Jetzt liegen die Kosten vor: Die Stadt Dortmund hatte durch die Evakuierung des Hannibal II in Dorstfeld, den damit verbundenen Aufwand und die Unterbringung der BewohnerInnen mehr als 1,6 Millionen Euro an Kosten. Nun ist die Rechnung an die Eigentümergesellschaft INTOWN raus. Allerdings kann die Stadt nur 781.000 Euro einfordern – doch auch hierbei rechnet Planungsdezernent Ludger Wilde mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Egal wie diese ausgeht – auf mehr als der Hälfte der Kosten bleibt die Stadt ohnehin sitzen.
Ein erste gerichtliche Entscheidung wird nicht vor Ende 2019 erwartet
Vor fast einem Jahr hatte die Stadt Dortmund den größten Dortmunder Wohnkomplex binnen weniger Stunden wegen massiver Sicherheitsbedenken räumen lassen. Mehr als 700 BewohnerInnen verloren über Nacht ihr Zuhause. Die meisten von ihnen haben mittlerweile neue Wohnungen gefunden.
Auch das Thema Brandschutz und Umbau sind mittlerweile vom Unternehmen auf den Weg gebracht, Wenn alles glatt läuft, ist der Wohnkomplex Ende 2020 wieder bezugsfähig. Doch damit ist das Thema Hannibal nicht vom Tisch. Denn ob die Räumung rechtmäßig war, darüber werden Gerichte entscheiden müssen.
Denn Ludger Wilde berichtete jetzt, dass das Unternehmen nicht dazu bewegt werden konnte, die Klage zurückzunehmen. Frühestens im kommenden Jahr wird sich das Verwaltungsgericht damit beschäftigen. Mit einer Entscheidung in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen ist nicht vor Ende 2019 zu rechnen.
Die Stadt erwartet, dass INTOWN auch die Kostenbescheide anfechten wird
Die unmittelbar entstandenen Kosten für die Räumung und für den Einsatz der Feuerwehr, für Personalkosten und Leistungen Dritter belaufen sich auf insgesamt rund 781.000 Euro, die der Eigentümerin in Rechnung gestellt werden sollen. Da INTOWN die Räumung für nicht rechtmäßig hält, geht die Stadtspitze davon aus, dass das Unternehmen auch nicht die Rechnung über 781.000 Euro begleichen, sondern anfechten wird.
Insgesamt gab es höhere Kosten: Insgesamt 1,159 Millionen Euro hat die Stadt rund um den Hannibal für die sogenannten Ersatzvornahmen ausgegeben. „Aber wir können nicht alle Leistungen in Rechnung stellen, sondern nur die, die wir aus einer gesicherten Rechtsposition einfordern können“, macht Wilde klar.
Alle nachgelagerten Kosten können nach juristischer Beratung nicht gegenüber der Eigentümerin geltend gemacht werden. Deshalb gibt es auch keine Gesamtkostenaufstellung, da diese nur mit enormen Aufwand und Bindung personeller Kapazitäten hätten erstellt werden können.
Insgesamt sind Kosten von rd. 1,621 Millionen Euro errechnet worden. Darin enthalten sind interne und externe Kosten der Stadt Dortmund für den Zeitraum bis 23.10.2018 in Höhe von rund 1,159 Millionen Euro.
Rund 422.000 Euro Kosten für Unterstützungsleistungen für ehemalige BewohnerInnen
Hinzu kommen die Kosten für Unterstützungsleistungen des Sozialamtes und des Jobcenters z.B. für Umzugskosten, Renovierung, Kautionen, Ersatzbeschaffungen von Möbeln mit einem Betrag in Höhe von rund 422.000 Euro (Stand 10.08.2018), die aufgrund der Notsituation der ehemaligen BewohnerInnen aufgewendet wurden. Weiterhin sind zusätzliche Personalkosten beim Sozialamt und Jugendamt in Höhe von rund 40.000 Euro erfasst worden.
„Die Mieterschaft liegt uns nach wie vor am Herzen. Noch 43 Haushalte sind bei uns in in unterschiedlichen Wohnformaten, davon 38 in Wohnungen aus dem Wohnraum-Vorhalteprogramm“, listet der zuständige Dezernent auf.
„Nur noch fünf befinden sich noch in einer Übergangseinrichtung. Das hat individuelle Gründe“, so Wilde. „Ich gehe davon aus, dass bis zum Jahreswechsel oder kurz danach alle 43 in privaten Wohnverhältnissen untergebracht sind.“ Denn jeden Monat gelinge es, weitere Haushalte in eigene neue Wohnungen zu überführen.
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Grünen-Fraktion
Grünen-Fraktion zum Hannibal Dorstfeld – Unterm Strich bleibt der Skandal
Für die GRÜNEN bleibt bei der Räumung des Hannibal neben den für die Stadt entstandenen Kosten unter dem Strich vor allem eins: der Skandal darüber, dass ein Immobilienspekulant seinen Besitz so vernachlässigt, dass die daraus resultierenden Folgen zu großen Teilen den Mieter*innen und den Bürger*innen der Stadt zugemutet werden.
Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der GRÜNEN:
„Es war richtig, dass die Stadt im vergangenen Jahr aufgrund der akuten Gefährdung durch mangelnden Brandschutz den Hannibal evakuiert hat. Es war richtig, den damaligen Bewohner*innen unbürokratisch die notwendigen Hilfen zukommen zu lassen. Es war richtig, dafür auch städtische Gelder einzusetzen – auch auf die Gefahr hin, dass die Stadt dabei auf Kosten sitzen bleibt. Anscheinend sind das nun 840.000 Euro. Das ist aber nur die eine bisherige Abrechnung. Die andere heißt: Es ist und bleibt ein Skandal, dass bei Unternehmen wie Intown anscheinend Rendite vor Investition geht, dass Mieten kassiert, Instandhaltungen und Brandschutzmaßnahmen aber nicht durchgeführt werden. Deshalb unterstützen wir alle Bemühungen der Verwaltung, gerichtlich möglichst viele der durch die Räumung entstandenen Kosten von Intown zurückzufordern.
Es macht wütend, dass dabei anscheinend nicht sämtliche Kosten geltend gemacht werden können. Denn auch die nach der Räumung entstandenen Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Bewohner*innen sind ja die unmittelbare Folge der Versäumnisse von Intown beim Brandschutz. Wichtig ist uns, dass die Verwaltung weiterhin mit Nachdruck daran arbeitet, dass diejenigen Bewohner*innen, die noch in Notfallwohnungen der Stadt oder in Übergangseinrichtungen leben, ebenfalls bald in eine neue eigene Wohnung ziehen können.
Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob Intown tatsächlich – so wie es wünschenswert wäre – baldmöglichst eine umfassende Sanierung des Hannibal vornimmt.“