Mit einem kultur- und finanzpolitischen Großprojekt wird sich die Kommunalpolitik in den nächsten Wochen befassen: Der Neubau der „Jungen Bühne“ steht zur Entscheidung. Insbesondere wegen der Kosten ist das Vorhaben nicht unumstritten: Voraussichtlich 71,4 Millionen Euro wird das Vorhaben kosten – deutlich teurer als 2018 vom Rat beschlossen. Dazu kämen 9,1 Millionen Euro für einen Anschluss zum Schauspielhaus. Später folgen werden noch die Pläne für den Schauspielneubau – diese werden schon jetzt auf mindestens 93 Millionen Euro beziffert.
Mitten in Dortmund soll ein „Theaterbau des 21. Jahrhunderts“ entstehen
Die Pläne für die „Junge Bühne“ sind weit vorangeschritten: Der Neubau soll sowohl architektonisch als auch künstlerisch ein Leuchtturmprojekt werden und auch die Attraktivität der Innenstadt erhöhen. „Mit der Jungen Bühne entsteht mitten in Dortmund ein Theaterbau des 21. Jahrhunderts, der beispielhaft für zukünftige Kulturbauten wirken wird“, betont Kulturdezernent Jörg Stüdemann.
Mit dem Neubau sollen das Kinder- und Jugendtheater und die Junge Oper demnächst unter einem Dach vereint werden. Die Junge Bühne komplettiert neben dem Opern- und dem Schauspielhaus den Theaterkomplex Dortmunds.
Der Wettbewerbsentwurf sieht einen gläsernen, quadratischen Kubus vor. Dieser wurde im Vergleich zum Ursprungsplan von JSWD Architekten mit Blick auf die angestrebte Klimaneutralität überarbeitet und um Photovoltaik ergänzt.
Die kleinere Studiobühne bietet Platz für ca. 140 Besuchende, die Hauptbühne bietet ca. 300 Plätze. Außerdem soll es mehrere Räume geben, die flexibel zum Beispiel für Workshops genutzt werden können und so auch in der Zukunft noch den Ansprüchen moderner Theaterarbeit genügen.
Mit dem Querbau soll auch die Schauspiel-Verwaltung endlich barrierefrei werden
Flexibles Arbeiten steht bei der „Jungen Bühne“ an erster Stelle: Die Bühnen werden nach dem neuesten Stand der audiovisuellen Technik ausgestattet und auch Videoeinsatz und Immersion, also ein Eintauchen in virtuelle Welten, möglich machen.
Die Besucher:innen sollen über eine skulpturale Freitreppe an der im Erdgeschoss gelegenen Kasse vorbei zu den Bühnen geführt werden. Optisch fügt sich der Kubus an das Schauspielgebäude. Für die Junge Bühne ist gemäß des Handlungsprogramms „Klima-Luft 2030 Dortmund“ eine Nachhaltigkeitszertifizierung geplant.
Damit dies aber alles gelingt, muss ein „Passstück“ zwischen dem Neubau und dem Verwaltungstrakt des Schauspiels errichtet werden. Dort wird vieles der Technik verbaut, die aus Kostengründen nicht unter dem Neubau oder auf dem Dach verbaut werden soll. Aber auch die Barrierefreiheit des Verwaltungsgebäudes soll damit erreicht und die Werkstätten und das Lager angebunden werden.
Stadtrat hatte 2018 einen Kostendeckel von 32 Millionen Euro beschlossen
Der Rat der Stadt hatte einen Architektenwettbewerb und den Einstieg in die Planung für den Neubau bereits im Mai 2018 beschlossen. Im Wettbewerb bekam das Büro JSWD aus Köln den Zuschlag und hat zusammen mit zahlreichen anderen Planungsbüros mit den Planungen begonnen.
