Pünktlich zum sechsjährigen Bestehen des Nordstadtblogger-Projekts gibt es eine weitere große Neuigkeit: Nachdem das ehrenamtliche Medienprojekt vor zwei Jahren ein Redaktionsbüro im Kulturort Depot eröffnet hat, ist nun der Startschuss zu einem neuen transnationalen Büro gefallen: Nordstadtblogger eröffnet ein Büro im Nahen Osten. Damit ist nicht die östliche Innenstadt von Dortmund gemeint, sondern Ost-Jerusalem. Möglich macht das ein Medienprojekt der Europäischen Union und der Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ).
Lokaljournalistischer Austausch zwischen Deutschland und Nahost
Die Nordstadtblogger Alexander Völkel und Klaus Winter werden – zumindest zu Beginn – das neue Büro besetzen. Sie sind vor zehn Tagen nach Israel und Palästina aufgebrochen, um das neue Büro einzurichten und die ersten Geschichten anzugehen.
Geplant ist zudem, dass künftig journalistische Praktika und Aufenthalte nicht mehr „nur“ in Dortmund, sondern auch im Nahen Osten möglich sind. Es richtet sich an Studierende verschiedener Fachrichtungen sowie LokaljournalistInnen aus Deutschland.
Bereits vor fünf Jahren war die Idee auf einer Journalistenreise nach Palästina geboren worden, wo Alexander Völkel – Gründer und Redaktionsleiter der Nordstadtblogger – zahlreiche Kontakte zu Medien in Israel und Palästina geknüpft hat. Dazu gehören auch Kontakte zur An-Najah Nationaluniversität in Nablus, der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan und der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Auslandsgesellschaft macht kulturelle Trainings für die Programm-TeilnehmerInnen
Ziel des Medienprojektes ist es, die verhältnismäßig schwach entwickelte lokaljournalistische Infrastruktur in Israel und Palästina zu professionalisieren. Deutsche Medienschaffende können ihre Erfahrungen einbringen und bekommen ihrerseits andere Einblicke in den Nahost-Konflikt. Zahlreiche Kontakte zu deutschen JournalistInnen – die teils seit Jahrzehnten aus dem Nahen Osten berichten – ermöglichen den Zugang.
Umgekehrt sollen Hospitationen und Arbeitsaufenthalte von JournalistInnen und Studierenden aus dem Nahen Osten in Deutschland möglich werden. Die Betreuung – zumindest was die kulturellen Trainings für beide Seiten angeht – wird die Auslandsgesellschaft aus Dortmund übernehmen.
„Wir haben seit vielen Jahrzehnten Erfahrungen im Bauen von Brücken“, unterstreicht Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft. So arbeiten hier der Deutsch-israelische Länderkreis und die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft – beide unter dem Dach des traditionsreichen Dortmunder Vereins – dafür Hand in Hand.
Geschichten von Flucht und Vertreibung von beiden Seiten aus erzählen
Nordstadtblogger Alexander Völkel sieht in dem neuen Programm große Chancen, zumal von hier aus verschiedenste journalistische Geschichten zu den Themen Integration, Flucht und Vertreibung möglich sind – nicht wenige Menschen haben wegen der Kriege im Nahen und Mittleren Osten ihre Heimatländer verlassen müssen.
Einige von ihnen haben in Deutschland schon vor Jahren eine neue Heimat gefunden – manche aber auch nur auf Zeit. Sie hoffen, vielleicht wieder in ihre Heimatländer zurückkehren zu können. Andere hoffen auf eine Zukunft in Deutschland.
„Mit unserem neuen Büro in Ost-Jerusalem können wir ganz anders über die Ursachen und Folgen berichten, als wenn wir es nur von Dortmund aus tun würden“, betont Völkel. „So haben wir beide Seiten im Blick.“
Allerdings weiß der Nordstadtblogger nur zu gut, wie angespannt das Verhältnis zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn ist.
Daher fiel die Wahl für den Redaktionsstandort nicht leicht – das Reisen ist nicht einfach, wenngleich für einen Deutschen der Grenzübertritt nach Jordanien und Syrien leichter möglich ist als beispielsweise für einen israelischen Journalisten.
Heimatforscher Klaus Winter arbeitet zu den Schicksalen deutscher Juden und Jüdinnen
Doch nicht nur aktuelle Themen werden von hier aus behandelt: Heimatforscher Klaus Winter – er schreibt u.a. die „Nordstadt-Geschichte(n)“ und für die „Heimat Dortmund“ – wird sich der jüdischen Geschichte in Deutschland und in Dortmund widmen. Seit Jahren arbeitet er zu den Biografien deutschstämmiger Menschen jüdischen Glaubens.
Durch die Kontakte zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und Lohamei Haghetaot im Norden Israels möchte er seine Forschungsarbeit intensivieren und auch seine Chronik der Aplerbecker Juden zeitnah abschließen. Möglich werden soll dies durch den ersten Aufenthalt eines Nordstadtblogger im Nahen Osten.
Weitere Aufenthalte, auch zu verschiedenen anderen Themen, werden folgen. Das Programm ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Eine Verlängerung ist – bei erfolgreichem Verlauf – für weitere zwei Jahre möglich. Die Kosten für das Büro und eine redaktionseigene Wohnung in Ost-Jerusalem sowie Flüge zwischen Israel und Deutschland für Teilnehmende in dem Programm werden von der Europäischen Union finanziert. Koordiniert werden die Austausche von der Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ).
Reader Comments
John
Eine super Sache. Ich bin begeistert…wäre da nicht…ja, wäre da nicht diese Nähe zum 1 April
John
Eigentlich schade.
Die Idee war wirklich gut, die umrahmende Story, die Ihr Euch ausgedacht habt, exzellent, die Vitae der handelnden Personen passten auch.
Bliebe dann noch die spannende Frage, ob dies – wenn es doch Realität gewesen wäre- als überfälliger erster Schritt der Anerkennung Ostjerusalems als Hauptstadt des zukünftigen Palästina zu verstehen gewesen wäre.