2022 war ein Jahr mit vielen Krisen – dennoch zeigte sich der Dortmunder Arbeitsmarkt vergleichsweise robust. Die Unternehmen entließen trotz zahlreicher Probleme verhältnismäßig wenig Mitarbeiter:innen – wohl wissend, dass sie nach Ende der Krise nur mit Problemen neue Fachkräfte bekommen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit resultiert vor allem aus dem Krieg in der Ukraine und dem damit verbundenen Zuzug.
Die Zahl der sozialversicherten Beschäftigten stieg auf ein Rekordniveau
„Das Jahr 2022 war gefühlt ein Jahr mit fortlaufend schlechten Nachrichten. Die nicht enden wollende Pandemie, die Materialengpässe und unterbrochene Lieferketten, die hohe Inflation, die explodierenden Energiepreise und nicht zuletzt die täglichen, besorgniserregenden Nachrichten des Ukraine-Kriegs – all das hat uns große Sorgen bereitet“, berichtet Heike Bettermann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund.
„Waren Wirtschaft und Arbeitsmarkt nach der Coronakrise gerade wieder auf Erholungskurs, da trafen uns neuartige Herausforderungen. Doch beim genauen Hinschauen auf dieses krisengebeutelte Jahr 2022 sieht man auch viel Gutes. Der Arbeitsmarkt in Dortmund blieb auf einem sehr guten Niveau weiterhin stabil. Die Arbeitslosigkeit konnte weiter abgebaut werden und die Quote ist gesunken im Vergleich zum Vorjahr“, so Bettermann.
Die Zahl der sozialversicherten Beschäftigten stieg zum Vorjahr um 2,8 Prozent auf 257.885 Arbeitnehmer:innen (Stand Juni 2022) – und damit auf ein Rekordniveau. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit lag mit 34.843 arbeitslos gemeldeten Menschen um knapp 5 Prozent (minus 1.718 Personen) unter der des Vorjahres.
Allen Krisen zum Trotz blieb ein Großteil der Betriebe besonnen
Der durch den von Russland angezettelten Krieg in der Ukraine ausgelöste Fluchtbewegung hinterließ in der zweiten Jahreshälfte ihre Spuren. Die Betreuung der ukrainischen Geflüchteten wurde von der Kommune auf das Jobcenter übertragen. In der Folge stieg die Arbeitslosigkeit in Dortmund wieder an. Im Jobcenter werden sie nun beruflich beraten, qualifiziert und auf ihrem Weg in eine mögliche Beschäftigung begleitet.
„Allen Krisen zum Trotz blieb ein Großteil der Betriebe über das Jahr gesehen sehr besonnen und investierte, wenn auch zögerlich, weiter in die Zeit nach der Pandemie und Krieg. Personal wurde gehalten, die Fachkräfte so gesichert. Die Beschäftigung ist – wie auch in den Jahren zuvor – gegenüber dem Vorjahr erneut angestiegen“, berichtet die Chefin der Arbeitsagentur.
Ob sich dieser Trend allerdings im kommenden Jahr fortsetzen wird, sei fraglich. Der Fachkräftemangel drohe, das wirtschaftliche Wachstum auszubremsen: „In vielen Branchen fehlen schon heute die passenden Fachkräfte; die Stellenbesetzungsverfahren werden immer schwieriger. Viele Stellen bleiben über Monate hinweg unbesetzt. Hier braucht es dringend Lösungen“, so Bettermann.
Der Dortmunder Arbeitsmarkt im Jahr 2022 in Zahlen
Der Dortmunder Arbeitsmarkt ist 2022 trotz schwieriger konjunktureller Einflussfaktoren weitestgehend sehr stabil geblieben. Im Jahresverlauf machte sich aber die konjunkturelle Abschwächung und vor allen Dingen der Zustrom geflüchteter Frauen und Männer aus der Ukraine bemerkbar.
Im Oktober waren zum ersten Mal mehr Menschen arbeitslos gemeldet als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosigkeit lag um knapp 1.000 Menschen oder 2,8 Prozent höher als im Oktober 2021. Darunter sind rund 2.000 arbeitslose ukrainische Geflüchtete, die nach dem 24. Februar vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Land nach Deutschland geflüchtet waren.
Hier liegt auch die Erklärung, dass sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit deutlich stärker mit minus 1.350 Personen oder 6,6 Prozent bei den Männern als mit minus 367 oder 2,3 Prozent bei den Frauen entwickelt hat.
Fachkräfte werden in Dortmund dringend gesucht
Der Bestand an offenen Stellen ist im Jahr 2022 deutlich spürbar gestiegen. Im Schnitt lag er bei 5.114 offenen Stellen. Das sind gut ein Drittel mehr als im Jahr zuvor. 2021 lag die durchschnittliche Zahl der als offen gemeldeten Arbeitsstellen bei 3.825 Stellen.
