Radeberger-Gruppe will Millionen in der Nordstadt investieren – BV zeigt wenig Begeisterung für das riesige Hochregallager

Noch höher als die Brauerei und weithin sichtbar wird das neue Hochregallager sein. Archivbild: Klaus Hartmann

Die gute Nachricht: Die Radeberger-Gruppe will Millionen in ihre Brauereianlagen in Dortmund investieren und somit die rund 500 Arbeitsplätze sichern. Die schlechte Nachricht: Ein Hochregallager soll an der Glückaufstraße entstehen – es ist die Voraussetzung für die Investitionen und die Sicherung des Standortes. Doch die meisten BezirksvertreterInnen in der Nordstadt sind von der Gestaltung des massiven Baukörpers nicht begeistert.

Der riesige Baukörper an der Glückaufstraße wird von weither sichtbar sein

Mit einer Farbgestaltung soll die Höhe und Wucht des Baukörpers abgemildert werden.
Mit einer Farbgestaltung soll die Höhe und Wucht des Baukörpers abgemildert werden.

Schon im Zuge der Dringlichkeit war das Projekt auf den Weg gebracht worden. Warum die Dringlichkeit nötig war, erschloss sich vielen der KommunalpolitikerInnen nicht. Dennoch begrüßten sie die Investitionen.

Geplant ist ein 55,5 Meter breites, 65,5 Meter tiefes und 40 Meter hohes Hochregallager mit Anlieferung im Bereich der Glückaufstraße in Silobauweise mit Iso-Paneelen. Die Dachfläche soll eine extensive Begrünung erhalten. Auf Grund der Größe passt sich der Baukörper nicht in die umliegende Bebauung ein. Es wird weithin sichtbar sein. Die Radeberger-Gruppe plant, durch ein Farbkonzept die optische Höhenwirkung des Hochregallagers zu mindern.

Unisono war der Wunsch, dass sich der Gestaltungsbeirat dem Projekt annimmt. Doch mehr als Empfehlungen kann das Gremium nicht abgeben. Dorian Marius Vornweg (CDU) hat damit kein Problem. „Das ist ein Gewerbegebiet – da wird nicht immer ästhetisch gebaut“, betont der stellvertretende Bezirksbürgermeister der Nordstadt.

„Die AnwohnerInnen werden sich freuen, im Schatten dieses Trümmers zu leben“

Die Zusammenlegung von Brinkhoffs und DAB in der Nordstadt gelang ohne betriebsbedingte Kündigungen.
Die Logistik stellt das Hauptproblem am Brauereistandort in der Nordstadt dar. Foto: Alex Völkel

„Das Areal ist zwar ein Gewerbegebiet. Aber daneben ist ein Wohngebiet. Und die AnwohnerInnen werden sich freuen, am Vormittag im Schatten dieses Trümmers zu leben“, betont Cornelia Wimmer (Linke & Piraten).  Auch andere als „diese Lieblosigkeit“ sei machbar und notwenig.

„Das Gebäude wird so hoch wie der Hannibal an der Bornstraße und halb so hoch wieder RWE-Tower“, bemühte die Linken-Politikerin die Vorstellungskraft der BV-Mitglieder, um ein Gefühl für die Größe des Baukörpers zu wecken.

„Das kommt nicht oft vor, aber da bin da ganz bei Frau Wimmer. Auch Gewerbegebiete brauchen eine vernünftige Gestaltung. Das geht auch alles anders“, betont Bezirksbürgermeister Dr. Ludwig Jörder (SPD). „Streifen reicht mir auch nicht für die Zigarrenkiste. Da wären meine Ansprüche höher.“  Ob die Beratung im Gestaltungsbeirat etwas nutze, da ist sich Jörder nicht sicher. Denn das neue DOKOM21-Rechnenzentrum war auch in dem Gremium – und die wenig ansehnliche Fassade ist hoch umstritten. Versuchen solle man es aber auf jeden Fall.

Dafür plädierte auch Andreas Urbanek (AfD). „Es ist gut, das in den Beirat zu geben. Wir müssen sehen, ob man es erträglich gestalten kann. Schließlich ist die Wohnbebauung in der Nähe. Und die ist über die Streifenkiste sicher nicht begeistert.“

Die bisherige „Abwicklung ist ökologisch und ökonomisch eine Katastrophe“

Die Investitionen selbst werden jedoch von allen Parteien begrüßt. Sie sind wirtschaftlich notwendig. Denn über den Standort der Dortmunder Actien-Brauerei wird mehr als 90 Prozent des Export- und Dosenvolumens der Radeberger-Gruppe abgewickelt. Sie macht zudem 40 Prozent vom Gesamtabsatz des Dortmunder Standortes aus.

