Landgericht Dortmund: Im Mordprozess Nicole-Denise Schalla verlangt der Angeklagte schnellen Freispruch

Mittlerweile sind 14 Verhandlungstage im Mordprozess Nicole-Denise Schalla vergangen. Mit einem Urteilsspruch ist nicht vor Mitte Juli zu rechnen. Der Angeklagte verlangt den schnellen Freispruch. Foto: Alex Völkel

Am Ende des mittlerweile 14. Verhandlungstages im Mordprozess gegen den 53-jährigen Ralf H., fordert dieser den schnellen Freispruch vom Gericht. Und das, obwohl ihn im Prozessverlauf nach erneuter Untersuchung der Spurenträger von damals ein zweiter DNA-Treffer zusätzlich belastete. Er wirft dem Vorsitzenden Richter zum wiederholten Male Prozessverschleppung vor, obwohl die Verteidigung ihrerseits beim letzten Hauptverhandlungstermin weitere Beweisanträge gestellt hatte. Die Zeugenaussage eines Kriminalbeamten des kriminaltechnischen Untersuchungsdienstes in Dortmund machte heute klar, dass die DNA-Spuren des Angeklagten auf Folienträgern von der Leiche des Mädchens nicht durch unsachgemäßen Umgang mit den Asservaten oder gar Vorsatz an die Fundorte gelangt sein können.

Auch wenn die Asservate durch viele Hände gingen, schließt Zeuge Verunreinigung oder Vorsatz aus

Ein Polizeibeamter aus Dortmund klärte das Gericht über die Arbeit der Spurensicherung auf. Foto: Alex Völkel

Als „abstruse Konstrukte“ bezeichnete der Polizeibeamte aus Dortmund die Vorstellungen der Verteidigung, DNA-Material des Angeklagten könne durch unsachgemäße Handhabung oder gar Vorsatz auf die Spurenträger gelangt sein. Wahlverteidiger Dreier machte deutlich, dass laut Aktenlage in der Tat Spuren der mit den Ermittlungen betrauten Beamten der Spurensicherung auf den Folienträgern festgestellt werden konnten.

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Für ihn sind die Asservate in den knapp 26 Jahren, die seit dem Mord vergangen sind, durch zu viele Hände gegangen, wurden an zu vielen Orten gelagert und dann für erneute Untersuchungen versendet, sodass eine Verunreinigung des Materials nicht völlig auszuschließen sei.

Der Polizeibeamte räumte ein, dass es durchaus dazu kommen kann, das DNA-Spuren der Beamten der Spurensicherung auf den Trägern festzustellen seien. Er schloss jedoch aus, dass Material des Angeklagten nachträglich auf die Träger gelangt sein könne. 

Verteidigung ist durch Zeugenaussage nicht wirklich überzeugt

Seit November muss sich Ralph H. vor Gericht verantworten. Foto: S. Fijneman
Gegen Ende der Verhandlung verlangte Ralf H. den schnellen Freispruch . Foto: S. Fijneman

Dem Angeklagten waren unmittelbar nach seiner Verhaftung Speichelproben entnommen worden. Diese seien laut des Zeugen nach Düsseldorf zur Analyse verschickt worden, um ein Identifizierungsmuster des Angeklagten zu erstellen. Weder Gericht noch Zeuge sahen einen möglichen Zusammenhang zwischen diesen Speichelproben und den Spurenträgern.

Denn zum einen sind die Wattestäbchen der Speichelprobe nach Düsseldorf und die Spurenträger zur Untersuchung nach München verschickt worden, sodass sie nicht miteinander in Berührung kommen konnten. Zum anderen ist der DNA-Treffer, der zur Verhaftung des Angeklagten führte, in erster Linie auf den Fund einer Hautschuppe zurückzuführen und hat somit ebenfalls nichts mit den Speichelproben zu tun.

Dass das DNA-Material vorsätzlich auf den Spurenträgern platziert worden sein könnte, schlossen sowohl Zeuge als auch das Gericht aus. Außerdem seien die erneuten Speichelproben zur Sicherheit erstellt worden. Es lag bereits ein Identifizierungsmuster des Angeklagten vor, das in Zusammenhang mit früheren Straftaten erstellt worden war. Für die Verteidigung blieben jedoch Restzweifel bestehen.

Keine Kranken- und Umschulungsakten des Angeklagten mehr vorhanden

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Peter Windgätter. Foto: Sascha Fijneman
Das Gericht unter Vorsitz von Richter Peter Windgätter. Foto: Sascha Fijneman

Das Gericht lehnte einen weiteren Beweismittelantrag ab, der den Mordfall Schalla in Bezug zu einem anderen Verbrechen setzt. Die Verteidigung hatte die Verlesung eines psychologischen Gutachtens beantragt, das besage, dass beide Fälle ein- und demselben Täter zuzuordnen seien. Selbst wenn dies zuträfe, sei es für die Verhandlung nicht von Bedeutung, denn es ließen sich daraus keine neuen Erkenntnisse für den Fall Schalla ableiten.

Außerdem sei das Identifizierungsmuster des Angeklagten ergebnislos mit Spurenträgern des zweiten Falles abgeglichen worden. Das Gericht wiederholte, dass bezüglich der Handballverletzungen des Angeklagten, wodurch er laut Verteidigung keinen Daumenschluss ausführen und somit das Opfer auch nicht hätte würgen können, keine Krankenakten mehr vorhanden seien.

Richter Windgätter vermittelte Wahlverteidiger Dreier an einen Spezialisten für Handchirurgie des Klinikums Dortmund, der anhand von Röntgenaufnahmen evtl. Rückschlüsse auf die Operationen Anfang der 90er Jahre ziehen könnte. Dieser Spezialist würde dann als Zeuge geladen werden bzw. sein Gutachten als Beweismittel in die Hauptverhandlung einfließen.

Es werden noch mindestens vier weitere Verhandlungstermine folgen

Der Vorsitzende Richter gab weiterhin bekannt, dass bei der Agentur für Arbeit keine Unterlagen mehr über eine etwaige Umschulung des Angeklagten zum Bäcker, die er aufgrund seiner Handprobleme hätte abbrechen müssen,  vorhanden seien. Er war verwundert, als der Angeklagte selbst sich gegen Ende des Prozesstages noch einmal zu Wort meldete.

Wiederholt beschwerte er sich über die Prozessführung und warf dem Gericht Verschleppung vor. Windgätter machte klar, dass der Prozess sich nach den Spielregeln der Strafprozessordnung richte und führte an, dass die Verteidigung selber am letzten Verhandlungstag weitere Beweismittelanträge gestellt hatte. Der Prozess wird am 18. Juni fortgesetzt. Es werden noch mindestens drei Verhandlungstage folgen.

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