„Bildung für Frieden“ Dortmund lud zu Vortrag und Gespräch: „Stopp Ramstein – Alles über den Drohnenkrieg“

Eine RQ-4 Global Hawk Drohne der US-Airforce - sie sind in vielen Ländern im Einsatz. Foto: Wikipedia/U.S. Air Force/ Bobbi Zapka
Todbringend – eine RQ-4 Global Hawk Drohne der US-Airforce. Foto: Wikipedia/U.S. Air Force/ Bobbi Zapka

Von Claus Stille

Willy Brandts Wort „Frieden ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Frieden.“  Wie wahr. Jetzt reiste ein Mann nach Dortmund, der sich seit vielen Jahren ohne Unterlass für den Frieden engagiert: Reiner Braun.

Reiner Braun referierte unter dem Titel „Stopp Ramstein – Alles über den Drohnenkrieg“

Braun ist Co-Präsident vom „International Peace Bureau“, die in diesem Jahr einen Weltkongress in Berlin veranstaltet. In die Auslandsgesellschaft NRW  kam er auf Einladung von „Regenbogen.tv“ und der Dortmunder Gruppe „Bildung für Frieden“.

Dort informierte zunächst über die Entstehung der Kampagne „Stopp Ramstein“. Diese sei „eigentlich aus einer seit Jahren schon bestehenden Aktivität gegen die Militärbasis in Ramstein hervorgegangen“.

Vorrangig sei es damals um die Luftverschmutzung, die vielen US-amerikanischen Soldaten und die Zerstörung der Umwelt durch das US-Militär in und um Ramstein gegangen.

Ein weiterer Grund kam vor zwei Jahren noch hinzu, „der an Dramatik kaum zu überbieten ist“, so der Referent des Abends. Durch den US-Airforce-Piloten Brandon Bryant war bekannt geworden, „dass alle Drohneneinsätze der  USA auf dieser Welt über Ramstein laufen“.

Das habe mit dem Krümmungsbogen der Erdkugel zu tun.  Die Steuerungssignale an die Drohnen von den US-Einsatzzentralen in New Mexico und Nevada könnten via Satellit nicht direkt in ihre Ziele in Somalia bis Pakistan geleitet werden. Das gesehe über eine Relaisstation auf der US-Army-Basis in Ramstein, erklärte Braun.

Hintergrund: US-Todeslisten für Luftangriffe auf für mutmaßliche Terroristen

Reiner Braun ist Co-Präsident vom International Peace Bureau. Foto: Claus Stille
Reiner Braun ist Co-Präsident vom International Peace Bureau. Foto: Claus Stille

Die Drohneneinsätze sind als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 anzusehen und werden vornehmlich von den USA benutzt um mutmaßliche Terroristen zu eliminieren.

Das fatale dabei: Niemand der zum Ziel erklärten Personen weiß, ob er auf dieser Todesliste steht. Keiner der auf dieser Liste stehenden Personen wurde je angeklagt. Nie bekamen sie die Gelegenheit, sich vor einem ordentlichen Gericht zu verteidigen.

„Die USA nehmen sich das Recht heraus, überall auf der Welt (auch in Europa wenn es sein muss) mit Drohnen zu operieren, Menschen zu entführen und ohne gerichtliche Anklage und Verteidigung zu inhaftieren oder gar der Folter zu unterziehen“, so Braun.

Die USA würden nimmer müde, von der chirurgischen Genauigkeitder Luftschläge zu sprechen. Sogenannte „Kollateralschäden“ – also unbeteiligte Zivilisten in Wohngebieten und sogar Krankenhäusern  – würden billigend in Kauf genommen.
Auf diese Weise verloren seit 2010 über 6.000  Menschen ihr Leben, berichtet Braun. Auf einen getöteten mutmaßlichen Terroristen kämen zirka 40 unschuldige Opfer – darunter Frauen und Kinder. Jeden Dienstag zeichne „Friedensnobelpreisträger“ Barack Obama diese „Todesliste“ ab – er gebe persönlich jede Person darauf zur Tötung frei.

