Zuwanderung aus Bulgarien: Dortmunder Delegation reist nach Plovdiv – Start einer transnationalen Kooperation

Roma in der Dortmunder Nordstadt, Mallinckrodtstraße
Das Café Plovdiv  gibt es zwar nicht mehr – es war aber das augenfälligste Zeichen der Zuwanderung.

Der fachliche Austausch zwischen Dortmund und Plovdiv geht in die nächste, konkrete Phase: In der kommenden Woche reist eine Dortmunder Delegation in die bulgarische Stadt. Vier Tage lang wollen sich Vertreterinnen der Stadtspitze und Akteure der freien Träger mit den bulgarischen Partnern austauschen und Vereinbarungen treffen.

Ziel: Aufbau tragfähiger Strukturen mit den Herkunftsstädten der EU-Zuwanderer

Willkommen in Dortmund? Roma aus Frankreich kommen in der Mallinckrodtstraße an. Foto: Alex Völkel
Willkommen in Dortmund? Neuzuwanderer kommen mit einem Transporter in der Nordstadt an.

Bereits im Februar 2015 war eine Delegation aus Plovdiv zu Gast bei Sozialdezernentin Birgit Zoerner in Dortmund.

Ziel war es, Näheres über die Herausforderungen zu erfahren, die mit der Zuwanderung aus Bulgarien einhergehen. Daraus hat sich ein fachlicher Austausch entwickelt, der nun in eine transnationale Kooperation münden soll.

„Seit mehreren Jahren bemühen wir uns um den Aufbau tragfähiger Strukturen mit den Herkunftsstädten der EU-Zuwanderer. Nachdem mehrere Anläufe gescheitert sind, freue ich mich umso mehr, dass wir nun ins konkrete Tun kommen“, betont Sozialdezernentin Birgit Zoerner.

Auf bulgarischer Seite sind bei dem Arbeitstreffen die Stadt Plovdiv und die Nationale Allianz für die Arbeit mit Freiwilligen (NAVA) beteiligt. Aus Dortmund werden Sozialdezernentin Birgit Zoerner und Jugenddezernentin Daniela Schneckenburger mit Fachleuten aus den Bereichen Soziales, Jugend, Bildung und Gesundheit dabei sein.

Trägernetzwerk der Anlaufstelle „Willkommen Europa“ und das Soziale Zentrum sind dabei

Die Beratungsstelle "Willkommen Europa" in der Bornstraße 64 ist nun offiziell geöffnet.
Die Beratungsstelle „Willkommen Europa“ in der Bornstraße 64. Fotos: Alex Völkel

Die freien Träger sind vertreten durch das Trägernetzwerk der Anlaufstelle „Willkommen Europa“ (Caritas, Diakonisches Werk, dobeq, Grünbau) und durch das Soziale Zentrum Dortmund, das ein wichtiger Kooperationspartner in der begleitenden Familienarbeit und beim Thema Gesundheit ist.

Beteiligt ist auch der Verein zur Förderung bulgarischer Kinderheime. In den Gesprächen soll es u.a. um soziale Fragen und Fragen der Krankenversicherung gehen, aber auch die Einrichtung von Sozialbetrieben und das Know-how bei der Beantragung und Abwicklung europäischer Fördermittel.

Außerdem wollen die Partner die Möglichkeiten für ein gemeinsames Projekt prüfen. Die Beratung und Begleitung in Plovdiv steht dabei im Vordergrund.

Ziel ist es, Ausreisewillige über die tatsächlichen Lebensumstände und rechtliche Rahmenbedingungen in Dortmund aufzuklären und parallel Perspektiven im eigenen Land aufzuzeigen. Außerdem soll Rückkehrern bei ihrem Neustart in Plovdiv geholfen werden.

Ein großer Teil der bulgarischen ZuwandererInnen stammt weiterhin aus Plovdiv

Roma in der Mallinckrodtstraße Dortmund
Roma in der Mallinckrodtstraße: Sichtbarstes Zeichen der Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien.

„Ich habe die Partner aus Plovdiv als sehr offen und kooperativ erlebt. Sowohl der Sozialdezernentin Veselina Boteva als auch den Vertreterinnen der NAVA liegt viel an einer Zusammenarbeit mit uns.

Selbstverständlich erhoffen sie sich Unterstützung durch unser Know-how. Sie sind aber auch sehr daran interessiert, den Zuwanderungsdruck von Dortmund zu nehmen“, so Birgit Zoerner.

