Allerdings „leben“ die vier Betreiber von anderen Jobs und vom Lob und Zuspruch ihrer Stammgäste. Die gibt es reichlich. „Das ist mein Wohnzimmer“ sagt Irmi und meint das nicht nur sprichwörtlich: Sie hat ihre alten Möbel ins Kino gestellt. Sie kommt seitdem mehrfach die Woche mit dem Fahrrad aus Unna und schaut dann häufig drei Filme am Stück. „Ich habe seit 25 Jahren keinen Fernseher mehr“, sagt sie lachend. Häufig stößt dann abends noch ihr Mann dazu – das erspart ihr den Rückweg auf zwei Rädern…
Ausgewähltes Programm für Cineasten ohne Hollywood-Blockbuster
„Ich komme wegen des Programms und der Mitarbeiter“, sagt Stammgast Hermann. „Sie bieten ein ambitioniertes Programm, was es so in Dortmund nicht gibt.“ Wichtig sind ihm auch die „OmU“-Angebote – also Filme, die in der Originalsprache mit Untertiteln laufen. „Das Team hat ein gutes Netz von Verleihern und Vertrieben, das andere nicht haben. Dafür wird es hier nie den neusten Transformers-Film geben“, sagt er lachend. Doch den will hier sowieso niemand sehen…
KONTAKT:
sweetSixteen-Kino im Depot c/o sweetSixteen-filmclub e.V.
Immermannstr. 29
44147 Dortmund
Tel. +49(0)231 / 910 66 23
www.facebook.com/sweetSixteenKino
Reader Comments
Jerry LOLer
Das Einzige, dass mich an Artikel wie diesem etwas stört ist, dass u.a. durch das letzte Zitat ein Gegensatz konstruiert/aufrecht erhalten wird, der so für viele Filmbegeisterte gar nicht mehr existent ist (wenn man „den neuen Transformers“ nicht wortwörtlich nimmt sondern als Umschreibung für aktuelle „Blockbuster“ versteht): es ist problemlos möglich, sowohl Spass an Mainstream-Hollywood als auch dem, was hierzulande oft als „Arthaus“ bezeichnet wird, zu haben.