Polizei wird die Route des Neonazi-Aufmarschs nicht nennen – mehrere Stadtteile und zehntausende Menschen betroffen

Mehrere tausend Beamte werden am Samstag beim Neonaziaufmarsch im Einsatz sein. Archivbilder: Alex Völkel
Mehrere tausend Beamte werden am Samstag im Einsatz sein – massive Behinderungen sind zu erwarten.

Beim sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ am kommenden Samstag wird ein Aufmarsch von bis zu 1000 Neonazis in Dortmund erwartet. Sie wollen gegen „Überfremdung“, Migranten und Flüchtlinge hetzen. Dies dürfen sie – wie berichtet – nicht wie geplant in der Nordstadt tun. Doch über den kooperierte Route schweigt die Polizei sich weiter aus. Sie teilt nur mit, dass der Aufmarsch im Außenbereich stattfinden wird.

Polizei befürchtet zusätzliche Gefahren durch frühzeitiges Bekanntgeben

Durch die frühzeitige Ankündigung der Route konnten im Jahr 2008 Passierscheine an Hochzeitsgäste ausgegeben werden.
Durch die frühzeitige Ankündigung 2008 konnten Passierscheine an Hochzeitsgäste ausgegeben werden.

Sie befürchtet, durch ein frühzeitiges Bekanntwerden der Route könnten sich gewalttätige Gegendemonstranten frühzeitiger darauf einstellen und Vorbereitungen für Barrikaden, Blockaden oder gewaltsame Aktionen (zum Beispiel Stein-Depots) treffen.

Dass sich aber auch zehntausende Bürgerinnen und Bürger nicht oder nicht rechtzeitig darauf einstellen können, nimmt die Polizei in Kauf. „Es geht darum, den Menschen ein hohes Maß an Sicherheit zu geben und dafür zu sorgen, dass sie nicht zu Schaden kommen“, sagte Polizeipräsident Gregor Lange.

Unannehmlichkeiten müssten sie allerdings in Kauf nehmen. Bei früheren Demonstrationen allerdings waren die Route oder zumindest die durch die Demonstration betroffenen Ortsteile bekannt gemacht worden.

Späte Information nimmt BürgerInnen und Firmen Handlungsoptionen

Weil frühzeitig informiert wurde, hatte 2008 das Audi-Zentrum alle Fahrzeuge vom Außengelände abholen lassen. Das ginge dieses Mal nicht mehr.
Weil frühzeitig informiert wurde, hatte 2008 das Audi-Zentrum alle Fahrzeuge vom Außengelände geholt.

Dann konnten beispielsweise private Wohnungsumzüge oder Feiern verlegt, Hochzeiten mit der Polizei abgesprochen oder auch Geschäfte wie Supermärkte, Tankstellen oder Gastronomiebetriebe durch die EigentümerInnen geschlossen werden – Kundschaft hätte eh kaum kommen können.

Ganze Stadtteile waren in den vergangenen Jahren im Ausnahmezustand – die Bewegungsfreiheit der Menschen wurde massiv eingeschränkt. Betroffen seien können davon auch Pflegedienste und pflegende Angehörige. Im Fall der Fälle  – bei problematischeren Lagen – werden nur Krankenwagen durchgelassen.

Wegen zu erwartender Gewaltausbrüche hatte 2008 beispielsweise das Audi-Zentrum am früheren Standort am Körner Hellweg alle Fahrzeuge vom Außengelände abgeholt, um Sachschäden vorbeugen zu können.

Solche präventiven Aktionen werden dieses Mal  wegen der polizeilichen (Nicht-) Informationspolitik kaum möglich sein, obwohl die Polizei gewalttätige Demonstrationsteilnehmern von links und rechts erwartet.

Um den Bürgerinnen und Bürgern dennoch entgegen zu kommen, will die Polizei am Freitag 20.000 Handzettel verteilen, um zumindest die direkt betroffenen AnwohnerInnen zu informieren.

Kein Rundkurs – mehrere Ortsteile betroffen

Auch wenn die Polizeiführung nicht ins Detail ging, kündigte sie an, dass es keinen Rundkurs geben werde. Dann wären Auftakt und Ende am selben Ort – das betroffene Gebiet wäre über Stunden abgeriegelt worden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nun erneut mehrere Ortsteile betroffen sein werden.