Nach wie vor stammt ein großer Teil der bulgarischen ZuwandererInnen aus Plovdiv. Vom Arbeitsbesuch dort erhofft sich Zoerner ein umfassenderes Bild über die Lebensbedingungen der Menschen mit dem Ziel, ein effektives Maßnahmenbündel für dort lebende benachteiligte Menschen zu schnüren, um ihnen Perspektiven für einen Verbleib in Bulgarien zu schaffen.

„Wir können die problematischen Lebensbedingungen in den Herkunftsländern nicht in Dortmund lösen. Es muss passgenaue und nachhaltig wirksame Angebote auch in Plovdiv und anderen Herkunftsstädten geben. Bei dem Engagement, das unsere Partner aus Plovdiv mitbringen, bin ich davon überzeugt, dass das gelingen kann. Dabei wollen wir sie gerne unterstützen.“

Aufbau eines Beratungs- und Konsultationszentrums für Ausreisewillige und Rückkehrer

Am Ende des Arbeitstreffens könnte ein Entwurf für ein konkretes transnationales Projekt stehen, das aus EU-Mitteln beantragt werden kann. Mögliche Bausteine: die Konzeptionierung und der Aufbau eines Beratungs- und Konsultationszentrums in Plovdiv für Ausreisewillige und Rückkehrer und der verstärkte Aufbau von Sozialbetrieben durch die Stadt Plovdiv und eine NGO.

Werbung für das Projekt Willkommen Europa vor dem Schalter der Bürgerdienste des Team EU im Stadthaus bei den Bürgerdiensten 


Analog zum Dortmunder Trägernetzwerk ist auch ein Netzwerk mit staatlichen und NGO-Akteuren in Plovdiv denkbar. Außerdem soll eine Austauschplattform für Fachleute aus Dortmund und Plovdiv geschaffen werden, u.a. mit den Schwerpunkten Kinder/Jugendliche, Bildung und Gesundheit.

„Die Entwicklungen in Dortmund zeigen, dass eine gute konzeptionelle Arbeit vielleicht nicht immer schnelle, sehr wohl aber wirksame und nachhaltige Lösungen ermöglicht. Mit unserem gesamtstrategischen Vorgehen haben wir Dinge bewegt, die so vor zwei Jahren noch nicht denkbar waren“, so Zoerner.

Erste Erfolge sind bereits sichtbar: Die Zahl der in Dortmund registrierten Bürger aus Rumänien und Bulgarien geht seit sechs Monaten kontinuierlich zurück, während sie in vielen umliegenden Städten weiter steigen (z.B. in Duisburg, Köln, Essen, Hagen).

Hilfsprogramme für ZuwandererInnen lösen keine „Magnetwirkung“ aus

Das belegt: Das Maßnahmenpaket für Menschen, die auf Dauer in Dortmund bleiben wollen, löst keine „Magnetwirkung“ aus, sondern trägt zu einer Stabilisierung der Situation bei. „Wenn wir in der transnationalen Kooperation mit Plovdiv vorankommen, dann ist das ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, so Zoerner.

Finanziert wird der Austausch aus Mitteln des Bundesprogramms ERASMUS, die von der Interessengemeinschaft Dortmunder Beschäftigungsinitiativen beantragt wurden.

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Reaktionen

  1. Thomas

    Leider fallen immer die gleichen ethnischen Minderheit aus Bulgarien in Deutschland/aussehalb Bulgariens auf und wird mit dem Großteil der bulgarischen Bevölkerung gleichgsetzt.

  2. Diana

    Wenn Restaurant oder Bistro Namen „augenfällige Zeichen für Zuwanderung“ sind ( s.o.), dann sollte man die Eisdiele „Venezia“, Restaurant „Zagreb“, „Wienerwald“, Restaurant „Milano“ , Chicago Meatpackers, Louisianna, Acapulco, Bombay, etc. auch nennen. :-)))

    • Nordstadtblogger-Redaktion

      Der Unterschied ist, dass nicht tausende Menschen aus diesen Städten in Dortmund wohnen – drei Viertel der Bulgaren in Dortmund kommt aus Plovdiv. Die Zahl der Venezianer ist da eher übersichtlich – und die Stadt auch eher ein Besuchermagnet 😉

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