Zwischen den Wahrnehmungsebenen: Klangkunst-Ausstellung „Blind Spot“ lässt im Künstlerhaus die Sinne verschmelzen

Brain Decomposition - sound installation 1 von Christoph Illing
Brain Decomposition – sound installation 1 von Christoph Illing – zu sehen im Künstlerhaus in der Nordstadt.

Von Leonie Krzistetzko

An der Decke des weiß-gestrichenen Raums hängen unzählige Fäden, Drähte und Kabel. Spinnennetzartig hängen sie zusammen, an ihnen befinden sich schwarze, runde Lautsprecher, die an Elektroden erinnern. Ein Rauschen erfüllt den Raum, mal wird es laut, dann wirkt es wieder leise und subtil. Die Klang-Installation „Brain Decomposition – sound installation 1“ von Christoph Illing zeigt Aufnahmen von Gehirnströmen, die bei einem sprachwissenschaftlichen Experiment aufgenommen wurden. Illing ist nur einer von sechs KünstlerInnen, die ihre Installationen in der Ausstellung „Blind Spot“ präsentieren.

Klangkunst-Ausstellung „Blind Spot“ eröffnet Freitag im Künstlerhaus Dortmund

Die Klangkünstlerin Denise Ritter kuratiert die Ausstellung. Foto: Leonie Krzistetzko
Die Klangkünstlerin Denise Ritter kuratiert die Ausstellung. Foto: Leonie Krzistetzko

Die Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund eröffnet am Freitag, 1. September 2017, um 20 Uhr. Zu sehen sind die Exponate von sechs KünstlerInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Der Begriff „Blind Spot“ ist metaphorisch gemeint. Die Ausstellung thematisiert die Wahrnehmungsergänzung, denn nicht alles in unserer Welt ist visuell wahrnehmbar. Stattdessen lassen die KünstlerInnen die Komponenten „Klang“ und „Raum“ verschmelzen, sodass Möglichkeiten der synästhetischen Wahrnehmung eröffnet werden.

Die Exponate haben hierbei einen interaktiven Charakter. Sie eröffnen Klangräume, in denen es den Betrachtern möglich ist sich so zu bewegen wie es ihnen beliebt, den Klängen zu lauschen, sich treiben zu lassen. Es geht darum sich selbst und den Raum wahrzunehmen, erklärt Denise Ritter.

Die Klangkünstlerin kuratiert die Ausstellung und ist Mitglied im Künstlerhaus. Für sie ist es die erste Ausstellung, die sie als Kuratorin begleitet.

Das Spiel mit dem Raum – Dortmunder Künstler Achim Zepezauer stellt aus

„Cardtalk Cutting Lathe“ zeigt eine Maschine, die Sprache auf CDs bringt, indem sie sie mit vinylartigen Rillen versieht.
„Cardtalk Cutting Lathe“-  eine Maschine, die Sprache auf CDs bringt, indem sie sie mit vinylartigen Rillen versieht.

Ausgesucht hat Ritter die KünstlerInnen nach ihren Werken, wobei sie ihnen die Option offen gelassen hat auch eine neue Arbeit zu präsentieren. Allen Arbeiten ist gemein, dass sie mit dem Medium „Raum“ arbeiten. „Die Arbeiten schaffen, dass das Akustische ergänzt, was der Betrachter nicht sieht“, erklärt Ritter.

Auch ein Dortmunder Künstler ist vertreten: Achim Zepezauer. Seine Arbeit „Cardtalk Cutting Lathe“ fällt aus der Reihe, weil sie nicht durch ihr bloßes Dasein einen Raum eröffnet. Vielmehr kreiert sie einen „imaginären Raum“, wie ihn Denise Ritter bezeichnet.

„Cardtalk Cutting Lathe“ zeigt eine Maschine, die Sprache auf CDs bringt, indem sie sie mit vinylartigen Rillen versieht. Abgespielt werden die CDs von einem Phonographen. An dieser Stelle eröffnet der Künstler einen historischen Raum, da solche Phonographen in den 1960ern von Missionaren eingesetzt wurden. Die CDs hat Zepezauer selbst eingesprochen. Von ihnen wurden 200 Stück produziert. Für 20 Euro sind sie käuflich zu erwerben.

