Uraufführung im Depot: Zwischen Container und Camp – „Fremdschämfaktor“ in der Medienwelt als Theaterthema

Tanja Brügger in "Container Love" einer Inszenierung des Theaters "glassbooth" in Zusammenarbeit mit dem Theater im Depot in Dortmund.Premiere ist am Freitag, 29.August 2014 an der Immermannstrasse. Weitere Aufführungen sind am 30.08 und 25.09.
Das Theater „glassbooth“ und das Theater im Depot bringen eine Uraufführung auf die Bühne.

Von Rolf Pfeiffer

Die schreckliche theaterlose Sommerzeit, geht, Gott sei’s gedankt, langsam zu Ende. Vielerorten raschelt der Vorhang, hie und da hebt er sich gar schon. Auch das „Theater glassbooth“, das im Dortmunder Depot an der Immermannstraße aufspielt, reiht sich in diesem beglückenden Prozeß des Erwachens ein und kündigt für Freitag, den 29. August, die Premiere (wenn nicht gar die Uraufführung!) von „Container Love“ an.

„Theater glassbooth“ präsentiert erstmalig ein selbst geschriebenes Stück

Nora Bauckhorn in "Container Love" einer Inszenierung des Theaters "glassbooth" in Zusammenarbeit mit dem Theater im Depot in Dortmund.Premiere ist am Freitag, 29.0August 2014 an der Immermannstrasse. Weitere Aufführungen sind am 30.08 und 25.09.
Nora Bauckhorn in „Container Love“. Fotos: Horst Müller

„Container Love“ ist das erste selbstverfasste Stück der Truppe. Bisher (acht Mal in elf Jahren) bediente man sich bei mehr oder weniger renommierten Autoren, zuletzt bei Mark Ravenhill, aus dessen Feder die Vorjahresinszenierung „Das Produkt“ stammte.

Der Name des neuen Stücks, erläutern Regisseur Jens Dornheim und Schauspielchef Berthold Meyer im Gespräch, verweist auf inspirierende Elemente in der real existieren Außenwelt, auf Fernsehshows aus Camps und Containern, bei denen Big Brother allgegenwärtig ist und die – neben anderem – erheblichen Anteil an der Entstehung des Begriffs „Fremdschämfaktor“ haben.

Im Depot-Container (den das Bühnenbild aber lediglich andeutet), treffen einige Schauspielerinnen und Schauspieler aufeinander, die Schauspielerinnen und Schauspieler spielen, mit denen sie (zumindest) die Vornamen gemein haben. Wer sie näher kennt, mag vielleicht auch noch die eine oder andere Charaktereigenschaft im Bühnenspiel wiederentdecken.

Gesicht und Stimme für „Fremdschämfaktor“

So ist Nora (Nora Bauckhorn) eine Mimin mit Anspruch, während Alex (Alexandra Schlösser) eher den Drang zu haben scheint, sich um alle und alles zu kümmern und stellvertretend dem Fremdschämfaktor Gesicht und Stimme zu verleihen; Marlon (Marlon Bösherz), Absolvent der renommierten Schauspielschule Ernst Busch, will seinen Container-Aufenthalt als Karriereschritt verstanden wissen, Dietmar (Dietmar Meinel) wiederum gibt den Unsymp, ist ein pathologischer Menschennichtversteher mit autistischen Zügen, liebevoller ausgedrückt: ein Sonderling.

Weitere Containerbewohner sind Tanja (Tanja Brügger), der zu ihrer Schauspielkarriere nichts außer Erfolg fehlt, sowie der Schlagersänger und Entertainer Böhmer, den Dominik Hertrich gibt. Er fällt nicht nur aus dem Benamungsschema, er ist eben auch anders als die anderen, nämlich: kein Schauspieler, eher ein Star.

Pralle Verdichtung des Geschehens auf der Nordstadt-Bühne geplant

Marlon Bösherz, Tanja Brügger und Nora Bauckhorn in "Container Love" einer Inszenierung des Theaters "glassbooth" in Zusammenarbeit mit dem Theater im Depot in Dortmund.Premiere ist am Freitag, 29.0August 2014 an der Immermannstrasse. Weitere Aufführungen sind am 30.08 und 25.09.
Marlon Bösherz, Tanja Brügger und Nora Bauckhorn in einer Inszenierung des Theaters „glassbooth“.

Es gibt drei weitere Mitwirkende, die für eine pralle Verdichtung des Geschehens sorgen werden, nämlich Timo Knop und Anabel Starosta als Hervorbringungen der „scripted reality“ – Genaueres verraten die Theaterleute noch nicht – und Markus Behr als Stimme aus dem Off.

Diese Stimme wird die Aufgaben formulieren, die die Bewohner meistern müssen, gerade so wie im fernseh-wirklichen Containerleben. „Liebe und Mord“ szenisch darzustellen wird eine der weniger schlüpfrigen Aufgaben lauten. Eine andere ist nahezu poetisch: „Schöpfe aus dem Vollen, bis die Leere dich erfüllt“ sagt der Philosoph. Wie kann man das darstellen?

Die Rollen und ihre Skizzierungen lassen ahnen, welche Irritationen und Konflikte hier lauern. Doch allzu akademisch soll es nicht werden. Wenn die Ankündigungen der Theaterleute zutreffen, erwarten das Publikum gleichsam vergnügliche wie reflektorische 90 Minuten, die Fragen nach Authentizität in einer medialen Welt, nach Wahrnehmungswirklichkeit und Identität gewiß nicht ausblenden, sie aber auch nicht zum zentralen und einzigen Thema machen.

Lediglich irritiert ein wenig, daß das „Theater glassbooth“ Fernsehformate in den Mittelpunkt seiner ersten Eigenproduktion stellt, die schon seit Jahren mit wechselndem Erfolg laufen, der Aktualitätsfaktor mithin nur mäßig ist. Andererseits bietet dieses neue Stück fraglos große Möglichkeiten für hingebungsvolles, buntes Schauspielertheater, von dem wir uns einen hohen Unterhaltungswert versprechen wollen.

Wie gesagt: Freitag ist Premiere. Es gibt noch Karten.

 Weitere Termine:

Theater im Depot Dortmund

  • Freitag, 29. August, 20 Uhr (Premiere)
  • Samstag, 30. August, 20 Uhr
  • Donnerstag, 25. September, 20 Uhr

Zeche Carl Essen

Sonntag, 14. September, 19 Uhr

Orangerie-Theater im Volksgarten Köln

  • Donnerstag, 16. Oktober, 20 Uhr
  • Freitag, 17. Oktober, 20 Uhr
  • Samstag, 18. Oktober, 20 Uhr
  • Sonntag, 19. Oktober, 19 Uhr (!)

Rottstraße 5 Theater Bochum

  • Freitag, 24. Oktober, 19:30 Uhr

Spielraum Bottrop

  • Sonntag, 2.November, 19 Uhr

Weitere Termine werden rechtzeitig bekanntgegeben.

Theater im Depot, Immermannstraße 29, Dortmund, www.depotdortmund.de

 

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