Es sei zu befürchten gewesen heißt es in den Stellungnahmen des Bündnisses Sozialticket NRW und der Ratsfraktion der Linken und Piraten in Dortmund. Die Tickets für Bus und Bahn werden zum 1. Januar 2020 erneut teurer. Um 1,8 Prozent. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat die Erhöhung der Fahrpreise zur Jahreswende beschlossen. Damit erhöht sich auch abermals der Preis für das Sozialticket, das seinen Namen eigentlich schon lange nicht mehr verdient habe. Von monatlich 38,65 Euro steigt der Preis dann auf 39,35 Euro.
Bündnis Sozialticket NRW lehnt neue Preiserhöhungen beim VRR ab
Der VRR greife den Ärmsten an Rhein und Ruhr schon wieder in die Tasche, so das Bündnis Sozialticket NRW. Es sei mittlerweile die siebte Preiserhöhung innerhalb von acht Jahren. Schon heute würden die Menschen im Hartz IV-Bezug (SGB II), in Grundsicherung oder mit anderweitigem Mini-Einkommen stolze 38,65 Euro für ein Sozialticket hinlegen müssen.
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Ab 2020 steige dieser Preis nun um weitere 1,8 Prozent, auf dann 39,35 Euro. Im Vergleich würden Hartz IV-BezieherInnen im Rahmen des Regelsatzes für Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr jedoch nur 28,39 Euro zugestanden. Die Folge: Immer weniger arme Menschen könnten sich ein Sozialticket zu diesem Preis leisten. Zuletzt hätten im VRR nur noch 10,8 Prozent aller Anspruchsberechtigten ein Sozialticket erworben. Vor zwei Jahren seien es immerhin noch 12,3 Prozent gewesen.
„Gerade in Zeiten der Klimakrise, in der die Menschen immer wieder aufgefordert werden, vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, ist das ein völlig falsches Signal“, ist Heiko Holtgrave vom Bündnis Sozialticket NRW überzeugt. „Eine Erhöhung der Fahrpreise passt nicht mehr in die Zeit. Das gilt auch für die normalen Tickets.“
Mit der Preiserhöhung werde den sozial Schwächsten erneut in die Tasche gegriffen
Natürlich müssten Qualität und Umweltverträglichkeit des ÖPNV ständig verbessert werden. Und das koste Geld. Aber dieses Geld könne nicht immer von den NutzerInnen kommen – deren Zahlungsbereitschaft sei erschöpft. Hier seien Land und Bund noch stärker gefordert.
Neben den hohen Kosten für das Ticket komme hinzu, dass die Reichweite des VRR-Sozialtickets nach den Erfahrungen des Bündnisses absolut unzureichend sei. Heiko Holtgrave: „Das Sozialticket gilt nur in der eigenen Stadt oder im eigenen Landkreis. Für Besuche bei Freunden oder Verwandten in der Nachbarstadt oder auch nur für Bewerbungsgespräche dort müssen die Betroffenen jedes Mal noch drauf zahlen.“
Gleicher Meinung ist die Dortmunder Ratsfraktion von Linken und Piraten. In ihrer Stellungnahme ist zu lesen, dass CDU, SPD und Grüne diese Preiserhöhung einvernehmlich genehmigt hätten. „Ich lehne diese Erhöhung selbstverständlich ab“, sagt Christian Gebel, Mitglied der Dortmunder Ratsfraktion Die Linke und Piraten und deren Vertreter in der VRR-Verbandsversammlung.
Unzeitgemäße Preispolitik angesichts der Attraktivierung des ÖPNV und des Klimawandels
38,65 Euro würdenMenschen mit Hartz IV-Bezug, Grundrente oder anderweitigem Mini-Einkommen schon jetzt für ihr Sozialticket zahlen. Sie verweisen ebenfalls darauf, dass der Regelsatz für Mobilität bei Hartz IV EmpfängerInnen knappe 11 Euro unterhalb des monatlichen Ticketpreises liege.
„Immer weniger arme Menschen können sich ein Sozialticket für fast 40 Euro im Monat leisten. Eine Erhöhung der Ticketpreise passt gar nicht in die Zeit. Das gilt auch für die normalen Tickets“, so Christian Gebel. Neben den hohen Kosten für das Ticket komme hinzu, dass die Reichweite des Sozialtickets auch in den Augen von Christian Gebel und seiner Fraktion absolut ungenügend sei.
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Reader Comments
George
Viele Fachleute stellen dem d VRR im Vergleich zu den Vwrkehrsverbünden anderer europäischer Ballungsräume ein miserables Zeugnis aus. Es kommt eher selten vor, dass sich Experten und Nutzer wirklich sehr einig sind… Im Fall der Beurteilung des VRR ist es jedoch so.
Schlechte Takte, verdreckt und unkonfortabel, zu kurze Züge und deswegen zu wenig Platz, unpünktlich und zu guter Letzt-verdammt teuer.
Und nun hört man nicht, wie der VRR angesichts der aktuellen Klimadebatte besser und attraktiver werden will, um mehr Menschen von der Straße auf die Schiene zu locken.
