Zuversicht in Dortmund: Mehr EinwohnerInnen, mehr Steuereinnahmen und mehr Jobs – weniger Arbeitslose

Dortmund wächst und prosperiert - so sieht es zumindest die Stadtspitze.
Dortmund wächst und prosperiert – so sieht es zumindest die Stadtspitze. Archivbilder: Alex Völkel

Strahlende Gesichter im Verwaltungsvorstand: Dortmund kann mit vielen Zahlen auftrumpfen und steht – vor allem im Vergleich zu vielen Ruhrgebiets-Nachbarn – gut da: Höchststände bei EinwohnerInnen, sozialversicherungspflichtigen Jobs und Steuereinnahmen. Auf der andere Seite sinken die Arbeitslosenzahlen deutlich – die Stadtspitze fasst eine „einstellige“ Arbeitslosenquote bis 2020 ins Auge.

Dank der Studierenden liegt die EinwohnerInnenzahl nun bei über 601.000

OB Ullrich Sierau hat den Haushaltsplanentwurf für 2018 eingebracht.
OB Ullrich Sierau.

So betrug die EinwohnerInnenzahl nach dem Semesterstart in Dortmund Ende Oktober 601.402 Menschen – die höchste Zahl seit langem. „Das ist eine sehr stabile und erfreuliche Bevölkerungsentwicklung, u.a. auch wegen der vielen Studierenden, die nicht nur hier studieren, sondern mittlerweile auch nach Dortmund gezogen sind.“

Gute Nachrichten auch auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote liegt „nur noch“ bei 10,8 Prozent. Damit ist sie noch immer viel zu hoch, konnte aber im Vergleich zu den rund 18 Prozent vor mehr als zehn Jahren erheblich abgebaut werden.

„Auch wenn die Arbeitsmarkt-Mittel von Frau von der Leyen in dieser Zeit zusammengestrichen wurden. Das hat uns viel gekostet“, erinnerte OB Ullrich Sierau.

Nachhaltige Arbeitslosenquote von unter zehn Prozent bis 2020 angepeilt

Dennoch sei es eine erfreuliche Entwicklung. „Unser Ziel: Einstellig sein.“ Im Laufe des Jahres 2018 werde Dortmund näher an die 10,0 rankommen. „Wenn nicht weltpolitisch und weltwirtschaftlich etwas dazwischenkommt, sehen wir die Chance, dass wir 2019 in die Einstelligkeit kommen und ab 2020 nachhaltig unter zehn Prozent bleiben“, gibt sich der OB erfolgsgewiss.

Dies sei gemeinsam mit Wirtschaft, Sozialverbänden und vielen weiteren AkteureInnen geschafft worden. „Mit Programmen, die Herr Laumann als Blaupause für Deutschland bezeichnet hat. Das geht nur, wenn man neue Jobs am Standort schaffen kann“, lobt Sierau quasi sich selbst.

230.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze – 250.000 bis 2020 erhofft

Zudem gibt es rund 330.000 Arbeitsplätze in Dortmund. Die Arbeitsverwaltung zählt 230.000 sozialversichungspflichtige Beschäftigte. „Unser Wunsch: 250.000 bis zum Jahr 2020. Wovon träumen die nachts, wenn die tagsüber schon so träumen, wird man uns vorhalten. Aber auch nachts träumen wir davon“, macht Sierau deutlich, dass er dieses Ziel durchaus ernst meint.

Die derzeitige Dynamik und Wirtschaftsförderer Thomas Westphal geben ihm da Recht: Decathlon, Amazon, Schenker und andere Unternehmen – nicht nur auf der Westfalenhütte – schaffen neue Arbeitsplätze. Auch in anderen Bereichen und kleinteiliger skaliert gibt es Aufschwung. Das zeige sich in Arbeitsmarktbilanz und bei Steuereinnahmen.

Langzeitarbeitslosigkeit in Dortmund relativ zum Ruhrgebietsbereich viel deutlicher gesunken

Dezernat 5: Stadträtin Birgit Zoerner
Sozialdezernentin Birgit Zoerner. Foto: Klaus Hartmann

„Das Glück ist mit den Tüchtigen – in der Wirtschaft, bei den Sozialpartnern und den Standortakteuren – dazu gehört auch die Verwaltung“, lobt der OB. Es sei gelungen, auch zukunftsfähige Arbeit zu schaffen.

Dies untermauert auch Sozialdezernentin Birgit Zoerner: Im Vergleich von September 2017 zu Januar 2015 ist die Langzeitarbeitslosigkeit in diesem Zeitraum in Dortmund um 20 Prozent gesunken.

Zum Vergleich: Im Ruhrgebiet waren es minus 13 Prozent, in Duisburg und Gelsenkirchen nur je minus sieben Prozent. Dies sei gelungen trotz der Zunahme der Zuwanderung und der Flüchtlingszahlen.

Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nach SGB II sei – bereinigt um die Zahl der Flüchtlingsfamilien – ebenfalls gesunken: 2008 gab es in Dortmund 41.000 Bedarfsgemeinschaften. Heute sind es 44.000 – darin enthalten sind auch die 4500 neu angekommene Flüchtlinge.