Üblicherweise starten und enden solche Aufmärsche im Bereich einer S-Bahn-Station. Die Neonazis haben verkündet, „dass mit der Polizei eine mehrere Kilometer lange Aufzugstrecke kooperiert wurde, die – aus Sicht der Veranstalter – zufriedenstellend ist und eine große, öffentliche Wahrnehmung bietet.“

Die Polizei bewertet die Lage anders: Demo-Anmelder Michael Brück könne nicht zufrieden sein. Denn er habe sein Ziel, durch die Nordstadt zu ziehen, nicht erreicht, so Lange. Ihr Ziel, „ihre hasserfüllten Parolen in die Nordstadt zu tragen“ und Migranten zu diskreditieren, sei erfolgreich verhindert worden.

Auf die Nachfrage, ob dann auch beispielsweise Westerfilde als Ort der Demo herausfalle – die Parameter sind ähnlich zur Nordstadt und die Neonazis hetzen hier regelmäßig gegen die „Überfremdung“ und den Zuzug von Roma – wich Lange aus. Es gebe keinen der Nordstadt vergleichbaren Ortsteil.

Auflagenbescheid verbietet Volksverhetzern das Reden – Klage anhängig

Polizeidirektor Dieter Keil und Polizeipräsident Gregor Lange. Foto: Klaus Hartmann
Polizeidirektor Dieter Keil und Polizeipräsident Gregor Lange. Foto: Klaus Hartmann

Außerdem habe die Polizei erneut einen strengen Auflagenbescheid erlassen. Darin wird unter anderem aggressives Skandieren von Parolen untersagt. So sind Äußerungen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ oder Verhöhnen von Opfern von Nazi-Gewalttaten wie Anne Frank, Punker Thomas „Schmuddel“ Schulz und NSU-Opfer Mehmet Kubasik untersagt, unterstrich Lange.

Diese Auflagen hat Brück offenbar geschluckt. Er ist als Anmelder nun wieder in der Pflicht, das Skandieren solcher Parolen zu verhindern. „Sonst geht das in den strafbaren Verweis – die Verantwortung ist ganz klar zugewiesen“, so Lange.

Geklagt hat Brück allerdings gegen die Auflage, dass keine Redner auftreten dürfen, die jüngst wegen Volksverhetzung verurteilt worden sind. Dies würde einen Großteil der geplanten Redner betreffen. Eine Entscheidung dazu ist noch vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen anhängig.

Polizei begrüßt friedlichen und demokratischen Protest – Blockaden werden nicht toleriert

CSD-Teilnehmer und Antifaschisten protestierten gegen Neonazis.
Viele autonome Antifaschisten werden Samstag in Dortmund erwartet. Archivbilder (5): Alex Völkel

„Ich begrüße ausdrücklich, dass es einen friedlichen und demokratischen Protest geben soll. Der wird begrüßt und geschützt. Um gegen Verfassungsfeinde aufzubegehren, werden wir alle Möglichkeiten nutzen, dass zu unterstützen“, so Lange, wenn dies demokratischen Spielregeln gemäß und gewaltfrei erfolge.

„Beim Gegenprotest ist die Zahl schwer abschätzen“, so Lange. Er geht aber mindestens von vierstelligen Zahlen aus dem linksautonomen Bereich aus. „Wir hoffen, dass mindestens so viele Demokraten auf die Straßen gehen“, so Lange. In den kommenden Tagen werden mehrere Bündnisse ihre Aktivitäten vorstellen.

Vorsorglich machte er aber gleich deutlich, dass BlockadeteilnehmerInnen „nicht von der Polizei kriminalisiert, sondern vom Versammlungsgesetz unter Strafe gestellt“ würden. Es obliege nicht einer Polizeibehörde, dem nachzugehen oder nicht. Im Klartext: Die Polizei wird keine Blockaden dulden und mit allen Mitteln den Weg freimachen.

Kunstaktion: Androhung der Strafverfolgung für BlockadeteilnehmerInnen

Die Spiegelblockade steht - das Training mit 200 TeilnehmerInnen war eindrucksvoll.
Die Spiegelblockade wird von der Polizei nur begrüßt, wenn sie keine Blockade darstellt.

Als versteckte Drohung an die Schulen könnten daher Äußerungen von Lange an mögliche TeilnehmerInnen der Aktion „Spiegelblockade“ verstanden werden. Diese Kunstaktion begrüßte Lange zwar. Sie sei eine legitime Form des Protests. Polizeidirektor dieter Keil zog aber gleich eine rote Linie: „Wir gehen nicht davon aus, dass die Würfel zur Blockade genutzt werden, sondern als künstlerisches Zeichen.“

Er verwies daher darauf, dass Kinder und Jugendliche nur unter Aufsicht der Eltern und Lehrer damit hantieren sollten und der „Protest in einer Art und Weise ohne Eigengefährdung und unter Begehung von Straftaten“ zu erfolgen habe.