Nein-wir hören, dass der VRR mal wieder noch teurer wird – angesichts der aktuellen Debatte rund ums Klima wurde -um im Jargon zu bleiben- das dunkelrote Signal übersehen und der Zug auf die falsche Weiche umgeleitet.
Dafür kann es für die Entscheider im vom VRR geplagten, aber fussballbegeisterten Ruhrgebiet eigentlich nur Eines geben – die rote Karte.
Bündnis Sozialticket NRW (Pressemitteilung)
Mehr Landesmittel für das Sozialticket!
Kurz vor der Verabschiedung des Haushaltes fordert das Bündnis Sozialticket NRW die nordrheinwestfälische Landesregierung auf, die Landesmittel für das Sozialticket von 40 auf mindestens 80 Millionen € zu erhöhen. Das Bündnis hatte in den letzten Wochen bei Straßenaktionen u.a. in Dortmund, Düsseldorf, Duisburg und Wesel 3255 Unterschriften unter einem Appell gesammelt, die jetzt der Landesregierung übergeben wurden.
Ausgangspunkt der Forderung sind die hohen Preise für das Sozialticket, die von den verschiedenen Verkehrsverbünden in NRW gefordert werden. Denn trotz der Bezuschussung durch das Land NRW entfernt sich der Preis immer weiter von der Bedarfslage derer, für die das Angebot eigentlich gedacht ist. Heute kosten die „Sozialtickets“ fast überall an die 40 Euro im Monat. Also deutlich mehr, als in den gesetzlichen Harz IV – Regelsätzen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel vorgesehen sind. So sind derzeit im Regelsatz 28,39 € im Monat für Fahrten mit dem ÖPNV vorgesehen.
Im Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) kostet das sogenannte „Sozialticket“ 38,65 €. Die betroffenen Menschen müssen also den Differenzbetrag von 10,26 € an anderen Stellen wie Ernährung oder Kleidung abzwacken. Bei anderen Gruppen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, wie z. B. Asylbewerber*innen fällt die Differenz noch drastischer aus. „Der Preis ist schon jetzt viel zu hoch und die Preiserhöhung zu Beginn des nächsten Jahres greift den Ärmsten noch mehr in die Tasche“ meint Klaus Kubernus- Perscheid vom Koordinierungskreis des Bündnisses.
Darüber hinaus kritisiert das Bündnis die Rahmenbedingungen des Sozialtickets. Das bisher angebotene Ticket kann nur innerhalb eines Landkreises genutzt werden. So bleiben Verwandte und Freunde, die außerhalb des Kreises wohnen, für arme Menschen unerreichbar.
Für das Bündnis ist die Möglichkeit, Busse und Bahnen zu nutzen, eine wichtige Voraussetzung dafür, soziale Kontakte aufrecht zu halten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Zugang zu einer umweltschonenden Mobilität für alle Menschen muss eine Selbstverständlichkeit werden.
Das „Bündnis Sozialticket NRW“ hat sich Ende Januar 2018 in Wuppertal mit dem Ziel gegründet, Kürzungen der Landeszuschüsse zu verhindern und für eine Verbesserung der Sozialticket-Angebote in NRW zu kämpfen, damit das Sozialticket auch wirklich von möglichst vielen Menschen genutzt werden kann. Das Bündnis wird von zahlreichen Menschen aus unterschiedlichen Organisationen wie Wohlfahrtsverbände, Bürgerinitiativen und politischen Parteien getragen.
DIE LINKE + kritisiert erneute Verteuerung des Sozialtickets (PM)
DIE LINKE + kritisiert erneute Verteuerung des Sozialtickets
„Wir fordern eine auskömmliche Finanzierung des ÖPNV“
Auf 39,80 Euro soll der Preis des Sozialtickets zum Jahreswechsel erneut steigen, wie der Verwaltungsrat des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) heute beschlossen hat. Auch die Preise der übrigen Tickets werden steigen.
„Corona hat die Lage finanziell schlecht gestellter Menschen verschärft, da wirkt diese Preiserhöhung instinktlos“, kritisiert Christian Gebel, Mitglied der Piratenpartei, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE + und Mitglied in den Gremien des VRR. „Diese Preissteigerung frisst die mühsam erkämpfte Erhöhung des für Mobilität vorgesehenen Anteils am ALG II fast vollständig auf.“
Die Finanzierung ruht auf zwei Säulen: einem Zuschuss des Landes und den Erlösen auf dem Verkauf der Tickets. „Wenn das Land die steigenden Kosten nicht auffängt, bleibt das an den Fahrgästen hängen“, so Gebel. „Ansonsten müssten die Städte und Kreise die Mehrkosten tragen oder Busse und Bahnen weniger häufig fahren lassen.“
Beim Schülerticket gleicht die Stadt Dortmund die Mehrkosten ausnahmsweise aus. „Aber das darf nicht Schule machen. Wenn wir die Verkehrswende wollen, müssen Bund und Land mehr tun. Deshalb fordern wir eine auskömmliche Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs.“