Steuereinnahmen sprudeln: 370 Millionen Euro Gewerbesteuer in 2017 erwartet

Bei den Steuereinnahmen sei dies auch strukturell jenseits von Einmaleffekten zu spüren, macht die Stadtspitze deutlich. „Man kann sagen, dass sich die langjährigen Bemühungen strukturell bemerkbar machen – erfolgreicher auch als bei manch anderen in der Region.“ Die Steuereinnahmen sprudeln kräftiger als erhofft und geplant.

Das laufende Jahr wird die Stadt mit einem Fehlbetrag von 32,1 Millionen Euro abschließen, ließ Kämmerer Jörg Stüdemann den Finanzausschuss wissen. Bei der Aufstellung des Haushalts vor einem Jahr hatte der Stadtdirektor noch mit 67,2 Millionen Defizit gerechnet.

Vorrangig hat dies mit dem Gewerbsteueraufkommen zu tun. Es fällt so gut aus, dass die Stadt erstmals an das Niveau von 2006 – also an die Zeit vor der Banken-, Wirtschafts- und Eurokrise – anschließen kann. „Wir sind ungefähr da, wo wir 2006 sein wollten. Wir haben die Wirtschaftskrisen verdaut. Die erwarteten Gewerbesteuereinnahmen pendeln bei 370 Millionen Euro. Das führt dazu, dass die Liquiditätskredite erstmals seit zehn Jahren reduziert werden können. Von 2,1 Milliarden auf jetzt 1,497 Milliarden Euro – immer noch eine immense Schuldenlast.

„Wir werden eine sehr viel entspanntere Haushaltsberatung haben“

Kämmerer Jörg Stüdemann zeigt sich optimistisch. Foto: Alex Völkel
Kämmerer Jörg Stüdemann

Für 2018 rechnet Stüdemann anteilig mit einem höheren Aufkommen. „Wir werden eine sehr viel entspanntere Haushaltsberatung haben“, prophezeit der Kämmerer. Doch sowohl Stüdemann als auch Sierau machten deutlich, dass die Kommunen auch weiterhin Kosten zu tragen hätten, die eigentlich Land und Bund schultern müssten. So hatte Dortmund in 2016 ein Haushaltsdefizit von 50 Millionen Euro. 30 Millionen davon entfielen auf die Kosten für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten.

Dass die Städte weiter kommunal Sonderlasten tragen, sei ungerecht und nicht hinnehmbar. „Ich bin auch persönlich sehr enttäuscht, dass die jetzige Landesregierung ihr Versprechen aus Oppositionszeiten nicht hält und uns die Integrationspauschale vorenthält. Das ist ein Tritt vor das Schienbein der politischen Kultur“, schimpft Sierau. „Da hätte ich eine andere Erwartung gehabt, auch an den Ministerpräsidenten in Person. Da ist hoffentlich noch nicht das letzte Wort gesprochen.“

Das hofft er auch mit Blick auf die Zuweisung von Flüchtlingen: Entgegen der Zusagen werden vor allem Menschen zugewiesen, die keine Bleibeperspektive haben und deshalb auch nach drei Monaten nicht mehr vom Land finanziert werden – Dortmund und andere NRW-Städte bleiben daher auf den Kosten sitzen. Gerade in Zeiten von tendenziell steigenden Zinsen sei es nicht mehr hinnehmbar, den Kommunen weitere Kosten aufzubrummen. „Das ist definitiv nicht akzeptabel und wird auch Thema im Städtetag werden – und wenn wir mit den gesammelten Ruhr-OB nach Berlin fahren.“

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Reaktionen

  1. CDU-Arbeitskreis Wirtschaft & Finanzen

    „Wann, wenn nicht jetzt?“ CDU-Arbeitskreis Wirtschaft & Finanzen zum Haushaltsplanentwurf 2018

    Der Arbeitskreis Wirtschaft & Finanzen der Dortmunder CDU blickt mit Sorge auf den vorliegenden Haushaltsentwurf 2018 für die Stadt Dortmund. Die Vorsitzende des Arbeitskreises, Annette Littmann: „Die finanziell angespannte Lage hat sich in Dortmund trotz des seit fast drei Jahren geltenden ‚Memorandums zu strukturellen Haushaltsverbesserungen’ nicht zum Positiven gewendet. Die hohe defizitäre Haushaltsführung setzt sich fort. Der Schuldenberg wächst weiter. Und die politische Diskussion beschränkt sich in erster Linie auf den Erhalt kommunaler Handlungsfähigkeit, aber nicht auf eine strukturelle Verbesserung der Effizienz städtischen Handelns.“

    Littmann weiter: „In Zeiten, wo die Steuereinnahmen sprudeln wie nie, in einer Zeit, wo die Zinsausgaben der Stadt auf historische Tiefststände gefallen sind und wo diesen Gründen in vielen Städten – auch in solchen mit hohen Migrationsanteil – sogar Überschüsse erzielt werden, ist es umso unverständlicher, dass sich in Dortmund nichts verändert. Wann, wenn nicht jetzt, wird die Wende eingeleitet?

