Das „Service-Center lokale Arbeit“ soll Langzeitarbeitslosen in Dortmund den beruflichen Wiedereinstieg erleichtern

Frank Neukirchen-Füsers, Thomas Westphal, Birgit Zoerner und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann bei der Übergabe des Zuwendungsbescheides Foto: Roland Gorecki
Frank Neukirchen-Füsers, Thomas Westphal, Birgit Zoerner und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann bei der Übergabe des Zuwendungsbescheides für das Pilotprojekt „Service-Center lokale Arbeit“. Foto: Roland Gorecki/ Stadt Dortmund

Von Sascha Fijneman

Es gibt ein bundesweit augenscheinliches Problem auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Trotz positiver Entwicklung und insgesamt rückläufiger Arbeitslosenquote, sind die bisherigen Bemühungen, Langzeitarbeitslose wieder auf dem normalen Arbeitsmarkt zu positionieren meist nur zeitlich begrenzte Zwischenlösungen. Diesem Umstand soll nun durch das Pilotprojekt „Service-Center lokale Arbeit“ Abhilfe geschaffen werden.

Die Stadt Dortmund erhält nun Mittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro vom Land NRW

Die Zahl der Arbeitslosen in Dortmund im August 2017 im Vergleich mit den Vorjahreszahlen.
Die Zahl der Arbeitslosen in Dortmund im August 2017 im Vergleich mit den Vorjahreszahlen.

Anlässlich der Übergabe des Zuwendungsbescheides des Landes NRW an die Stadt Dortmund standen Arbeitsminister des Landes Karl-Josef Laumann, Sozialdezernentin Birgit Zoerner, Wirtschaftsförderer  Thomas Westphal und weitere VertreterInnen der verschiedenen in die Abwicklung des Projektes eingebundenen Behörden und Institutionen Rede und Antwort.

Durch den Zuwendungsbescheid erhält die Stadt nun Mittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Mit diesem Geld sollen insgesamt 210 Langzeitarbeitslose in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. Die Auswahl der TeilnehmerInnen erfolgt durch das „Service Center lokale Arbeit“ in enger Zusammenarbeit mit dem Jobcenter. Coaching und Qualifizierung übernehmen externe Träger.

Rückläufige Arbeitslosenquote aber steigende Anzahl von Langzeitarbeitslosen

In Dortmund sind aktuell circa 35.000 Menschen arbeitslos gemeldet, von denen etwa 45 Prozent, also knapp die Hälfte, als Langzeitarbeitslos gilt. Die Stadt verzeichnete im letzten Jahr einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen um 3,9 Prozent und liegt damit über dem Landesdurchschnitt, der bei etwa 3,6 Prozent liegt.

„Das Problem manifestiert sich im Bereich der Langzeitarbeitslosen. Hier verzeichnet Dortmund einen deutlichen Zuwachs von rund 9 Prozent und liegt damit um einiges höher als der Landesdurchschnittswert. Dieser beträgt circa 5,4 Prozent“, erläutert Laumann.

Karl-Josef Laumann ist von der Idee des „Service Center lokale Arbeit“ überzeugt

An der Steinstraße in der Nordstadt in ist die Zentrale von Agentur für Arbeit und Jobcenter in Dortmund.
An der Steinstraße in der Nordstadt in ist die Zentrale von Agentur für Arbeit und Jobcenter in Dortmund.

Für Karl-Josef Laumann ist das Programm ein wichtiger und besonderer Schritt auf dem Weg der Integration von Langzeitarbeitslosen in den normalen Arbeitsmarkt, denn es unterscheidet sich deutlich von bisherigen Initiativen auf diesem Gebiet.

Diese hätten laut Laumann bisher immer in sogenannten Schutzräumen stattgefunden, die vom eigentlichen offenen Arbeitsmarkt so gut wie abgeschottet waren. So sollte verhindert werden, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse durch soziale Teilhabe blockiert würden.

Daraus resultierte, dass der Weg zur Übernahme in eine Festanstellung für den Großteil der TeilnehmerInnen der jeweiligen Maßnahmen äußerst schwer oder gar unmöglich war. Hinzu kamen zeitliche Begrenzungen der Förderprogramme, die den KundInnen letztendlich keine wirkliche Zukunftsperspektive boten.

Als Langzeitarbeitslose gelten im Sinne des Förderprogramms Personen, die seit mindestens vier Jahren ohne festes Arbeitsverhältnis leben. In Dortmund würde dies auf circa 5000 bis 6000 Personen zutreffen, die somit rein theoretisch Anspruch auf Teilhabe am Projekt haben.

Eine echte Chance, sich aus dem Leistungsbezug der Sozialbehörden zu befreien

Frank Neukirchen-Füsers (Geschäftsführer Jobcenter Dortmund)
Frank Neukirchen-Füsers ist Geschäftsführer des Jobcenters in Dortmund.