„Die Schätzungen zu den Kosten stammten allerdings aus dem Jahr 2017. In den zurückliegenden sechs Jahren gab es, bedingt durch Krisen und Kriege, außergewöhnliche Kostensprünge für Baumaterialien und ohnehin eine hohe Inflationsrate. Allein wegen dieser Preisentwicklung gab es Mehrkosten von 17,3 Mio. Euro und dadurch bis Mitte 2023 eine Kostensteigerung von 54 Prozent“, verteidigt Stüdemann das neue Zahlenwerk.
„Die 2018 vom Rat beschlossenen Kostenobergrenze kann daher nicht gehalten werden. Außerdem mussten wegen geänderter Bedingungen für den Brandschutz Fluchtwege und Fahrstühle umgeplant werden“, so der Kulturdezernent.
Für den Neubau der „Jungen Bühne“ muss die Stadt Dortmund daher voraussichtlich 71,4 Millionen Euro brutto investieren. Dazu kommen 9,1 Millionen Euro brutto für den Anschluss zum Schauspielhaus, das sogenannte Passstück. Abhängig von der Inflationsrate, der Entwicklung der Baumaterialpreise und den weiteren Planungsarbeiten können sich weitere Kostensteigerungen ergeben.
Das Schauspiel muss für die Teile der Bauzeit ins Schalthaus 101 umziehen
Wie schon bei der Akademie für Theater und Digitalität soll die Dortmund Logistik- und Objektbaugesellschaft mbH (DOLOG GmbH) für die Baumaßnahme ins Boot geholt werden und das Theater Dortmund beim Bauvorhaben unterstützen. Finanziert werden soll das Projekt über das Sondervermögen Grundstücks- und Vermögensverwaltungsfonds (SV GVVF). Die Städtische Immobilienwirtschaft wird das Projekt weiterhin konzeptionell koordinieren.
Während der Bauphase wird das Schauspiel (voraussichtlich ab dem 3. Quartal 2025) in eine Ausweichspielstätte umziehen. Dafür ist das „Schalthaus 101“ an der Hochofenstraße 35 vorgesehen, das sich nach dem Scheitern der Pläne von „World of Walas“ auf Phoenix-West wieder in städtischem Besitz befindet. Die Spielstätte wird im Wechsel sowohl für das KJT als auch für das Schauspiel benötigt.
Denn während die „Junge Bühne“ neben dem Schauspielhaus nicht nur sprichwörtlich „in Stein gemeißelt“ wird, ist während der Tief- und Rohbauphase kein Proben- und Schauspielbetrieb möglich. Daher muss die Sparte für mindestens 1,5 Spielzeiten umziehen. Anders als beim Megastore, wo eine komplette Bühne gebaut wurde, will man jetzt aus Kosten- und Funktionalitätsgründen mit einer Haus-in-Haus-Lösung arbeiten.
Kulturdezernent Stüdemann: „Wir brauchen kein neues Opernhaus“
Nach Abschluss der Tief- und Rohbauarbeiten kann das Schauspiel an seine eigentliche Spielstätte zurückkehren – der Innenausbau für die Junge Bühne stört den Betrieb dort nicht. Dann kann das KJT ins Schalthaus101 ziehen, während an der alten Spielstätte eine Kernsanierung erfolgt. Stüdemann rechnet mit einem Fertigstellungszeitraum in den Jahren 2029/30 für die Junge Bühne.
Bis dann auch das Schauspielhaus fertig gebaut ist, wird noch etwas mehr Zeit ins Land gehen. Drei bis vier Jahre braucht es alleine noch, bis verlässliche Pläne dafür vorliegen. 2028 oder 2029 könnte dann der Rat den Baubeschluss fassen. Für die dann noch nötigen Planungsleistungen und die Bauausführung sieht Stüdemann dann „die frühen 30er Jahre“.
Ob dann ein Neubau der Oper anstünde, verneint Stüdemann auf Nachfrage von Nordstadtblogger. „Wir haben die ganzen Jahre ins Opernhaus investiert. Das sind in den letzten anderthalb Jahrzehnten ca. 45 Millionen Euro reingeflossen“, so der Kulturdezernent.
