„Wir haben Humor, aber wir sind keine Spaßpartei“: Partei „Die Partei“ schenkt Dortmund neue Straßennamen

Die Partei "Die Partei" benennt Straßen mit brauner Vergangenheit um
Die Partei „Die Partei“ benennt Straßen mit brauner Vergangenheit um

Die Partei „Die Partei“ hat nun Initiative ergriffen und prescht in der Diskussion um Straßennamen mit brauner Vergangenheit nach vorne. Sie schenkt der Stadt in einer ersten Aktion vier neue Straßennamen und die passenden Schilder dazu.

100 Prozent plus X der Mitglieder der Partei dulden keine Straßennamen mit Nazivergangenheit in der Stadt

Die Partei "Die Partei" benennt Straßen mit brauner Vergangenheit um. Der Dond, links und Graf von Kronenberg benennen die Speestraße in Titanicstraße um
Stefan Dondrup, links und Graf von Kronenberg benennen die Speestraße in Titanicstraße um

Ausgangspunkt der Aktion war ein Ratsbeschluss der Stadt Dortmund, der das Stadtarchiv beauftragte, die Namen von Straßen nach belastenden Namensgebern zu untersuchen. Das Ergebnis der Recherche wurde in einer Dortmunder Tageszeitung veröffentlicht.

Anbei erfolgte eine Online-Umfrage unter den Lesern des Blattes zur Umbenennung der Straßen. Auf der Liste stehen Speestraße und die Nettelbeckstraße in der Nordstadt, Carl-Duisberg-Straße in der Innenstadt-West und die Wagenfeldstraße in Hörde. Nur 30,48 % der Teilnehmer der Umfrage stimmten für eine Umbenennung der Straßen.

Ganze 100 % plus X der Mitglieder „Der Partei“ Dortmund sprachen sich jedoch für neue Namen aus, „da die Partei Dortmund Straßennamen mit Nazi-Vergangenheit in ihrer Stadt nicht duldet,“ heißt es in deren Pressemitteilung. Daher  startete sie bei 100% plus X-Luftfeuchtigkeit die Umbennenungsaktion an der Speestraße in Höhe der Mallinckrodtstraße.

Aktion der Genossinen und Genossen leidet unter widrigen Wetterbedingungen

Permanent peitscht der Regen den Genossinnen und Genossen der Partei ins Gesicht. Mit klammen Fingern wird das Schild mit dem neuen Namen unterhalb des bestehenden Schildes angebracht. Titanicstraße heißt sie jetzt und macht auf auf eine der größten und bedeutendsten Ausstellung zum Untergang des Schiffes in Deutschland aufmerksam. Die befindet sich im alten Hafenamt in unmittelbarer Nähe der Straße.

Andere Straßen mit Namensgebern mit dunkelbrauner Vergangenheit werden mit den Namen von Dortmunder Opfern rechter Gewalt versehen. Die Nettelbeckstraße heißt Mehmet-Kubasik-Straße und erinnert an den von der Terrororganisation NSU getöteten Kioskbesitzer. Die Carl-Duisberg-Straße wird aufgrund ihrer Kürze in Schmuddelgasse unbenannt und mahnt an den Mord an Thomas „Schmuddel“ Schulz, der 2006 durch einen Neonazi erstochen wurde. „Wir haben Humor, aber wir sind keine Spaßpartei“, betont Wolfgang Antonius Kienast, Graf von Roit zu Hoya, die Ernsthaftigkeit der Aktion.

Rathaussturm Anlass für die Umbenennung der Wagenfeldstraße

Die Partei "Die Partei" benennt Straßen mit brauner Vergangenheit um. Mitglieder der Partei Die Partei mit neuen Straßenschildern
Trotzen dem Regen: Mitglieder der Partei auf Umbenennungstour

Hördes Wagenfeldstraße soll zukünftig an ein Ereignis aus der jüngsten Vergangenheit erinnern: „Straße des 25. Mai“ soll nach dem Willen der Partei zukünftig in der Anschrift der 102 Anwohner stehen.

Am 25. Mai, am Abend der Kommunalwahl stürmten Mitglieder und Anhänger der Partei „Die Rechte“ mit Flaschen und Pfefferspray auf das Rathaus zu. Mitglieder der demokratischen Parteien und Besucher der Wahlparty stemmten sich den Nazis entgegen und verhinderten deren Eindringen ins Rathaus.

„An diesen Akt der Zivilcourage aber auch an die fehlende Unterstützung der Polizei (u.a. Fehlen der Polizei, Umgang mit den friedlichen Demonstranten, die, im Gegensatz zu vielen Nazis, Anzeigen nach Hause geschickt bekamen, scheinbares Ignorieren von Videoaufnahmen…) werden wir durch diese Namensänderung erinnern,“ schreibt „Die Partei“ anlässlich der Umbenennung. Weitere Aktionen sind geplant.

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Reaktionen

  1. Marcus

    Das die Spasspartei „Die Partei“ die von einem Satiremagazin gegründet wurde und dessen Ernsthaftigkeit mehr als in Frage gestellt wird, sich dem sehr komplexen und ernsten Thema NSU annimmt ist mehr als eine Frechheit.
    Eine „Partei“ die z.b. fordert das
    -Der Hellweg als Europas schönster und längster Straßenstrich anerkannt wird
    -Fritz-Brinkhoff selig und heilig gesprochen wird und
    – Dorstfeld rosa angestrichen wird, wegen der ansteigenden Aggressivität usw.

    Alles ganz lustige und witzige Forderungen teils auch mit ernsten Hintergrund, jedoch Mehmet Kubasik und die Hinterbliebenen mit in deren Satire hineinzuziehen ist mehr als unverzeilich und grenzt an Geschmacklosigkeit par excellence, sich aber auch noch lachend mit den Strassennamen von Menschen in der Hand zu präsentieren die von Neonazis getötet wurden ist das allerletzte!
    Allein schon vor dem Hintergrund, das demnächst eine Bundesweite Aktion der Organisation „Keupstrasse ist überall“ geplant ist, welche an die NSU Morde in den betroffenen Städten erinnern will zusammen mit den Überlebenen des Anschlages in der Keupstrasse in Köln und den Hinterbliebenen der von der NSU ermordeten Opfer. Aktionen die ähnliches vorgesehen hatten wie z.b. Hinweisschilder an Strassennamen zur Erinnerung, erscheinen dank dieser Aktion nicht mehr in dem ernsthaften Licht und Hintergrund wie es dem eigentlich gebürt.

  2. Sandra Kaminski

    Ich bin mehr als entsetzt über diese Aktion und kann @Markus nur zustimmen. Das ist ekelhaft, sowas auf den Rücken dieser Familien auszutragen. Diese Leute sollten sich was schämen! Ich gehe sogar nochweiter und sage, das diese Aktion in der dargestellten Art und Weise auch von den Nazis hätte kommen können. Es stimmt mich nicht nur als Anwohnerin mehr als traurig.

  3. Matt Eagle

    @Marcus und Sandra Kaminski: Vielleicht sollten sie (…) froh sein, dass die PARTEI das Thema wieder in die Diskussion bringt. Ich glaube zudem auch, dass sie die Aktion nicht ganz verstanden haben. Es reichten ein paar Schlagworte und ihre Schubladen öffneten sich ganz von alleine.

    Die PARTEI hat sich schon immer gegen Rechts eingesetzt, wenn Sie sich damit befasst hätten, wüssten Sie das. Aber eben nicht so verbittert wie sie es gerne hätten.

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