DGB-Appell: ArbeitnehmerInnen haben die Wahl und sie ist wichtiger denn je – Betriebsratswahlen bis Ende Mai

Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende in Dortmund; Petra Vogel, Betriebsrätin; Manfred Sträter, Sekretär NGG
(v.l.) Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende in Dortmund; Petra Vogel, Betriebsrätin; Manfred Sträter, Sekretär der NGG.

Gerd Wüsthoff (Text) und Carmen Körner (Fotos)

Ein Betriebsrat kann in jedem Betrieb ab mindestens fünf ständig beschäftigten ArbeitnehmerInnen gewählt werden. Die gesetzlichen Bestimmungen für die Betriebsratswahl sind in den §§ 7 bis 20 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) sowie in der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (§§ 1-37 WO) zu finden. Die Betriebsratswahl-Wahl steht dabei unter einem besonderen Schutz. Niemand darf die Betriebsratswahl und ihren Ablauf behindern oder verbieten (§ 20 BetrVG). Die Amtszeit eines Betriebsrats dauert regulär vier Jahre. Aktuell finden, wie immer regelmäßig alle vier Jahre, die Betriebsratswahlen zwischen dem 1. März und dem 31. Mai statt.

Betriebsratswahlen und warum ein Engagement dafür  so wichtig ist

Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende Dortmunds.
Jutta Reiter, DGB Dortmund-Vorsitzende

Die Betriebsratswahlen selber müssen innerhalb von 14 Tagen in einem Betrieb abgehalten werden. Dabei wird zwischen dem aktiven und passiven Wahlrecht unterschieden „Das passive Wahlrecht haben alle Arbeitnehmer inne, die auch das aktive Wahlrecht besitzen, vorausgesetzt sie sind 18 Jahre alt und gehören seit mindestens sechs Monaten dem Betrieb an“, bringt Jutta Reiter, Vorsitzende des DGB Dortmund, das Wahlrecht auf den Punkt.

Manfred Sträter, Sekretär des NGG (Nahrung Genuss Gaststätten), berichtet von seinen positiven und negativen Erfahrungen aus der Lebensmittelindustrie und dem Gaststättengewerbe. Insbesondere den Schwierigkeiten aus der Systemgastronomie. In diesem Zusammenhang erwähnt Sträter den Fall zur Betriebsratswahl bei Burger King in Dortmund Eving. „Wir konnten die mit der Betriebsratsgründung und Wahl des Betriebsrates Gekündigten wieder auf ihren Arbeitsplatz bringen“, sagt Sträter nicht ohne Stolz auf den Erfolg der Bemühungen.

Petra Vogel, Betriebsrätin, und 16 Jahre bei einem Serviceunternehmen in einem Krankenhaus, erklärt ihre Arbeit als freigestellte Betriebsrätin. „Ich mache mich ehrlich, natürlich kämpfe ich im Betriebsrat auch für mich, aber wichtiger ist dabei, dass meine KollegInnen davon profitieren“, erklärt Vogel ihre Motivation, und fügt hinzu: „Je mehr im Betriebsrat organisiert sind, desto bessere Chancen hat der Einzelne, gehört zu werden, und Ziele können besser durchgesetzt werden. So konnten wir das ursprüngliche Outscourcen für unseren Servicebetrieb wieder Rückgängig machen!“

Befristete Arbeitsverträge und Mindestlohn

Der DGB und seine Einzelgewerkschaften kämpfen durch ihre Arbeit, bei den Tarifverträgen, und durch die Betriebsräte z.B. gegen die Praxis der befristeten Verträge. „Da werden Unternehmensteils outgescourced, und die langjährigen Mitarbeiter haben plötzlich nur befristete Verträge oder lange Probearbeitszeiten“, erklärt Vogel.

„Sachgrundlos befristete Arbeitsverträge machen grundsätzlich aus den Arbeitnehmern solche einer zweiten Kasse, denn sie erhalten auf Grund der Befristung z.B. schlechter Wohnraum, einen Kredit bei der Bank, können im Grunde keine Familienplanungen machen, u.ä. mehr“, sagt Reiter dazu.

„Natürlich stehen Arbeitnehmer mit einem befristeten Vertrag unter einem besonders hohen Druck“, fügt Sträter den Ausführungen von Reiter hinzu. „Wir sehen das immer wieder, wenn Unternehmensteile ausgegliedert werden. Aber auch bei den Neueinstellungen.“

Verhinderungen von Betriebsräten und den Wahlen durch Arbeitgeber

DGB Handbuch zur Betriebsratwahl und Aufstellung
DGB Handbuch zur Betriebsratswahl und Aufstellung (Quelle DGB).

Es gibt einige Arbeitgeber die mit allen Mitteln versuchen, die Gründung eines Betriebsrates und die nötigen Wahlen zu verhindern. „Hier kommt es auch schon mal zu sogenannten Sonderzahlungen, welche dann Initiatoren zu einem Betriebsrat ausfallen lassen“, berichtet Vogel.

