Das Urteil ist ein Paukenschlag: Der frühere Feuerwehrchef Klaus Schäfer ist wegen mehrerer Facebook-Beiträge wegen Volksverhetzung, der Billigung von Straftaten, der mehrfachen Verharmlosung des Holocaustes und der Leugnung des Holocaustes vom Amtsgericht Dortmund zu einer Gesamtgeldstrafe von 14.700 Euro verurteilt worden. Damit gilt Schäfer, sollte das Urteil rechtskräftig werden, als vorbestraft. Eine 14-monatige Haftstrafe und eine Geldstrafe von 5000 Euro, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, wollte das Schöffengericht nicht verhängen, zumal der 65-Jährige bisher nicht vorbestraft war. Denn eine Haftstrafe, die länger als ein Jahr beträgt, hätte für den früheren Feuerwehrchef den Wegfall seiner Pensionsbezüge bedeutet.
Insgesamt sechs Facebook-Beiträge waren Teil der Anklageschrift
Das Gericht hat es sich nicht leicht gemacht und brauchte drei intensive Verhandlungstage bis zu einem Urteil. Insgesamt 210 Tagessätze zu 70 Euro befand das Schöffengericht für tat- und schuldangemessen. Insgesamt sechs Facebook-Beiträge waren Teil der Anklageschrift. ___STEADY_PAYWALL___
In einem Fall habe er sich der Volksverhetzung für Schuldig gemacht (150 Tagessätze), in einem Fall Straftaten billigend in Kauf genommen (90 Tagessätze), in drei Fällen in Beiträgen den Holocaust verharmlost (zwei Mal 60 und ein Mal 90 Tagessätze), sowie in einem Fall den Holocaust geleugnet (100 Tagessätze).
Allerdings wird vor Gericht nicht einfach addiert, sodass Schäfer statt der insgesamt 550 Tagessätze „nur“ zu 210 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt wurde – insgesamt also einer Geldstrafe von 14.700 Euro.
Klare Botschaft des Schöffengerichts:
„Weil sie es überzogen haben, sind sie hier.“
Und das Gericht machte sehr eindringlich deutlich, dass sich Schäfer dieses Verfahren und diese Strafe hätte sparen können. „Aus meiner Sicht eine unnötige Geschichte, aber es musste wohl etwas aus ihnen heraus, was sie sagen mussten“, fasste der Richter zusammen. Er machte sich Gedanken, warum Schäfer wohl diesen Weg eingeschlagen habe.
„Sie sind im einem fortgeschrittenen Alter. Irgendwann sind sie schief abgebogen, wo aus dem Feuerwehrmann ein Kommentator geworden ist, der versucht, mit pointierten Äußerungen Stimmung zu machen“, so der Richter in der Urteilsbegründung. „Das ist nicht ihre Aufgabe, steht ihnen aber zu. Aber das ist nicht das, was man vom einem ehemaligen Amtschef erwartet.“
Vor allem die Art der Postings stieß sauer auf: Hätte er als pensionierter Beamter seine Meinung in angemessener Form und angemessen Worten geschrieben, wäre ihm das erspart geblieben. „Weil sie es überzogen haben, waren sie hier.“
Gericht verzichtete auf Haftstrafe – sie hätte die Pension des Ex-Feuerwehrchefs gefährdet
Dennoch wollte man bei der Strafzumessung dem verdienten Feuerwehrmann nicht die Pension gefährden. „Ein Jahr und zwei Monate ist eine hohe Strafe und führt bei Beamten zu anderen Konsequenzen. Da sind wir der Meinung, dass das zu hoch gegriffen ist.“ Denn auch die öffentliche und mediale Aufmerksamkeit sei nicht der Person, sondern seiner früheren Funktion geschuldet.
Allerdings habe Schäfer diese Äußerungen ja nicht vom Podium auf großen öffentlichen Versammlungen, sondern bei Facebook getätigt. Zudem hätten nur wenige seine Beiträge geteilt. Ein Fakt, der so nicht stimmt: Denn das ehemalige SPD-Mitglied Schäfer war in den vergangenen Jahren mehrfach gern gesehener Gast und Redner auf Neonazi-Veranstaltungen.
Er hatte auch auf Versammlungen und Demonstrationen, in ähnlicher Weise wie bei den Postings, zu Themen wie Flüchtlinge, Zuwanderung und deutscher Geschichte gesprochen. Seine Äußerungen wurden auch in Neonazi-Publikationen, on- und offline, dankbar aufgegriffen.
Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, gilt aber nicht schrankenlos
Das Gericht hatte zudem sehr deutlich gemacht, dass dieses Verfahren für ein Gericht sehr undankbar sei, weil viele Sachen hineinspielten. Das Umfeld ist die Meinungsfreiheit und die ist ein hohes Gut. Daher werde schnell der Vorwurf gemacht, Meinungs- und Gedankenpolizei zu sein und missliebige Gedanken unterdrückt würden.
„Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber sie gilt nicht schrankenlos. Es gibt den §130. Wenn die Politik sagt, dass eine bestimmte Meinung nicht diskutiert wird, muss man das akzeptieren und bei seinen Äußerungen einbeziehen“, schrieb das Gericht Schäfer ins Stammbuch.
Schäfer habe zwar subjektiv eine Meinung geäußert – „sehr pointiert und aggressiv. Agressiv ist das falsche Wort. In einer Art, die nicht zur Deeskalation geeignet ist“, betonte das Gericht. „Sie haben Worte gewählt, wo sich andere dran stoßen.“ Das Schöffengericht erkannte in den Äußerungen verharmlosende und leugnende Elemente. Ebenso die Billigung von Straftaten und volksverhetzende Elemente.
„Wenn sie es anders gemeint haben, mag das sein. Es entlastet sie nicht, dass sie es nicht strafbar finden. Das sie eine andere Grenzen gezogen haben als wir, spielt keine Rolle. Das ist das Risiko, dass es jemand anders versteht.“ Denn Schäfer habe mehrfach die Grenze von der Meinungsäußerung zur Straftat überschritten. „Das verpacken sie in vielen Zahlen – das ist nicht strafbar. Aber in Beurteilung über das Ziel hinausgeschossen. Das müssen sie sich zurechnen lassen.“ Vor allem der Beitrag zum Thema Flüchtlinge sei „in einem Ton geschrieben, der zum Hass aufstachelt und damit Volksverhetzung erfüllt“.
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