Natürlich müsse man die Kuppel – sie wird jährlich untersucht – aber auch die Fassade, die Terrasse und die darunter liegende Stahlgitterkonstruktion in der Zukunft ertüchtigen. „Aber im Großen und Ganzen ist das Opernhaus funktionstüchtig. Wir haben dort keinen Zustand, der mit dem Verbrauchszustand des Schauspiels vergleichbar wäre“, so Stüdemann. „Wir brauchen kein neues Opernhaus.“
OB Westphal verteidigt das Vorhaben gegen mögliche Kritik
„Das sind durchaus komplexe Baumaßnahmen“, ordnete Oberbürgermeister Thomas Westphal das Vorhaben ein. „Was wir hier machen, ist den Baubeschluss auf den Weg zu bringen. Wollen wir in Erhalt und Ausbau investieren? Das gibt es nicht für lau“, sagte er mit Blick auf Kritik am Kostenvolumen.
„Es gibt viele Überlegungen, wie man das zusammenführt. Aber das Investitionsvolumen wird über viele Jahre gestreckt“, macht er mit Blick auf die Finanzierbarkeit deutlich. „Dafür, dass wir das machen, bauen wir nicht eine Schule und nicht eine Kita weniger – und auch keine Straße oder keinen Radweg“, so Westphal.
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Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2022/23: Das Theater Dortmund blickt auf ein erfolgreiches Jahr ohne Einschränkungen zurück (PM Stadt DO)
Das erste Jahr am Theater ohne Corona-Beschränkungen war erfolgreich: Die Oper wurde vom Fachmagazin OPER! zum besten Opernhaus des Jahres 2022 gewählt. Und: Die Einnahmen aus Kartenverkäufen stiegen von 2,3 Mio. Euro auf 4,2 Mio. Euro.
Bei einer Gesamtbesuchszahl von 184.670 (Vorjahr 101.742) betrug die Auslastung 67,4 Prozent (Vorjahr 39,3 Prozent). Finanziell entwickelte sich das Wirtschaftsjahr 2022/2023 wieder in Richtung der Vor-Corona-Zeit. Die Ertragszuschüsse der Stadt Dortmund blieben mit 45,3 Mio. Euro stabil. Bei den Personalaufwendungen konnte mit 46,9 Mio. Euro eine nahezu plangetreue Steuerung erreicht werden. Die Materialaufwendungen zeigten mit einem Anstieg um 770.000 Euro auf 2,8 Mio. Euro eine dynamische Entwicklung, die auf entsprechende aktuelle Preisentwicklungen zurückzuführen ist.
Dennoch erzielte das Theater aufgrund einer erfreulichen Steigerung der Umsatzerlöse von 646.000 Euro überplanmäßige Erträge in Höhe von 4,2 Mio. Euro. Der Jahresfehlbetrag von 3,1 Mio. Euro liegt nur marginal um 57.000 Euro über dem Zielwert und wird vollständig durch die Kapitalrücklage ausgeglichen. Der Fehlbetrag ist vor allem auf strategische Investitionen im Anlagevermögen in Höhe von 3,4 Mio. Euro zurückzuführen.
Preise für die Oper
Die Oper Dortmund konnte in der Spielzeit 2022/23 zahleiche Preise erringen. Das Fachmagazin OPER! hat der Oper Dortmund den OPER! AWARD 2023 als das „beste Opernhaus des Jahres“ verliehen. In der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Opernwelt wurde die Oper Dortmund unter der Leitung von Heribert Germeshausen als zweitbestes Opernhaus im deutschsprachigen Raum gewählt. Darüber hinaus gewann die Oper Dortmund mit der Produktion „Frédégonde“ in der Kategorie „Wiederentdeckung des Jahres“. Sungho Kim, ab 2020/21 als Ensemblemitglied engagiert, gewann im Juni 2023 den Song Prize des „BBC Singers of the World Competition“, einen der weltweit wichtigsten Gesangswettbewerbe.