Das Export- und Dosenverkaufsvolumen steigt seit Jahren kontinuierlich an, während der Inlandsabsatz Mehrweg eher stagniert. Auf Grund der jeweiligen Länderspezifika (Sprache, Deklarationsanforderungen etc.) ergibt sich eine große Produktbreite. Diese verbunden mit exportbetriebenen anderen logistischen Vorlaufzeiten führt speziell bei Exportartikeln zu einer längeren Lagerverweildauer und somit zu einer erhöhten Anforderung an Vollgutlagerflächen.

Aktuell reicht die vorhandene Vollgutlagerfläche am Standort Dortmunder Actien-Brauerei nicht aus, so dass ein Großteil der Ware direkt nach Abfüllung in zwei von Dienstleisterbetrieben angemieteten Außenläger in Dortmund Brackel und das hessische Flieden abtransportiert werden muss. „Diese Abwicklung ist ökologisch und ökonomisch eine Katastrophe“, heißt es dazu vom Unternehmen.

Hochregallager ist die Voraussetzung für die millionenschweren Zukunftsinvestitionen

Nun ergibt sich eine geänderte Ausgangslage, da die Radeberger Gruppe in den nächsten drei Jahren, die für das Einweg- und Dosengeschäft eingesetzten Abfüllanlagen in Dortmund ersetzen muss, da sie am Ende ihrer wirtschaftlichen Laufzeit angekommen sind.

Dieser Ersatz wird nur am Standort Dortmund vorgenommen werden, wenn die unbefriedigende Lagersituation geändert und das Geschäft für die nächsten 20 Jahre (Laufzeit der Anlagen), wirtschaftlich betrieben werden kann. Die aktuell fehlende Lagerfläche kann durch den Bau des geplanten Hochregallagers geschaffen werden, um so den Standort auch für die Zukunft wirtschaftlich aufzustellen und das ökologisch nachteilige Doppelhandling vermeiden.

Mit einer Farbgestaltung soll die Höhe und Wucht des Baukörpers abgemildert werden.
Mit einer Farbgestaltung soll die Höhe und Wucht des Baukörpers abgemildert werden.
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Reaktionen

  1. Sabine Schwalbert

    An dem Standort gibt es weder eine gute Verkehrsanbindung noch Ausbaureserven, und Anwohnerklagen sind vorprogrammiert. Lässt sich denn kein besserer Standort im Dortmunder Norden finden?

  2. Schamesröte

    WTF?!?! Im 70 Meter hohen U-Turm wurden und werden als Leuchtturmprojekt an die 50 Millionen versenkt, weil man ihn als „Wahrzeichen“ erhalten „muss“ und ein 40 Meter hoher Neubau der Brauerei wird als „Trümmer“ bezeichnet?
    Unternehmen versickern millionen Tonnen Umweltgifte in die Stadt? Gut. Muss man verhindern.
    Die Leute werden krank durch Industrie- und Verkehrslärm? Naja, die Schönen und Reichen klagen sich auch da wo der Verkehr vorher da war mal geschmeidig Tempolimits herbei die zu mehr Stau führen und bei ungünstigsten Betriebsbedingungen der Motoren noch mehr schlecht verbrannte Abgase in die Luft gepustet werden – die Anwohner von Mallinkrodt- und Bornstraße werden auch wenn es keiner wahrhaben will ebenso lärmkrank wie die Anwohner der anderen Hauptstrassen der Stadt.

    Aber „im Schatten dieses Trümmers zu leben“ dürfte (besonders angesichts sonstiger schlimmer Bauwerkssünden in der Stadt) ganz sicher keine „optisch indizierte Massendepression“ auslösen. Ungesunden Brechreiz löst indes lediglich der Umstand aus, wie Dortmund instiktiv in den Verteidigungsmodus schaltet. Man hat aus dem Umstand, dass man jahrelang zigtausende Arbeitsplätze an den Kreis Unna verschenkt hat, insbesondere nach Bönen, wohl nur sehr beschränkt gelernt.

    Also mal 83 Jahre geschmeidig bleiben, Arbeitsplätze die nicht milliardenschwere Umweltschäden im Boden versickern lassen sichern und abwarten, ob dann nicht das Hochregallager das „neue U“ der Nordstadt geworden ist. Vielleicht basteln sie ja auch ein drehendes „R“ drauf. Und nicht ärgern, wenn’s nicht ganz so schön wird wie die oberirdischen Prachtbauten der architektonischen Hochzeit der Zechen.

    @Sabine
    „An dem Standort gibt es weder eine gute Verkehrsanbindung noch Ausbaureserven, und Anwohnerklagen sind vorprogrammiert. Lässt sich denn kein besserer Standort im Dortmunder Norden finden?“

    Die gesamte Anlage könnte ja mit auf die Westfalenhütte ziehen. Wird sie aber nicht, weil das die Brauerei garantiert nicht bezahlen wird. Für die Kosten können sie je zwei Standorte in Rumänien und Bulgarien bauen.

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