    Offen bleibt auch die Frage, ob wirklich alle Anstrengungen für eine strukturelle Gesundung des Dortmunder Haushaltes unternommen werden. Diese Chance gibt es gerade heute, bei einer wachsenden Bevölkerung. Denn dann würden Effizienzgewinne in der Stadtverwaltung, erzielt durch besseren Einsatz von Informationstechnologie und durch bessere Arbeitsabläufe, nicht zu Lasten, sondern zum Nutzen der Beschäftigten wirken. Gefordert ist politisches Umsteuern aus dem Weg in den Schuldenturm“.

  2. heavy Pete

    Die nackten Zahlen wirken ja ganz positiv. Vom Gefühl her spüre ich da nicht so viel Veränderung. Wenn ich die Münsterstraße von 2017 mit dem Zustand des 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts vergleiche ist das nicht so rosig. Wie viele Kneipen haben geschlossen wie auch Inhabergeführte Geschäfte. Die Einkaufszone der Münsterstraße besteht doch nur noch aus Discountgeschäften und Imbißbuden. Die Obdachlosenzahl steigt weiter in der Stadt. Ich weiß nicht wessen Wahrnehmung stimmt. Und was sind das für neue Jobs die entstanden sind. Bei Amazon sind es häufig zeitlich befristete Stellen. In der Schwerindustrie war die Arbeit zwar körperlich hart dafür aber besser bezahlt. Ich sehe unsere Stadt nicht so positiv. Gut ausgebildete junge Leute verlassen Dortmund wegen der fehlenden Lebensqualität und vor allem fehlender guter Jobs. So toll ist mein persönliches Fazit nicht.

  3. ver.di NRW

    ver.di: Abbau der Kassenkredite der Kommunen voranbringen – „NRW-KASSE“ einrichten

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass das Problem der hohen Altschuldenlasten der meisten Kommunen in Nordrhein-Westfalen auch durch die neue Landesregierung nicht angegangen wird. Lediglich 172 der 396 politisch selbstständigen Städte und Gemeinden weisen für das Jahr 2016 keine Kassenkreditbestände aus. Meist handelt es sich hier um kleinere und mittlere Kommunen.

    In Hessen wird wegen der hohen Verschuldung der Kommunen durch Kassenkredite, die Gründung einer HESSENKASSE diskutiert. In Anlehnung an dieses Modell schlägt ver.di auch ein Programm zur Entschuldung der NRW-Kommunen, die NRWKASSE vor. Ohne diese Maßnahme würde es nicht gelingen, den Kassenkreditbestand der NRW-Kommunen von dem im letzten Jahr erreichten Rekordstand von fast 26,8 Mrd. abzubauen, erklärte der Leiter des Landesfachbereiches Gemeinden Michael Wiese.

    Die NRWKASSE soll die Schulden der Kommunen aus den Kassenkrediten übernehmen. Die an dem Programm teilnehmenden Kommunen und das Land NRW sollen dann gemeinsam die Tilgung der übertragenen Kassenkredite in die NRWKASSE übernehmen. Die anfallenden Zinsen sollen vom Land übernommen werden.

    Die Laufzeit eines solchen Programms könnte wie in Hessen 30 Jahre betragen. Kommunen, deren übertragene Kassenkredite getilgt sind, würden schon vorher aus dem Programm ausscheiden. Mit der 30. Jahresrate wäre die Zahlungspflicht der bis zum Schluss teilnehmenden Kommunen beendet. Die Restschulden der NRWKASSE sollen vom Land übernommen werden, so ver.di.

    Unter der Voraussetzung, dass alle Kommunen an dem Programm teilnehmen und insgesamt 70 Euro pro Einwohner und Jahr eingezahlt werden würden, wären nach einer 30-jährigen Laufzeit 204 von 248 Kommunen frei von Kassenkreditschulden. 44 Kommunen würden aber immer noch eine Restschuld bei den Kassenkrediten von 6,8 Mrd. Euro ausweisen. Dies macht die Dimension des Problems mehr als deutlich.

    Noch ist der Zeitpunkt zur Gründung einer NRWKASSE günstig. 10-jährige Staatsanleihen werden zurzeit noch zu einem Zinssatz von 0,5% angeboten.

    Mit dem vorgeschlagenen Programm, der NRWKASSE, und einem strikten Einhalten des Konnexitätsprinzips durch Bund und Land (wer bestellt, der bezahlt) können dauerhaft ausgeglichene kommunale Haushalte in NRW erreicht werden. Der Bund muss die Kosten für Leistungsgesetze übernehmen, die er beschlossen hat. Ohne die Umsetzung dieses Prinzips würden vor allem die Kommunen mit einem hohen Anteil armer Bevölkerung sofort wieder auf Kassenkredite zurückgreifen müssen“ ergänzt der Leiter des Landesfachbereiches Gemeinden Michael Wiese. „Alle NRW-Kommunen könnten so ihre finanzielle und politische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen“.

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