Ballett: Gastspiele und hohe Auslastung
Das Ballett Dortmund war auch in der Spielzeit 2022/2023 auf Gasspielreise in Israel und zeigte in der Israeli Opera Tel Aviv die Produktion „Ein Mittsommernachtstraum“ in der Choreografie von Alexander Ekman. Außerdem gab es Workshops an israelischen Schulen. Prägend für die Spielzeit waren „Romeo und Julia“ in der Choreografie von Jean-Christophe Maillot zur Musik von Sergej Prokofjew sowie das Ballett „Peer Gynt“ von Edward Clug zur Musik von Edvard Grieg. Insgesamt konnte das Ballett Dortmund mit seinem Intendanten Xin Peng Wang wieder die Auslastungszahlen von vor der Corona-Pandemie erreichen.
Philharmoniker als kulturelle Botschafter
Auch die Dortmunder Philharmoniker waren als kultureller Botschafter der Stadt international tätig. Unter Leitung von Gabriel Feltz besuchten sie mit Bruckners 7. Sinfonie Graz. Ein besonderes Augenmerk legten die Philharmoniker auf musikalische Projekte für Kinder und Jugendliche sowie auf Workshops an Dortmunder Schulen mit dem Tiny Music House. Mit zehn Philharmonischen Konzerten, Kammerkonzerten und Konzerten der Wiener Klassik waren die Dortmunder Philharmoniker im Konzerthaus Dortmund vertreten. Im Theater Dortmund waren die Höhepunkte der Saison Prokofievs „Romeo und Julia“ und Richard Wagners „Siegfried“.
Auszeichnungen fürs Schauspiel
Zwei Auszeichnungen konnte das Schauspiel in der Spielzeit verbuchen. Sibylle Bergs Stück „GRM. Brainfuck“ wurde in der Regie von Dennis Duszczak zum „Radikal Jung Festival 2023“ eingeladen. Mit „ÜBER LEBEN“ von Annalena und Konstantin Küspert ging es im April zum Heidelberger Stückemarkt 2023. Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie war der Sprechchor Dortmund wieder in einem eigenen Stück zu erleben. Regelmäßige Kooperationen mit anderen Institutionen führten zu Gastspielen, u.a. beim Djelem Djelem-Festival, FAVORITEN-Festival oder beim Bildungswerk Vielfalt/VMDO e.V. Das „Dortmund Goes Black-Festival“ startete im Februar, der Feministische Thementag folgte im März und das „Queer-Festival“ schloss die Spielzeit ab.
Erfolgreiches Weihnachtsmärchen
Das Kinder- und Jugendtheater (KJT) eröffnete die Spielzeit mit der Premiere von „WiLd!“. Regisseur Milan Gather wurde zuvor mit dem Mülheimer KinderStückePreis 2022 ausgezeichnet. Für die Produktion „Gleich anders“ kooperierte das KJT mit dem Jugendring Dortmund. Das Weihnachtsmärchen „Alice im Wunderland“ in der Regie von KJT-Intendant Andreas Gruhn erreichte fast 50 ausverkaufte Vorstellungen. Zum Abschluss der Spielzeit fand das diesjährige europefiction-Camp mit fünf freien und städtischen sowie fünf internationalen Theatern im Kinder- und Jugendtheater Dortmund statt.
Neue Räume für die Akademie für Theater und Digitalität
Die Akademie für Theater und Digitalität ist ins neue Gebäude in der Speicherstraße 17 umgezogen. Durch die Vorbereitungen musste der künstlerisch-technische Forschungsbetrieb ab Februar 2023 für fünf Monate pausieren. Trotzdem konnten sieben Fellows aus den USA, Argentinien und Deutschland ihre Forschung an der Akademie aufnehmen. Weiterbildungen fanden in Kooperation mit der Folkwang Universität der Künste und dem NRW-Landesbüro für freie Darstellende Künste sowie für Mitarbeitende des Theaters Dortmund statt. Mit der FH Dortmund konnten konkrete Schritte hin zur Akkreditierung des Studiengangs „Digitalität in den Szenischen Künsten“ aufgenommen werden. Die Akademie war auf verschiedenen Festivals und Netzwerktreffen im In- und Ausland präsent.