NSU: Ein eindrucksvolles Mahnmal gegen Rechtsextremismus

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Bewegende Momente: OB Ullrich Sierau mit Gamze (2.v.li.) und Elif Kubazik (re.). Links im Bild Zülfiye Kaykin, Staatssekretärin für Integration. Foto: Alex Völkel

Es ist schlicht und würdevoll, angemessen und bewegend: Mit einem Mahnmal vor der Auslandsgesellschaft und der Steinwache erinnert die Stadt Dortmund an die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU).

Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubasik in seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße ermordet. Archivfoto: Alex Völkel
Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubasik in seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße ermordet. Archivfoto: Völkel

Mehmet Kubasik (39) wurde am 4. April 2006 in seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße erschossen. Seit dem vergangenen Jahr erinnert eine Gedenktafel vor seinem ehemaligen Laden an die rassistische Bluttat. Jetzt gibt es ein Mahnmal für alle Opfer:  „Wir gedenken heute der zehn Menschen, die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU wurden“, betont OB Ullrich Sierau. „Unter diesen Opfern war auch Mehmet Kubasik, ein Dortmunder Bürger – einer von uns.“

Erinnerung an ein unfassbares Verbrechen

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Die Tochter des Opfers, Gamze Kubasik, fordert Zivilcourage. Foto: Alex Völkel

„Es ist ein unfassbares Verbrechen, was über Jahre in Deutschland passiert ist“, betont Guntram Schneider. „Eine nationalsozialistische Mörderbande brachte Menschen um, nur weil sie überzeugt war, dass es wertes und unwertes Leben gibt“, sagt der Arbeits- und Sozialminister bei der Einweihung des NSU-Mahnmals.

Auf Initiative der Oberbürgermeister der Städte Nürnberg, München, Rostock, Kassel, Heilbronn, Dortmund und des Innensenators der Freien und Hansestadt Hamburg gedenken die betroffenen Städte gemeinsam der Opfer und rufen zum gesellschaftlichen Widerstand auf.

„Wir sind bestürzt und beschämt, dass diese terroristischen Gewalttaten über Jahre nicht als das erkannt wurden, was sie waren: Morde aus Menschenverachtung“, so Sierau weiter und zitiert den Schwur von Buchenwald: „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus!“ Dieses Versprechen sei eine der Grundfesten unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. „Und dieses Versprechen hat dieser Staat und haben die Behörden, die ihn und seine Menschen schützen sollen, in den Jahren des NSU-Terrors nicht gehalten.“

NSU-Prozess ist für die Familien Quelle des Trostes

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Das Mahnmal erinnert an alle Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Foto: Alex Völkel

Im Gegenteil: Als traurigen Höhepunkt dieses Skandals wurden die Opfer und ihre Familien verdächtigt, kriminalisiert und für mitschuldig gehalten. „Daher ist die Aufklärung der Taten von großer Bedeutung, gerade für die Familien, die verdächtigt wurden“, betont die türkische Generalkonsulin Sule Özkaya. „Für sie ist dieser Prozess eine Quelle des Trostes. Dass sich die Familien nicht von Deutschland abgewendet haben, verdient Anerkennung.“

Der Prozess könne ein erster Schritt sein, das Vertrauen in die Behörden wiederherzustellen, so die Vertreterin der Türkei. Das Mahnmal mache Mut: „Nicht nur für Dortmund oder Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit ist dieses Mahnmal ein wichtiger Ort des Mahnens und Erinnerns.“  Um so bedeutender ist auch die Arbeit der „BotschafterInnen der Erinnerung“. Die Dortmunder Schülerinnen und Schüler engagieren sich in der Erinnerungsarbeit, beschäftigen sich mit der Nazivergangenheit und engagieren sich gegen Rechtsextremismus sowie für Toleranz und Zivilcourage.

Davon zeigen sich viele Gäste, neben dem Minister sind auch seine Staatssekretärin für Integration,  Zülfiye Kaykin, die Bundesbeauftragte für die NSU-Opfer, Barbara John, und die Oberbürgermeisterin von Zwickau, Dr. Pia Findeiß, anwesend, beeindruckt.