„Es werden gerade in der Systemgastronomie Drohkulissen durch die Arbeitgeber aufgebaut, die dadurch einen Betriebsrat verhindern wollen“, resümiert Sträter. „Einige Arbeitgeber gehen dann im letzten Versuch hin und fechten sogar die Wahlen an“, sagt Sträter. „Dazu zweifeln sie den Verschluss der Wahlumschläge an. Oder die Ordnungsmäßigkeit der Wahlurnen. Letztendlich ist es aber ein Protest, welcher zu Lasten des Arbeitgebers geht, denn er muss die Wahlen bezahlen wie die freigestellten Betriebsräte ihr Gehalt bekommen.“

„Gerne bemühen die Arbeitgeber auf Arbeits-/Arbeitgeberrecht und Betriebsrat-Verhinderungen spezialisierte Anwälte, wie u.a. die Kanzleien Naujocks oder Schreiber & Partner. Diese Kanzleien werben offensiv mit ihren Strategien auf ihren Homepages“, erklärt Reiter mit leicht frustriertem Ton.

Die Wichtigkeit von Betriebsräten für Unternehmensklima und Gewinne

Sträter, Vogel und Reiter beschreiben einstimmig, wie sehr ein Betriebsrat zur Verbesserung des Arbeitsklimas in einem Unternehmen beiträgt, weil er für eine bessere Mitarbeiterbindung, geringere Krankenstände, bessere Leistungen für die Arbeitnehmer und zur Überraschung von Arbeitgebern für mehr Innovationen und höhere Gewinnerträge in den Betrieben sorgt.

„Angstklima und Drohkulissen führen zu höherer Fluktuation und Unproduktivität in den Unternehmen“, sagt Reiter. Auf die Frage, ob die gewerkschaftliche Organisierung der Arbeitnehmer und ein Betriebsrat die Gewinne steigern würden, antwortete Reiter mit einem schlichten: „Ja, absolut!“

Für einige Arbeitgeber sind Betriebsräte nach den Ausführungen und Erfahrungen der GewerkschafterInnen ein rotes Tuch. Doch schneiden sie sich selber ohne Betriebsrat da, wo es am Meisten schmerzt – in die Gewinne ihrer Unternehmen.

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Reaktionen

  1. AfA-Unterbezirk Dortmund

    Aufruf der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmer*innenfragen (AfA) innerhalb der SPD:
    Unser Land braucht starke Betriebsräte!

    In der Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2018 sind alle Beschäftigten in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmer*innen aufgerufen, einen Betriebsrat zu wählen.

    Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmer*innenfragen der SPD Dortmund ruft alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu auf, sich an diesen Betriebsratswahlen aktiv zu beteiligen und von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ob im großen Industriebetrieb, im mittelständischen Gewerbe oder im Handwerksbetrieb und Dienstleistungsunternehmen – die Betriebsräte sorgen dafür, dass die Interessen der Belegschaften gewahrt bleiben.
    Für die SPD ist die betriebliche Mitbestimmung ein zentraler Grundpfeiler unserer sozialen Wirtschaftsordnung. Sie ist Voraussetzung für unsere Zielsetzung der weiteren Demokratisierung der Wirtschaft.

    Demographische Entwicklung, technologischer Wandel, Digitalisierung und viele weitere Veränderungen in der Arbeitswelt stellen Belegschaften und Betriebsräte immer wieder vor große und neue Herausforderungen. Globale Wirtschafts-strukturen verstärken den Druck auf Unternehmen und Belegschaften. Nur mit Guter Arbeit, fairer Entlohnung, mit hoher Produktivität, innovativen Produkten können gute Jobs und gute Entgelte, kann die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten werden, nicht in einem Wettlauf um immer schlechtere Arbeitsbedingungen und immer niedrigere Löhne.

    „Betriebsräte übernehmen eine hohe Verantwortung für die Kolleginnen und Kollegen, die Arbeitsplätze, für den Betrieb und das ganze Unternehmen. Dieser Arbeit gilt unsere Hochachtung und unsere Anerkennung.“ So Ulrich Piechota Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in Dortmund

    Unter sozialdemokratischen Regierungen sind die Rechte der Betriebsräte erweitert worden. Unser Grundsatz gilt, dass die arbeitenden Menschen das Recht haben müssen, über die Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz, im Betrieb und Unternehmen mitbestimmen zu können. Die ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt erfordern kompetente Verfechterinnen und Verfechter von Arbeitnehmerrechten. Dass Gewerkschaften und Betriebsräte über diese Kompetenzen verfügen, haben sie immer wieder unter Beweis gestellt. Ohne Mitbestimmung und starke, aktive Betriebsräte ist unser Sozialstaat weder möglich noch denkbar. Die Behinderung von Betriebsratsarbeit ist daher kein Kavaliersdelikt!

    Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmer*innenfragen fordert: Kein betriebsratsfähiger Betrieb ohne Betriebsrat.

    Die SPD bittet alle wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in den
    nächsten Wochen die Betriebsratswahlen aktiv zu unterstützen, vom Wahlrecht
    Gebrauch zu machen und die Vorschläge der DGB-Gewerkschaften bei den Betriebsratswahlen zu unterstützen.

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