Reiner Braun: „Der Krieg geht von Ramstein aus. Tagtäglich“

So empört sei man über diese Drohnenmorde gewesen, dass man eine Initiative ins Leben rief. Viele Einzelpersonen hätten sich daran beteiligt. Um nur einen zu nennen: Albrecht Müller (SPD, Herausgeber der NachDenkSeiten).

Von den Grünen bis zu den LINKEn sind viele Personen auch aus kirchlichen Gruppen sowie der Friedensbewegung dabei. Rasch kamen tausende Menschen zusammen. Auch bei den Ostermärschen habe das Wirkung gezeigt.

Einig sei man sich gewesen, berichtete Reiner Braun, eine richtig große Aktion zu starten. Die soll nun in Ramstein vom 10. bis 12. Juni stattfinden. Die große Idee dahinter: Eine lange Menschenkette hinzubekommen, die große Teile der Strecke von Kaiserslautern bis zur US-Militärbasis überbrückt.

Das werde nun seit geraumer Zeit logistisch und politisch an vielen Orten in Deutschland vorbereitet. Busse, die aus zehn Orten der Republik gen Kaiserslautern fahren werden, sind bestellt. Braun: „Ob wir es wirklich schaffen, die Menschenkette hinzubekommen, weiß noch keiner.“

Zwölf regionale Ramstein-Komitees informieren über die US-Militärbasis in Deutschland

Eine MQ-9 Reaper -Drohne des US-Militärs. Foto:Wikipedia/ U.S. Air Force/ Paul Ridgeway
Eine MQ-9 Reaper -Drohne des US-Militärs. Foto:Wikipedia/ U.S. Air Force/ Paul Ridgeway

Der Gast aus Berlin zählte auf, was sich alles mit der Militärbasis gewaltigen Ausmaßes verbindet: Ein riesiges, zwölfstöckiges, mit modernstem Equipment ausgestattetes Krankenhaus beispielsweise  („Ich wüsste nicht, welches Pendant es in den USA – frei zugänglich, nicht privat – dieser Art gebe.“).

Unter der Erde befinden sich riesige Munitionsdepots. Weiter ist dort die zentrale Luftleitstelle für alle Militärflüge untergebracht, die von den USA und der NATO in Europa und von dort in die verschiedenen Länder stattfinden.

Ein Beispiel:  „Wenn in Afghanistan ein Krieg ist, verdreifacht sich die Flugintensität. Die Luft- und Wasserverschmutzung nimmt messbar zu.“

All das möchte die Kampagne in die Öffentlichkeit tragen. Reiner Braun unmissverständlich: „Langfristiges Ziel ist es natürlich, diese Relaisstation dichtzumachen. Damit diese Drohneneinsätze von deutschem Boden endlich aufhören.“

Diese Notwendigkeit  müsse der deutschen Öffentlichkeit bewusst gemacht werden. Deshalb existierten zwölf regionale Ramstein-Komitees in der Republik.

Diese Drohneneinsätze seien klar völkerrechts- und grundgesetzwidrig: „Von deutschem Boden geht völkerrechtswidriger, illegaler Krieg gegen andere Länder aus“, so Braun.

Zu unterscheiden ist zwischen zivil nützlichen und Kampfdrohnen

Auf Frage von Mark Brill  gab Reiner Braun weitere Informationen zu Drohnen: „Drohnen sind erst einmal nichts anderes, als unbemannte Fahrzeuge, die sich computergesteuert fortbewegen. Ein ambivalentes technisches Gerät.“

Es könne zum Nutzen der Menschen oder zum Töten sowie der Zerstörung von Lebensgrundlagen eingesetzt werden. Weshalb zwischen im zivilen Bereich nützlichen und für den Kampf bestimmten Drohnen unterschieden werden müsse.