Um dies zu untermauern, hat das Polizeipräsidium über die Bezirksregierung die beteiligten SchulleiterInnen bzw. LehrerInnen eingeladen, um „ihnen beratend zur Verfügung zu stehen“. Bei einer Veranstaltung vor einer Woche beim Arbeitskreis „Christen gegen Rechtsextremismus“ hatte das noch etwas anders geklungen.

Dort hatte zudem Michael Eickhoff, der mitverantwortliche Chefdramaturg des Dortmunder Schauspiels, darauf hingewiesen, dass die Verantwortlichen allen Spiegelblockierern dringend anraten würden, bereits der ersten polizeilichen Aufforderung, die Blockade zu verlassen, nachzukommen.

Dabei erfolgt eine mögliche polizeiliche Räumung sowieso erst nach der dritten Aufforderung, nach Einschätzung der konkreten Sachlage und auch nur nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

Hier gibt es einen fast einstündigen Teilmitschnitt der Pressekonferenz als Video:
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Reaktionen

  1. LINKE NRW

    Informationsblockade der Dortmunder Polizei spielt Nazis in die Hände

    Am 4. Juni wollen Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet in Dortmund den selbsternannten „Tag der deutschen Zukunft“ begehen. Die Dortmunder Polizei verweigert allerdings jegliche Information darüber, wo genau der Marsch der Nazis stattfinden wird.

    „Diese Informationsblockade spielt den Nazis in die Hände, denn sie können sich offenbar darauf verlassen, dass die Polizei ihre Demonstration von Protesten gänzlich abschirmt,“ so Azad Tarhan, Sprecher für antifaschistische Politik der Partei Die Linke in NRW. Eine solch enge Kooperation zwischen Nazis und der Polizei sei unüblich und gerade in Dortmund, wo es eine aktive Nazi-Szene gäbe, eine Schande für die Demokratie.

    „Normalerweise sind die Routen der Nazis frühzeitig bekannt, sodass Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten ihr demokratisches Recht auf Protest in Hör- und Sichtweite ausüben können. Dieses Recht wird ihnen durch die Dortmunder Polizei bisher verwehrt.“ Begründet werde dies vom Polizeipräsidenten durch die angebliche Gefahrenlage, die von den Protesten ausgehe.

    Tarhan weiter: „Polizeipräsident Lange verdreht hier wissentlich die Tatsachen. Nicht von den Menschen, die gegen Nazis demonstrieren geht Gefahr aus, sondern von den Neofaschisten und Rassisten, die sich Dortmunds Straßen bemächtigen wollen. Gerade in Deutschland ist es die Pflicht Aller, sich lautstark gegen Nazis und den grassierenden Rassismus zu Wort zu melden. Wir Linke sind daher solidarisch mit allen, die dies am 4. Juni tun, ob durch Demonstrationen oder Blockadeversuche. Wenn Lange diesen legitimen Protest mit seiner Informationsblockade weiter untergräbt, macht er sich mitschuldig an der unwidersprochenen Verbreitung rassistischen Gedankenguts.“ Es sei absurd, aber durch Langes unkooperatives Verhalten werde die Polizei, die im Grunde für öffentliche Sicherheit und Ordnung sorgen soll, zum Vollstreckungsgehilfen für gewaltbereite Nazis, so Tarhan abschließend.

    Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat der Dortmunder Polizeibehörde in einem aktuellen Urteil attestiert, bereits 2010 mit einer unbelegten „Gefahrenprognose“ rechtswidrig eine antifaschistische Demonstration gegen einen Naziaufmarsch verhindert zu haben. Das darf sich am Samstag nicht wiederholen. Der Dortmunder Polizeibehörde liegt mindestens eine Anmeldung für eine Kundgebung gegen den Nazi-Aufmarsch am 4.6. vor, die in Ruf- und Sichtweise der Naziroute stattfinden soll.

    Die Linke NRW fordert Polizeipräsident Lange auf, den Anmeldern dieser Demonstration und der Öffentlichkeit unverzüglich mitzuteilen, wo die Nazis demonstrieren werden.