Dies ist ein Indiz dafür, dass sich Stellenbesetzungsverfahren verlängern und erschweren. Für viele Stellen fehlen die passenden Bewerber:innen. Neue Stellen werden gemeldet, aber ältere können nicht abgemeldet werden, da sie noch nicht mit adäquatem Personal besetzt werden konnten.
Die Einstellungsbereitschaft bei den Unternahmen im Jahr 2022 war insgesamt sehr verhalten, allein die Tatsache, dass sie gleichzeitig auf Entlassungen weitestgehend verzichtet haben, hat dem Arbeitsmarkt insgesamt das ganze Jahr über Stabilität verliehen.
Im gesamten Jahr 2022 wurden in der Summe 9.857 neue Arbeitsstellen der Agentur für Arbeit gemeldet. Dies entspricht gegenüber der Jahressumme 2021 einem Rückgang von rund 1.000 Stellen oder -9.4 Prozent.
Die Entwicklungen sind hierbei sehr branchenabhängig. Besonders stark wuchs die Nachfrage nach Arbeitskräften 2022 in Dortmund in den Berufsgruppen Lagerwirtschaft, Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege sowie im Verkauf. Die stärksten Rückgänge beim Stellenbestand liegen im Bereich Fahrzeugführung im Straßenverkehr, Reinigung und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
Rückgang bei der Jugend- und der Langzeitarbeitslosigkeit
Der gleitende Jahresdurchschnitt der Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen lag 2022 bei 2.969 Personen. Gegenüber dem Vorjahr sank die Jugendarbeitslosigkeit damit um 4,0 Prozentpunkte. 124 weniger junge Menschen meldeten sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen lag im vergangenen Jahr bei 8,9 Prozent (Vorjahr 2021: 9,3 Prozent).
Mit Beginn der Pandemie 2020 stieg die Langzeitarbeitslosigkeit in Dortmund in den beiden Folgejahren deutlich an. Ursächlich dafür waren zum einen ein stärkerer Zugang aus der Erwerbstätigkeit, aber vor allem die fehlenden Möglichkeiten, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Arbeitslosigkeit dauerte bei vielen Menschen länger an, als sie ohne Pandemie gedauert hätte.
2022 wurde dieser Trend gestoppt, und es erfolgte ein hoher Abbau der langzeitarbeitslosen Menschen. Die durchschnittliche Zahl im zurückliegenden Jahr lag bei 16.370 Personen. Gegenüber dem Jahr 2021 sind das 1.607 oder 8,9 Prozent weniger.
Die Langzeitarbeitslosigkeit wirkt sich insbesondere im Rechtskreis SGB II des Jobcenters aus, was vor allen Dingen mit der Regeldauer des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Arbeitslosenversicherung von einem Jahr zusammenhängt. Rund neun von zehn Langzeitarbeitslosen erhalten Leistungen der Grundsicherung. Rund 55,1 Prozent aller Arbeitslosen in diesem Rechtskreis sind langzeitarbeitslos. Im Rechtskreis SGB III der Agentur für Arbeit sind es 16,8 Prozent.
Berufliche Förderung und Qualifizierung weiter Schlüsselfaktor
Egal ob vor, in oder nach der Krise, berufliche Weiterbildung nimmt im Rahmen der Fachkräftesicherung auch im kommenden Jahr eine zentrale Rolle ein. Durch den Wandel der Arbeitswelt steigen die Anforderungen an Arbeitnehmer:innen weiter spürbar.
Helfer:innen können durch einen Berufsabschluss ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich erhöhen; den Arbeitgebern stehen dadurch mehr ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Aber auch Weiterbildungen, die die Kenntnisse von Arbeitslosen und Beschäftigten erweitern, ohne auf einen Berufsabschluss abzuzielen, sind wichtige Stützen des Arbeitsmarktes.
Im Jahr 2022 wurden in Dortmund 2.538 Eintritte in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitslosen gefördert. Dies waren 94 Eintritte oder 3,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 203 Beschäftigte haben Förderungen auf Grundlage des Qualifizierungschancengesetz von der Agentur für Arbeit Dortmund erhalten, ein Anstieg um 2,0 Prozent zum Vorjahr. Schwerpunkte bei der Beschäftigtenförderung lagen dabei in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie im Bereich Fahrzeugführung im Straßenverkehr.
Bei der beruflichen Weiterbildung von Arbeitslosen lagen die Schwerpunkte in den Bereichen Metallbau und Schweißtechnik, Fahrzeugführung im Straßenverkehr, Objektschutz, Personenschutz, Brandschutz, Arbeitssicherheit, Büro und Sekretariat, Erziehung, Sozialarbeit sowie in der Heilerziehungspflege.