Massive Kritik: Permanenter Terror durch Drohneneinsätze

Die USA haben ihre erste Kampfdrohne 2002  in Afghanistan eingesetzt. Und der Referent gab zu bedenken: „Man stelle sich mal vor, wie man sich fühlt, wenn man permanent Angst hat, dass neben einen von Drohnen abgefeuerte Munition einschlägt, die das Haus zerstört, die Familie umbringt, Nachbarn und ganze Hochzeitsgesellschaften tötet.“

Was alleine die Angst der Kinder angehe, die das ständige Brummen der Drohnen hören und fürchten müssten, getötet zu werden. Sie könnten nicht mehr schlafen und erlitten schwere psychische Schäden. Permanenter Terror sei das, befand Braun.

Forderung nach einer Drohnenkonvention – wie bei Chemiewaffen

„Wir brauchen eine internationale Drohnenkonvention, welche deren Gebrauch und die Verhinderung von Missbrauch ächtet.“  Braun vergleicht dies mit der Konvention zum Einsatz von Chemiewaffen.

Noch wäre dies allerdings unwahrscheinlich. Schließlich säßen allein im UN-Sicherheitsrat die Nationen, die Kampfdrohnen besäßen bzw. benutzten.

Immerhin habe sich UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon dafür ausgesprochen,  den Einsatz von Waffen, die losgelöst von Menschen, ein gewisses Eigenleben entwickeln und zur Tötung dienen, mittels einer Drohnenwaffenkonvention zu unterbinden.

Kündigung der US-Militärbasen wäre seitens der Bundesrepublik möglich

Moderator Mark Brill (links) und Referent Reiner Braun in der Auslandsgesellschaft. Foto: Claus Stille
Moderator Mark Brill (links) und Referent Reiner Braun in der Auslandsgesellschaft. Foto: Claus Stille

Ein zentraler Aspekt: Dürfen die USA von ihren Militärbasen in Deutschland alles tun was sie wollen? Könnte Deutschland  das sanktionieren? Für Reiner Braun ist die Antwort klar: Was von Ramstein aus geschehe, verstoße gegen das Grundgesetz.

Die Stationierung von Truppen, die Überlassung von Basen, seo durch ein Stationierungsabkommen zwischen den USA und BRD geregelt.  Diese sei 1990 neu formuliert worden. Demnach dürfe von diesen Basen aus nichts geschehen, was gegen das Grundgesetz verstoße.

Die deutsche Regierung wisse das „und handelt eindeutig grundgesetzwidrig“.  Spätestens seit der „Whistleblower“ Brandon Bryant über die Art und Weise der Nutzung von Ramstein als Relaisstation für die Drohnensignale berichtete, könne die Bundesregierung nicht mehr behaupten, sie wisse nichts von Drohneneinsätzen.

„Sogar die Kündigung der US-Militärbasen ist im Stationierungsabkommen geregelt. Nicht einmal ein Widerspruch der USA dagegen ist möglich. Binnen 24 Monaten müssen die US-Militärs räumen“, verdeutlichte Braun.

Und noch eines wollte Braun bedacht wissen: Büchel, als Lagerstätte von US-Atomwaffen und die Militärbasis Ramstein zögen ja einen potentiellen Gegner regelrecht wie ein Magnet an.

Vielleicht noch eine große Friedensdemonstration in Berlin in diesem Jahr

Braun gab sich keinesfalls übermütig, aber durchaus hoffnungsvoll der Überzeugung hin, dass die aus seiner Sicht völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Aktionen in  Ramstein auf lange Sicht gestoppt werden könnten.

Das müsse politisch und mit Druck von Unten geschehen. Von den Gerichten sei diesbezüglich nichts zu erwarten. Diese reagierten an der Seite der Regierung schon seit ewigen Zeit meist im Sinne dieser. Und wenn überhaupt immer erst in einem Nachtrab, so seine Einschätzung.

Die Zustände in diesem Land, in Europa und darüber hinaus in der Welt seien besorgniserregend. Dennoch zeigte sich Braun zuversichtlich, dieses Jahr noch eine große Friedensdemonstration in Berlin hinzubekommen.

Mehr zu den Veranstaltern des Vortrag in Dortmund:

Mehr Informationen zur Aktion STOPP RAMSTEIN:

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