Der fünfte „Tag der Solidarität“ zum Gedenken an die Opfer des NSU-Terrors wird am Dienstag, 4. April 2017, ab 17.30 Uhr begangen. Die Demonstration beginnt am ehemaligen Tatort des Mordes an Mehmet Kubaşık in der Mallinckrodtstraße 190 und wird mit einer Kundgebung am NSU-Mahnmal vor der Auslandsgesellschaft enden. Außerdem gibt es drei Abendveranstaltungen.
Forderung: Augenmerk auf die Opfer legen, nicht auf die Täter
Mehmet Kubaşıks Ermordung durch die rassistische Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund liegt nun mehr als zehn Jahre zurück. Der NSU ist neben dem Mord an Kubaşık, nach bisherigem Kenntnisstand, für zehn weitere Morde, zwei Anschläge in Köln und mehrere Banküberfälle verantwortlich.
Seitdem der NSU aufflog, konzentriert sich die Medienberichterstattung auf drei der bisher bekannten TäterInnen. Zahlreiche Medienproduktionen gibt es bereits über die Tätergruppe – ein Interesse an den Opfern vermissen die OrganisatorInnen und UnterstützerInnen des 5. „Tages der Solidarität“ in Dortmund jedoch.
Das Augenmerk darf ihrer Meinung nicht nur auf der rassistischen Terrorgruppe NSU liegen, sondern auch auf deren Opfer und Angehörige. Sie wollen aber nicht nur gedenken: Wir fordern aktives, politisches Handeln.
Kritik an den Ermittlungsbehörden: Weitere Morde hätten verhindert werden können
Die Polizei ermittelte zunächst nur gegen die Familien und Angehörigen der Opfer. Obwohl für viele Hinterbliebene offensichtlich war, wer zu der eigentlichen Tätergruppe gehörte, vernachlässigte die Polizei systematisch die Suche nach rassistischen Tatmotiven und TäterInnen. Stattdessen wurde auf rassistische Art die migrantische Community als Kriminelle abgestempelt.
„Weitere Morde hätten verhindert werden können, wenn die Ermittlungsbehörden den Hinterbliebenen zugehört hätten. Wir fordern daher, dass institutioneller Rassismus, zum Beispiel in Form von Racial Profiling, bei Justiz, Polizei, und Gesellschaft als solcher benannt und konsequent bekämpft wird“, heißt es im Aufruf der Veranstaltung.
Sie fordern, dass auch die Arbeit im, um und mit dem Verfassungsschutz transparenter werden. „Es ist kein Geheimnis, dass in diesem System rechte und rassistische Strukturen wie der NSU aufgebaut, gefördert und gedeckt wurden und werden. Anstatt dieses System und seine mörderischen Konsequenzen zu hinterfragen, stehen dem Verfassungsschutz mittlerweile erweiterte Kompetenzen und finanzielle Mittel zur Verfügung“, heißt es weiter.
Entscheidende Frage für die VeranstalterInnen: „Wo bleiben die Konsequenzen?”
Mit dem „Tag der Solidarität“ möchten die VeranstalterInnen auch im fünften Jahr des NSU-Prozesses, sichtbar machen, dass es sich nicht nur um ein Trio handelt, sondern der NSU vielmehr als folgenschweres Netzwerk verstanden werden muss.
Dies führt für sie zur Frage: „Wo bleiben die Konsequenzen?”, die einen Aufruf zu einem Gerichtsprozess darstellt, der tatsächlich aufarbeitet und aufklärt. Ein Gerichtsprozess, der nicht nur die Tatbeteiligung eines kleinen Kreises verhandelt wird, sondern des gesamten Netzwerks.
„Wir unterstützen die Forderungen der Angehörigen nach umfassender Aufklärung und Gerechtigkeit.“
Das Veranstaltungsprogramm zum „5. Tag der Solidarität“:
- Der „NSU-Prozess“
Montag, 3.April, 18 Uhr
Podiumsdiskussion mit Carsten Ilius (Anwalt der Familie Kubasik ), NSU-Watch NRW und DIDF
Ort: Bezent e.V., Münsterstr. 56, 44145
—————— - „Die haben gedacht, wir waren das!“
Dienstag, 4.April, 19 Uhr
Lesung & Diskussion
Zu Gast u.a. Funda Özfirat, Kemal Bozay und Orhan Mangitay
Ort: Auslandsgesellschaft NRW, Steinstr. 48, 44147 Dortmund
—————— - „Der NSU Komplex“
Mittwoch, 5.April, 19 Uhr
Filmabend & Diskussion
Regie & Buch Dirk Laabs
Zu Gast Kutlu Yurtseven ( Keupstraße ist überall )
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstraße 50, 44147 Dortmund - Homepage: www.tagdersolidaritaet.wordpress.com
- Facebook: www.facebook.com/tagdersolidaritaet
Auf der Suche nach Gerechtigkeit – Gedenken am Jahrestag des Dortmunder NSU-Mordes an Mehmet Kubasik
Reaktionen
DKH
Film- und Diskussionsabend im DKH: „Der NSU-Komplex: Die Rekonstruktion einer beispielslosen Jagd“
„Der NSU-Komplex: Die Rekonstruktion einer beispielslosen Jagd – Mitten in Deutschland“ heißt ein Film, der am Mittwoch, 5. April, 19 Uhr im Dietrich-Keuning-Haus (Leopoldstr. 50-58) gezeigt wird. Anschließend gibt es ein Gespräch zum Thema mit Kutlu Yurtseven von der Kölner Initiative „Keupstraße ist überall“. Es moderieren Levent Arslan, stellvertretender Leiter des DKH und Ali Sirin (Planerladen). Der Eintritt ist frei.
Die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos waren dem Verfassungsschutz 16 Jahre lang bekannt. Dennoch wurden sie mutmaßlich zu Terroristen, erschossen Menschen und legten Bomben. Was trieb die beiden an? Wer unterstützte sie? Und warum hinderte sie niemand an ihren Taten? Der Film von Stefan Aust und Dirk Laabs lässt Ermittler, Szene-Mitglieder und Insider zu Wort kommen, Dokumente und interne Ermittlungsergebnisse werden erstmals präsentiert.
Widersprüchliche Ermittlungsergebnisse oder offene Fragen werden als solche benannt und thematisiert. Die Autoren recherchieren den NSU-Komplex seit mehr als vier Jahren und wurden als Gutachter in verschiedenen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen gehört.
Ein vom Planerladen e.V. initiiertes Dialogforum in Kooperation mit dem Dietrich-Keuning-Haus und dem Bündnis Tag der Solidarität.
Das DKH freut sich über Anmeldungen unter dkh@dortmund.de.