Asyl im „Sugar Snap Paradise“: Im Zuckererbsen-Paradies wird die gemeinsame Zukunft praktiziert

Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise
Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Fotos: Klaus Hartmann

„Ich bin eine Katze, ich bin ein Deutscher, ich bin ein Ausländer, ich bin ein Meister, ich bin ein Nichts.“ Im Kreis wird das Mikrofon in der Gruppe immer weitergegeben. Jeder sagt spontan etwas was er ist, werden möchte, nicht ist, nicht sein möchte oder sich wünscht zu sein.

„Snap Sugar Paradise“ ist ein kollektives prozessorientiertes Musiktheaterprojekt

Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise mit Theaterpädagogin und Schauspielerin Emilia Hagelganz
Leitet die Probe: Theaterpädagogin und Schauspielerin Emilia Hagelganz.

„Je suis, I am oder jede beliebige Sprache geht auch“, ruft Emilia Hagelganz dazwischen und notiert schnell die Ideen der jungen Schauspieler und Tänzer.

„So, kann die Musik jetzt etwas dazu spielen“ richtet die Theaterpädagogin ihre Bitte an die beiden Musiker und die Schlagzeugerin auf dem Podest. So entwickeln sich aus einem normalen Warm-Up, neue Ideen, die in das Projekt einfliessen können – aber nicht müssen.

„Das ist ein kollektives prozessorientiertes Theaterprojekt“, erklärt Musiker Ralf Stemmer. Das Stück entwickelt sich immer weiter, im November soll es fertig sein. „Das bedeutet nicht, dass sich nach der Premiere nichts mehr verändern wird“, ergänzt der Pianist.

Das Projekt, dass sich in einem ständigen Fluss befindet, heißt „Sugar Snap Paradise“. Junge Erwachsene aus aller Welt gestalten mit dem Ensemble „Labsa“, dem Labor für sensorische Annehmlichkeiten, das Musiktheaterprojekt.

Viele der jungen Laien-Darsteller haben Erfahrungen mit Flucht machen müssen

Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Vorne rechts: Anna Buchta, Sozial- und Theaterpädagogin
Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise.

Das Ensemble das seit 2012 im Plateau an der Brückstraße beheimatet ist, „…widmet sich in seiner Arbeit vor allem der Weiterentwicklung von Improvisation“, wie es auf ihrer Internetseite steht.

Für „Sugar Snap Paradise“ wurde das Ensemble um die jungen Laien-Darsteller und Darstellerinnen mit migrantischer Herkunft erweitert.

Bei der Akquise der Performer half Anna Buchta. Die Sozialpädagogin und Theaterpädagogin arbeitet bei dem Beschäftigungsprojekt Grünbau, dass in der Dortmunder Nordstadt beheimatet ist. Zusammen mit Emilia Hagelganz und Lena Tempich betreut sie die Proben.

Sowohl dort, als auch bei anderen Trägern konnte sie die jungen Menschen für die Arbeit am Projekt gewinnen. Viele von denen haben in jungen Jahren Erfahrung mit Flucht machen müssen.

Sowie Mohamad, der vor drei Jahren aus dem westafrikanischen Guinea mit sechzehn Jahren in Dortmund landete.

Das Musiktheater-Projekt will Potentiale präsentieren und Sichtweisen ändern

Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Ensemblemitglied Abdellah
Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Ensemblemitglied Abdellah

Die Bilder von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer waren es auch, die die Künstler von „Labsa“ dazu motiviert haben, das Projekt zu initiieren.

„Als ich die Bilder von den überfüllten Booten sah, war ich erst mal wie gelähmt“, erinnert sich Emilia Hagelganz. „Als die Starre vorbei war, habe ich entdeckt welches Potential, da zu uns kommt“, ergänzt sie.

Dieses Potential zu präsentieren ist ihre Aufgabe. „Unsere Leute leisten einen aktiven Beitrag zur Willkommenskultur“, fordert die Schauspielerin eine andere Sicht auf die Dinge.

Das „Ankommen“ ist natürlich auch ein Inhalt den die jungen Akteuren zu dem Projekt beisteuern. „Und die Mutterliebe“, fügt Mohamad an, „ich vermisse meine Mutter sehr“, sagt der Neunzehnjährige.

Viele Themen aus dem unmittelbaren Lebensalltag finden Eingang in das Stück.

„Hier sind wir wie in einer großen Familie. Niemanden interessiert es wo du herkommst“

Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Muhamad, 19 Jahre kam vor drei Jahren aus Guinea nach Dortmund
Probe des Tanz- und Theaterprojektes Sugar-Snap-Paradise. Muhamad

Einmal in der Woche proben die gut 20 jungen Menschen in den Räumlichkeiten des Plateau 28 in der Brückstraße.

Natürlich freiwillig und mit viel Freude an der Sache. „Wenn ich durch die Straßen gehe fühle ich mich fremd“, sagt Abdellah, „dort bin ich immer Ausländer“, skizziert der gebürtige Hammer seine Gefühlslage. „Hier sind wir wie in einer großen Familie. Niemanden interessiert es wo du herkommst“.

Er und sein Kollege Mohamad wollen unbedingt weitermachen in dem Projekt und hoffen auf eine Weiterführung in den nächsten Jahren.  Das Ensemble betreibt die Produktion ehrenamtlich ohne eine Förderung. Bis jetzt fehlt einfach noch die Finanzierung des Projektes. „Wir sind dringend auf der Suche nach Unterstützung. Wir mußten einfach das Projekt vorzeitig beginnen, weil die tollen und talentierten Menschen da sind und wir jetzt und hier handeln wollten“, so Emilia Hagelganz. Sequenzen aus der Performance hat die Truppe schon mit Erfolg aufgeführt, so beim 20-jährigen Jubiläum der Grünbau, auf der Eröffnungskonferenz „Demokratie leben“ in Herten und zuletzt in Berlin.

Demnächst geht die Reise zum Theaterfestival „Theatre Village“ im Theater W ę gajty, in Polen, zudem die Akteure eingeladen worden sind. Passenderweise heißt das Thema des Festivals „Unsichtbare Grenzen“. „Öffentliche Vorankündigung“, nennen die Künstlerinnen und Künstler von „Labsa“ die Vorab-Auftritte bevor sie im November endgültig Premiere feiern. Man darf gespannt sein, wie sich das „Zuckererbsen Paradies“ bis dahin weiterentwickelt hat!

Infos zu „Labsa“ und „Suger Snap Paradise“: http://www.labsa.de

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