Martina Lussi lässt Besucher zu Performern werden

Auf dem Boden im Eingangsbereich leuchtet ein Kreis mit 2,5 Metern Durchmesser. Daneben steht Martina Lussi. Sie verbindet ihre Klang-Komposition mit Lichtkunst. Der Betrachter ist dazu eingeladen sich einen IPod aufzusetzen und gegen den Uhrzeigersinn den Kreis entlang zu laufen. So hört der Besucher nicht bloß zu sondern performt.

Sie selbst hat mit der E-Gitarre ein zwölfminütiges Klangstück komponiert. „Die Zeit hat auch einen Sinn, denn so lange braucht man, um in einen Zustand von Trance zu gelangen“, erklärt Lussi. Dass das Laufen in ihrer Installation Parallelen zu Bewegungsmeditation aufweist, ist der Künstlerin erst im Nachhinein aufgefallen.

Entstanden ist die Idee zur Bewegung intuitiv. „Ich arbeite in meiner Kunst oft bewusst mit Intuition“, erzählt die Künstlerin.

„Tempest Tunes“: Das Geräusch eines Wirbelsturms in Glasrohren

Den großen Ausstellungsraum des Künstlerhauses füllt die Installation „Tempest Tunes“ von Evgenija Wassilew.
Den großen Ausstellungsraum des Künstlerhauses füllt die Installation „Tempest Tunes“ von Evgenija Wassilew.

Den großen Ausstellungsraum des Künstlerhauses füllt die Installation „Tempest Tunes“ von Evgenija Wassilew. Sie hat verschiedene Glasrohre mit Fäden an der Decke des Raumes angebracht. Die Kompositionen wirken fragil, die Klänge abstrakt.

Ihre Installation versucht das Geräusch eines Wirbelsturms in den Glasrohren einzufangen. Dafür hat sie kleine Mikros in den Rohren befestigt und sich zusammen mit ihnen bei einer schnellen Autofahrt aus dem Fenster gelehnt. Die aufgenommenen Geräusche werden durch kleine Lautsprecher in den Rohren wiedergeben und lassen die Gewalt des Windes erahnen.

Im Nebenraum liegen silberne, aus Lüftungsschächten geformte Objekte. Manche von ihnen schlängeln sich S-förmig über den Boden, andere stehen aufrecht. Sie gehören zur Sound-Installation „3‘2,2m3“ von Miriam Hamann.

Anja Erdmann lässt Schattenspiele mit mechanischen Klängen korrespondieren

Anja Erdmann arbeitet im Keller des Künstlerhauses noch an ihrer Installation.
Anja Erdmann arbeitet im Keller des Künstlerhauses noch an ihrer Installation.

Während einige Installationen schon fertig sind, arbeitet Anja Erdmann im Keller des Künstlerhauses noch an ihrer Installation. Die Weimarer Künstlerin hat eine Klanginstallation entwickelt, die mit Licht und Schatten spielt.

Mehrere Motoren sind nebeneinander an Stäben befestigt und geben metallische Klänge von sich. Angestrahlt werden sie von LEDs, sodass ein wirres Schattenspiel an der Wand des Kellers entsteht. Auf diese Weise verbindet Erdmann visuelles mit Akustik. Ihre Klänge sind „konkret“, werden also nicht synthetisch verändert.

Den Sound steuert die Künstlerin über ihren Laptop, verbreitet wird er über sechs Lautsprecher die sich über den Keller verteilt befinden. Am Samstag wird die Künstlerin zusammen mit Marcus Beuter im Rahmen des Hafenspaziergangs eine Performance aufführen.

Vernissage am Freitagabend: Der Eintritt ist frei

Die Vernissage zu „Blind Spot“ findet am Freitag, 1. September, um 20 Uhr im Künstlerhaus Dortmund am Sunderweg in der Nordstadt statt. Es wird eine Einführung von Denise Ritter und Dr. Peter Schmieder, Geschäftsführer des Künstlerhauses, geben. Neben der Kuratorin werden auch die KünstlerInnen anwesend sein. Der Eintritt ist, wie auch an allen anderen Tagen der Ausstellung, frei.

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