Zither auf Zeche: Wiederhören mit Instrument aus der großen Zeit des Ruhrgebiet-Bergbaus auf Zollern in Dortmund

Zither auf Zeche: Ein besonderes musikalisches Festival findet vom 29. September bis 1. Oktober auf Zeche Zollern statt. Foto: Zitherbund
Ein besonderes musikalisches Festival findet vom 29. September bis 1. Oktober auf Zeche Zollern statt. Foto: Zitherbund

Von Joachim vom Brocke

Zither auf Zeche. Drei Tage – vom 29. September bis 1. Oktober – steht das Saiteninstrument auf Zeche Zollern in Bövinghausen im Mittelpunkt. Anton Karas, der Komponist vom weltberühmten Harry-Lime-Thema aus dem Film „Der dritte Mann“, hätte sicher seine helle Freude daran. Veranstalter der musikalischen Reihe, die alle vier Jahre stattfindet, zuletzt in Bad Aibling, ist der Deutsche Zithermusik Bund. Das Treffen nun im höher gelegenen westlichen Deutschland – im Ruhrgebiet durchzuführen -, hat Hintergründe.

Bergarbeiter brachten Instrument als ein Stück Heimat mit

Freuen sich über viele BesucherInnen: die Organisatoren Prof. Georg Glasl, Jana Flieshart (Zeche Zollern), Prof. Fredrik Schwenk und Dirk Gerhard, Vorsitzender des Landesverbandes NRW. Foto: Joachim vom Brocke
Freuen sich über viele BesucherInnen: die Organisatoren Prof. Georg Glasl, Jana Flieshart (Zeche Zollern), Prof. Fredrik Schwenk
und Dirk Gerhard, Vorsitzender des Landesverbandes NRW. Foto: Joachim vom Brocke

Prof. Georg Glasl, Präsident des Deutschen Zithermusik-Bundes, und Dirk Gerhard, der Vorsitzende des Landesverbandes NRW, erinnern daran, dass es um die Wende zum 20. Jahrhundert im Ruhrgebiet Zithervereine im zweistelligen Bereich gegeben habe.

Sogar aus kleineren Städte wie Unna oder Langendreer, die um 1905 etwa 16.000 bzw. 23.000 Einwohner zählten, sind jeweils drei bis fünf Vereine überliefert; für Köln wurden sogar mehr als 40 Zithervereine nachgewiesen.

„Viele Arbeiter aus Bayern und Österreich kamen im 19. Jahrhundert ins Ruhrgebiet und brachten ihr Instrument als ein Stück Heimat mit. Fast in jeder Arbeiterfamilie existierte eine Zither“, erklären die Organisatoren. In NRW ist das vielseitige Instrument fast in Vergessenheit geraten und hat nur in einigen wenigen Nischen überlebt.

Rückblick auf die lebhafte Zitherszene im Ruhrgebiet

Das Festival Zither auf Zeche gibt an den drei Tagen einen vielseitigen Rückblick auf die lebhafte Zitherszene, die es im Ruhrgebiet bis in die 30iger Jahre gab und spürt in mehreren Konzerten vergangenen Lebens- und Kulturwelten nach. Passender Schauplatz dafür ist die Museumszeche Zollern.

Zahlreiche Musiker und Komponisten aus der Welt der Zither treffen sich, fachsimpeln und musizieren mit dem etwa 1000 Euro teuren Instrument (und mehr). Klassische und neuere Werke gibt es zum Eröffnungskonzert „Schichtwechsel“ am Freitag, 29. September, ab 19 Uhr zu hören.

Bilder von Erich Grisar musikalisch in Szene gesetzt

Kartenspiel, 1928 – 1933
Kartenspiel, 1928 – 1933. Eine Fotografie  von Erich Grisar. Foto: Stadtarchiv Dortmund

„Unter Tage“, in die Welt des Autors und Ruhrgebietsfotografen Erich Grisar, geht es am Samstag, 30. September, von 19 bis 21.15 Uhr. Seine Aufnahmen, die zurzeit auf Zeche Zollern zu sehen sind, dokumentieren wie eine Kindheit im Ruhrpott in den 20iger- und 30iger Jahren aussah.

Der Komponist Fredrik Schwenk hat seine Musik in Beziehung zu diesen Fotos gesetzt (Kindheit, ab 19 Uhr). Anschließend balancieren die Kohlenpott-Memories (19.30 Uhr), ein Projekt für Tänzer, Instrumentalisten und Sprecher, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, bewegen sich zwischen Texten und Fotografien Grisars, den Videos und der Musik des spanischen Multimediakünstlern Pedro González und den Klängen des Komponisten Mark Podolski.

Dazu gesellen sich Zitate aus dem Urban-Fantasy-Roman „Emscherwachen“, verfasst von 33 Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet, die unter der Leitung von Sarah Meyer-Dietrich und Sascha Pranschke die Geschichte ihrer Heimat schreibend erforschten. Prof. Glasl: „Eine grandiose Reise durch Zeit und Raum, choreografiert von Kirill Melnikov.“

Preisträger-Konzert in der Lohnhalle

Im Heimatgesang (Sa., 30. 9., 16.30 Uhr, Lohnhalle) spielen Musiker mit türkischen, syrischen und aserbeidschanischen Wurzeln Lieder ihrer Heimat. Mal traditionell, mal aber auch verändert, angepasst an die neue Heimat. Viele junge MusikerInnen kommen an diesem Wochenende zu Wort.

Im szenischen Musikprojekt Zither Moves zum Beispiel, mit dem das Festival eröffnet. Oder in den drei Jugendkonzerten Berggeschrey (Samstag, 30. 9., um 11, 13 und 16 Uhr ) oder in Lachrimae, dem Konzert mit Alter und Neuer Musik (So., 1. 10., 11.45 Uhr) in der Lohnhalle. Dann stellen sich zudem die Preisträger des 7. Internationalen Wettbewerbs für Zither und Studierende der Hochschule für Musik und Theater (München) vor.

Frühschoppen mit Hits und Evergreens

Ein besonderes Klangerlebnis gibt es am 29. September ab 21.15 Uhr in der Maschinenhalle. „Zollern/Schalter – Zither and the Machines“ lautet das Thema. Geboten wird ein Mix aus E-Zither-Klängen, Originaltönen industrieller Maschinen-Sounds der Zeche sowie originalen Sprachaufnahmen aus der Bauzeit der Zeche. Am Sonntag, 1. Oktober, gibt es um 11 Uhr bei freiem Eintritt ein Platzkonzert mit dem Zitherclub Oßweil. Geboten werden Hits und Evergreens.

Mehr Informationen:

  • Das Festival Zither auf Zeche findet von Freitag, 29. September, bis Sonntag, 1. Oktober, auf Zeche Zollern in Bövinghausen statt. 15 Konzerte und Klanginstallationen gibt es zu hören und zu erleben sowie eine Ausstellung.
  • Veranstalter ist der Deutsche Zithermusik-Bund, gegründet 1963, dem etwa 1500 Mitglieder angehören. Zu einigen Veranstaltungen wird Eintritt verlangt. Nähere Informationen darüber und über den gesamten Programmablauf unter www.zitherbund.de

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