Der „Service Center lokale Arbeit“ soll die Betroffenen nun direkt in den normalen Arbeitsmarkt überführen. Langzeitarbeitslose sollen in den Betrieben mit alteingesessenen Festangestellten zusammengeführt werden.

Die Passivleistungen, die Hartz IV Bezieher in Form von Miete, Nebenkosten und Lebenshaltungskosten erhalten, werden nun durch selbst erwirtschaftete Aktivleistungen ersetzt. Sozialleistungen werden zu Arbeitsentgelten. Außerdem sollen die TeilnehmerInnen begleitend sozialpädagogisch betreut und beraten werden.

„Dies führt bei vielen Langzeitarbeitslosen schnell zu einem gesteigerten Selbstwertgefühl und Motivationsschüben, denn wer möchte sich nicht gerne aus dem Leistungsbezug der Sozialbehörden befreien“, so Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer des JobCenter Dortmund.

Er betont weiter, dass die Vorbehalte vieler Arbeitgeber gegenüber Langzeitarbeitslosen in Bezug auf Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Kontinuität in den meisten Fällen völlig unbegründet seien. So blühten viele Betroffene richtig auf, wenn sie das Gefühl bekämen, wieder gebraucht zu werden und etwas sinnvolles zu tun.

Betriebe können durch Teilnahme ihre Fachkräfte entlasten

Thomas Westphal, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Dortmund, strotzt vor Selbstbewusstsein.
Thomas Westphal ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Dortmund.

„Viele Firmen stellen heute fest, dass ihre Fachkräfte oftmals zeitlich durch Aufgaben gebunden sind, die eigentlich gar nicht zu ihrem Bereich gehören. Hier kann durch die Vermittlung über den „Service Center lokale Arbeit“ Entlastung geschaffen werden“, erklärt Thomas Westphal, Geschäftsführer der Dortmunder Wirtschaftsförderung.

Es handelt sich bei den Stellen um echte Arbeitsverhältnisse und nicht wie bisher in den meisten Fällen um wettbewerbsneutrale Aufgaben im öffentlichen Interesse wie Arbeitsgelegenheiten oder ähnliches.

Allgemein soll es hierbei um den geförderten Ausbau einfacher Arbeit gehen. Dafür werden einfache Tätigkeiten in für Stadt und Gesellschaft relevanten Feldern über öffentliche Vergaben definiert und Arbeitsplätze neuer einfacher Arbeit gezielt ausgebaut. Für jede Einstellung erhalten die Unternehmen 3.000 Euro als Prämie.

Teilnehmer sollen nach den jeweiligen Tarifbestimmungen bezahlt werden

An der Steinstraße in der Nordstadt in ist die Zentrale von Agentur für Arbeit und Jobcenter in Dortmund.
An der Steinstraße in der Nordstadt in ist die Zentrale von Agentur für Arbeit und Jobcenter in Dortmund.

Laut Frank Neukirchen-Füsers sind bereits 275 für das Projekt in Frage kommende Personen sehr daran interessiert und motiviert, sich mit Hilfe des Programms aus der verfestigten Arbeitslosigkeit zu befreien.

Die Teilnehmer sollen tariflich bezahlt werden. Um diesen Umstand neben den geförderten Lohnkosten für interessierte Betriebe attraktiver zu gestalten, sollen diese bei projektbezogenen Neuanstellungen einen Minderleistungsausgleich erhalten. Dies beruht auf der Tatsache, dass sich der Neuangestellte erst einmal zurecht finden muss und nicht vom ersten Tag an ein vollwertiges Produktionsmitglied ist.

„Durch die gute Kooperation zwischen Wirtschaftsförderung, Sozialverwaltung und Jobcenter konnte in Dortmund ein eng am ersten Arbeitsmarkt ausgerichtetes Modellprojekt entwickelt werden“, so Frank Neukirchen-Füsers.

Dortmunder Pilotmodell soll Vorzeigeprojekt auf Bundesebene werden

In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Dortmund, dem JobCenter Dortmund, dem Vergabe- und Beschaffungszentrum der Stadt Dortmund sowie dem „Service Center lokale Arbeit“ wird die Stadtverwaltung bei ihren zukünftigen Ausschreibungen in Einzelfällen die Teilnahme am Projekt und somit die Einstellung von Langzeitarbeitslosen als Bedingung zur Wettbewerbsteilnahme machen.

Alle Beteiligten sind gespannt, wie sich das Pilotprojekt „Service Center“ lokale Arbeit in Dortmund entwickeln wird und hoffen darauf, von Dortmund aus eine Signalwirkung auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt zu erzielen. Mit dem nun erhaltenen Zuwendungsbescheid des Landes sollte dem nichts mehr im Wege stehen.

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