Guter Standort für das Mahnmal

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Das Mahnmal vor der Auslandsgesellschaft ist eine Auszeichnung für Dortmund. Foto: Alex Völkel

Das Mahnmal soll dazu einen Beitrag leisten: Der Ort – neben der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache und der Auslandsgesellschaft – ist dafür sehr gut geeignet: Das ehemalige Gestapo-Gefängnis Steinwache – die „Hölle von Westfalen“ ist auf der einen, die Auslandsgesellschaft als Ausdruck der Multikulturalität und Weltoffenheit auf der anderen Seite.

„Das Mahnmal ist eine Auszeichnung für Dortmund. Die Stadt hat die Initiative übernommen“, lobt Schneider.  „Das zeigt das Bewusstsein, dass wir hier die nationalsozialistischen Umtriebe bekämpfen wollen.“ Wie nötig das ist, war zeitgleich in der südlichen Innenstadt zu erleben: Rund 100 Neonazis hatte die Partei „Die Rechte“ versammelt, um gegen die Beendigung eines Rechtsrock-Konzertes durch die Polizei zu demonstrieren.

Stadtgesellschaft setzt ein Zeichen gegen Rechtsextremismus

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„Die BotschafterInnen der Erinnerung“ gehen neue Wege in der Erinnerungsarbeit. Foto Völkel

„Mit dem Mahnmal wollen wir den Opfern gedenken, aber uns auch daran erinnern, in unserem Einsatz für ein vielfältiges, demokratisches und tolerantes Dortmund nicht nachzulassen“, so Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau weiter.

„Als Stadtgesellschaft beziehen wir eindeutig Stellung gegen Rechtsextremismus und rechtsextremistische Gewalttaten.“ Daran will auch Gamze Kubazik, die Tochter des Dortmunder NSU-Opfers, mitwirken. „Ich habe mich nie für Politik interessiert. Aber das hat sich geändert.“

Details des neuen Mahnmals vor der Auslandsgesellschaft

Auf die Fläche vor der Auslandsgesellschaft ist diagonal ein zehn Meter langer und 20 Zentimeter breiter, polierter Natursteinstrahl (Basalt) gestellt, der sich dem Geländeprofil folgend in der Höhe von 50 Zentimeter auf 25 Zentimeter verjüngt. Den Übergang zu einer zwei Meter hohen, 120 Zentimeter breiten und 20 Zentimeter starken Gedenkstele bildet ein 1,20 Meter langes, bodenbündig eingebautes Lichtband.

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Die Namen der zehn Opfer und ihre Wohnorte stehen auf der Stele. Foto: Alex Völkel

Auf der Oberseite des Basaltstreifens ist einzeilig der Text eingraviert:
„Neonazistische Verbrecher haben zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen in sieben deutschen Städten ermordet: Neun Mitbürger, die mit ihren Familien in Deutschland eine neue Heimat fanden, und eine Polizistin. Wir sind bestürzt und beschämt, dass diese terroristischen Gewalttaten über Jahre nicht als das erkannt wurden, was sie waren: Morde aus Menschenverachtung. Wir sagen: Nie wieder!“

Die Stele trägt auf der einen Seite die Namen der Opfer, ihre Wohnorte und die Daten ihrer Ermordung: „Wir trauern um Enver Simsek, 11. September 2000, Nürnberg; Abdurrahim Özüdogru, 12. Juni 2001, NürnbergSüleyman Tasköprü, 27. Juni 2001, HamburgHabil Kilic, 29. August 2001, München; Mehmet Turgut, 25. Februar 2004, Rostock; Ismail Yasar, 5. Juni 2005, NürnbergTheodoros Boulgarides, 15. Juni 2005, MünchenMehmet Kubasik, 04. April 2006, DortmundHalit Yozgat, 06. April 2006, KasselMichèle Kiesewetter, 25. April 2007, Heilbronn. Auf der anderen Seite steht die Inschrift „Gedenkstätte für die Opfer terroristischer Gewalt“.

 

Mehr zum Thema NSU-Gedenken: Nordstadtblogger vom 04.04.2013

 

 

Reader Comments

  1. nordstadtblogger

    Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus: Dortmunder Nazis als Mittäter bei NSU-Morden?

    Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus begrüßt die Einrichtung einer „Gedenkstätte für die Opfer terroristischer Gewalt“ seitens der Stadt an diesem Samstag (13. Juli 2013, 16 Uhr) vor der Auslandsgesellschaft. Ein solcher Ort könne dazu beitragen, die Morde der Nazi-Vereinigung NSU an zehn Menschen, unter ihnen unser Dort­munder Mitbürger Mehmet Kubaşik, im Gedächtnis zu behalten, erklärten die Sprecher des Arbeitskreises, Jutta Reiter (DGB) und Pfarrer Friedrich Stiller (Evangelische Kirche).

    Zu dieser notwendigen Erinnerungsarbeit müsse aber dringend auch weitere Aufklärung der Verbindung hiesiger Rechtsextremisten zu den NSU-Tätern treten, heißt es in einer Erklärung des Arbeitskreises, dem 18 Großorganisationen – darunter Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Hochschul- und Jugendgruppen – angehören. Nach neuesten Enthüllungen waren an Vorbereitung und Ausführung von Verbrechen des NSU mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Dortmunder Neonazis als Mittäter beteiligt.

    Damit bestätigen sich Befürchtungen, die der Arbeitskreis bereits im November 2011 zum Ausdruck gebracht hat, als er von Justiz, Politik, Polizei und Verfassungsschutz Auskunft über ein solches mörderisches Netzwerk gefordert hat. So soll es nach jüngsten Presseberichten bereits 1995 enge Kontakte zwischen der Dortmunder Nazi-Szene und dem NSU-Mitglied Uwe Mundlos gegeben haben. Das gehe aus Überwachungsprotokollen der Thüringer Polizei hervor. Zudem habe das Bundeskriminalamt Erkenntnisse über enge Kontakte zwischen NSU und Dortmunder Nazi-Gruppierungen im Vorfeld des Mordes an Mehmet Kubaşik am 4. April 2006. Auch die Morde an drei Polizeibeamten durch den Dortmunder Neonazi Michael Berger im Jahr 2000 werden in Verbindung zu diesen Kontakten gebracht.

    Eine weitere Spur ergibt sich aus dem Briefwechsel der NSU-Angeklagten Beate Zschäpe mit dem in Bielefeld einsitzenden Dortmunder Rechtsextremisten Robin S. Darin versteckt sind Hinweise auf die militante Gruppe „Combat 18“. Unter diesem Label tritt häufig die Dortmunder Nazi-Band „Oidoxie“ mit ihrem Frontmann Marco G. auf.

    ■ Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus fordert darum erneut Auskunft vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen und den Sicherheitsbehörden: Wie waren die Kontakte zwischen der NSU und den 2012 verbotenen Gruppen des „Nationalen Widerstandes Dortmunds“ (NWDO)?

    ■ Wir fordern zudem Auskunft darüber, ob sich die Gründer und Funktionsträger der Partei „Die Rechte“ als Nachfolger dieser verbotenen Gruppen der illegalen Zusammenarbeit mit den Rechtsterroristen der NSU schuldig gemacht haben.

    ■ Wir bitten die Dortmunder Landtagsabgeordneten, sich im Sinne dieser Forderung auch im Landtag NRW aktiv für die Aufklärung einzusetzen.

    Jutta Reiter, Friedrich Stiller

  2. Dortmunder Gedenkstätte für Opfer neofaschistischer Morde eingeweiht | Bündnis Dortmund gegen Rechts

    […] Der Nordstadtblogger […]

  3. Bertkan

    Schön das es so schnell funktioniert hat, aber ich frage mich warum der text nur auf deutsch dort steht und nicht noch auf türkisch, griechisch und englisch. Damit alle es verstehen. Zudem wäre es den Opfergruppen angebracht gewesen und mmn. ein zeichen auch andere sprachen zu verwenden. Abgesehen von dem peinlichen Fehler beim Namen…

    Hoffen wir das es niemals vergessen wird und mahnt alles dagegen zu tun derartiges gedankengut in der öffentlichkeit unkommentiert zu lassen.

    Nazilere yer yok!

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