Resolution zur Verschärfung des Sexualstrafrechts: Mehr Schutz vor sexualisierter Gewalt – „Nein heißt Nein“

Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘. Foto: Leopold Achilles
Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘. Foto: Leopold Achilles

Die bekannt gewordenen sexuellen Übergriffe in Köln und anderen Städten – wie auch in Dortmund – und die fehlende Strafbarkeit in den vielen Fällen, in denen sexuelle Tätlichkeiten ohne Drohung und Gewalt erfolgten, haben erneut die Schwachstellen des deutschen Sexualstrafrechts vor Augen geführt und deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dieses an internationale Standards anzupassen. Sexuelle Übergriffe sind inakzeptabel – unabhängig von der Herkunft der Täter.

Ergebnis einer Demo: Rat soll eine Resolution zur Verschärfung verabschieden

Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘. Foto: Leopold Achilles
Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘.

Auch auf kommunalpolitischer Ebene in Dortmund ist das Unverständnis ob der bestehenden Gesetzgebung groß. Deshalb schlägt der Verwaltungsvorstand dem Rat der Stadt Dortmund vor, eine Resolution zur Verschärfung des Sexualstrafrechtes zu verabschieden, die an den Bundestag, den Bundesrat, das Bundesjustizministerium, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, den Deutschen Städtetag und die Bundes- und Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Dortmund gehen soll.

Die aktuelle Rechtslage setzt für Opfer sexualisierter Gewalt voraus, dass sie aktiven Widerstand anwenden oder sich in einer objektiv schutzlosen Lage befinden, um eine Bestrafung wegen sexuellen Missbrauchs möglich zu machen. Beides ist aber oft schwer zu beweisen.

Zudem kommt das Strafrecht im sozialen Nahbereich häufig nicht zum Tragen, obwohl dort die meisten sexuellen Übergriffe stattfinden. Viele Frauen leisten –­ so die Erfahrungen von Fachberatungsstellen sowie Forschungsergebnisse – in akuten Notlagen keinen Widerstand, da die Situation Erstarrung oder andere paradoxe Reaktionen hervorruft.

Jägers: Nicht das Verhalten des Opfers darf für die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung entscheidend sein

Diane Jägers
Rechtsdezernentin Diane Jägers.

Der aktuell in der Abstimmung mit den Bundesländern und Verbänden vorliegende Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, durch den die sexuelle Selbstbestimmung besser geschützt werden soll, schließt zwar einige Gesetzeslücken, es wird aber weiterhin vorausgesetzt, dass sich das Opfer bei einem sexuellen Übergriff wehrt, wenn der Täter nicht mit Gewalt oder massiver Bedrohung vorgeht.

Rechtdezernentin Diane Jägers: „Es ist aber dringend erforderlich, dass nicht das Verhalten des Opfers für die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung entscheidend ist, sondern allein das Verhalten des Täters.“

Das bedeutet, dass es strafbar sein muss, wenn sexuelle Handlungen gegen den ausdrücklichen Willen einer Person vorgenommen werden („Nein heißt Nein“), aber auch wenn der Wille nicht ausgedrückt werden kann (Überraschungsangriff, Koma, etc.).

Damit wären gleichzeitig auch sexuelle Handlungen an anderen schutzbedürftigen Gruppen, wie z.B. Mädchen und Frauen mit Behinderungen, die nicht ausreichend durch die geltenden Strafgesetze geschützt sind, erfasst.

Gesetzesentwurf steht zudem im Widerspruch zur sogenannten Istanbul-Konvention

Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘. Foto: Leopold Achilles
Demonstration unter dem Motto: ‚Da hört der Spaß auf! Nein zu sexueller Gewalt‘.

Der neue Gesetzesentwurf steht zudem nach wie vor im Widerspruch zur sogenannten Istanbul-Konvention („Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“) und zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Aus ihnen ergibt sich, dass alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen strafrechtlich verfolgt werden müssen.

„Es ist nicht zu verstehen, dass Deutschland die seit August 2014 geltende Konvention zwar bereits 2011 unterzeichnete, aber bis heute nicht ratifiziert hat – ein Schritt, den bereits rund die Hälfte der Mitgliedsstaaten des Europarates gegangen ist“, betont auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Damit bleibt Deutschland deutlich hinter der europäischen Rechtsprechung in einem elementaren Bereich der Menschenrechte zurück „Es ist höchste Zeit, dass Frauen in Deutschland vor sexualisierter Gewalt geschützt werden“, so der OB.

Vor diesem Hintergrund soll Rat der Stadt Dortmund beschließen, dass die Funktionsträger und Vertreter der gesetzgebenden Institutionen aufgefordert werden, sich für die Ratifizierung der sog. „Istanbul-Konvention“ und deren vollständige Umsetzung durch entsprechende Gesetze zur Anpassung des Sexualstrafrechts auf Bundesebene einzusetzen.

Mehr zur Demonstration auf nordstadtblogger.de:

https://www.nordstadtblogger.de/41431

 

 

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Reaktionen

  1. Frauen Union der CDU Dortmund

    „Nicht erst seit den Silvesterangriffen in Köln und auch anderswo wird deutlich, dass eine gesetzliche Grundlage fehlt, um sexuelle Gewalt in jeder Form zu sanktionieren. Wir von der Frauen Union Dortmund freuen uns deshalb sehr, dass dem Rat der Stadt Dortmund am 17. März eine Resolution zur Abstimmung vorliegt, in der es darum geht, bestehende Gesetzeslücken zu schließen“, freut sich Justine Grollmann, Vorsitzende der Frauen Union Dortmund.

    „Nein heißt Nein“ ist das Motto, das der Resolution voransteht. „Der Gesetzgeber muss endlich umsetzen, was die Frauenverbände schon lange fordern“, so Grollmann weiter. Die sexuelle Selbstbestimmung kann und sollte nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich das Opfer auch gegenüber dem Täter wehrt.

    „Es ist … dringend erforderlich, dass nicht das Verhalten des Opfers für die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung entscheidend ist, sondern allein das Verhalten des Täters“, heißt es weiter in der abzustimmenden Resolution, die den derzeit in der Abstimmung befindlichen Gesetzesentwurf zur Änderung des §179 StGB teils für gut befindet, aber eben nicht für weitreichend genug, denn er entspricht immer noch nicht der sog. „Istanbul-Konvention“, dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt.

    Die Resolution, die von OB Sierau auf den Weg in den Rat gebracht wird, soll dann an Bundestag, Bundesrat und Landesregierung etc. weitergereicht werden.

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