  2. IGM Dortmund

    IG Metall ruft zur Teilnahme an der friedlichen Protestveranstaltung gegen den Nazi-Aufmarsch in Dortmund am 4. Juni 2016 auf

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Delegiertenversammlung der IG Metall Dortmund hat in ihrer letzten Zusammenkunft die beigefügte Resolution beschlossen. Ähnlich lautende Resolutionen wurden in den Betriebsversammlungen der thyssenkrupp Steel Europe AG sowie der Niederlassung Dortmund der Siemens AG beschlossen.

    Unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ hat die Nazi-Szene zu einer bundesweiten Kundgebung aufgerufen. Die Dortmunder Metallerinnen und Metaller sind der Meinung, dass 185 Todesopfer, davon allein 5 in Dortmund, in Folge der nazistischen Ideologie, Gewalt und Bedrohung genug sind. Die Delegierten empfinden den erneuten Nazi-Aufmarsch als unerträgliche Provokation.

    Deshalb rufen sie alle Demokraten und friedlichen Bürger dieser Stadt auf, sich an der Gegendemonstration „Dortmund bunt statt braun“ des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus zu beteiligen.

    Der Treffpunkt zur Gegendemonstration am Samstag, 4. Juni 2016 um 11.00 Uhr, ist am Dortmunder U / Westentor. Das Motto lautet: „Eure Zukunft endet hier! Unsere Stadt bleibt demokratisch, tolerant und weltoffen.“

  3. Linke & Piraten

    Fraktion DIE LINKE & PIRATEN hofft am 4. Juni auf rege Beteiligung: Gesicht zeigen gegen Rechts!

    Die rechtsradikale Szene in Dortmund hat für den 4. Juni eine Großdemonstration angekündigt. Bis zu tausend Nazis werden erwartet. Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN ruft alle Dortmunderinnen und Dortmunder auf, an diesem Tag an den friedlichen Gegenkundgebungen teilzunehmen und so ein Zeichen dafür zu setzen, dass Dortmund keine Nazis akzeptiert, sondern vielmehr eine weltoffene, demokratische und friedliche Stadt war, ist und bleiben wird.

    Auch die demokratischen Fraktionen werden sich am Donnerstag, 2. Juni, im Rahmen der Ratssitzung deutlich gegen die rechte Hetze positionieren und ausdrücklich alle gewaltfreien und friedlichen Protestaktionen gegen den Aufmarsch von Neonazis in Dortmund begrüßen. Wörtlich heißt es in einer Resolution: „Wir Dortmunderinnen und Dortmunder werden gemeinsam am 4. Juni den Rechten ihre Grenzen aufzeigen.“

    „Dortmund ist nicht braun. Und Dortmund ist auch nicht rechts. Dortmund ist vielmehr tolerant, bunt und weltoffen“, sagt Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN.

    „Natürlich darf man nicht ausblenden, dass es auch Probleme mit der rechten Szene gibt. Aber um so mehr ist es zu begrüßen, dass schon jetzt so viele Initiativen ihr Erscheinen und auch diverse (Gegen-)Aktionen für den 4. Juni angekündigt haben. Auch wir werden uns daran natürlich beteiligen. Und wir hoffen, dass sich viele Dortmunderinnen und Dortmunder anschließen und Gesicht zeigen werden – für ein weltoffenes Dortmund.“

    Die Fraktion schließt sich mit dieser Aussage ihren Bezirksvertretern aus der Nordstadt an. Diese hatten in der Mai-Sitzung ihrer Bezirksvertreter eine Erklärung eingebracht, die dort einstimmig verabschiedet wurde. Bezirksvertreter David Grade (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN): „Unter dem Motto ‚Tag der Deutschen Zukunft’ (TddZ) mobilisiert die Szene GewalttäterInnen, RassistInnen und FaschistInnen aus ganz Deutschland nach Dortmund, um hier gegen eine angebliche ‚Zerstörung der deutschen Volksgemeinschaft’ – zu hetzen. Das wollen und das werden wir nicht hinnehmen.“

    Die Bezirksvertretung hatte sich einstimmig gegen die Durchführung der Demo ausgesprochen, über die die Polizei sagt, dass sie sie aus juristischen Gründen genehmigen müsse. Mit einem Appell jedoch hatten die Bezirksvertreter Erfolg: Die Nazi-Demo darf nicht durch die Nordstadt führen.

    Infos zu zahlreichen Gegenprotesten sind unter NoTddZ.de, blockaDo oder „Bündnis gegen Rechts“ zu finden.

  4. CDU Dortmund

    Wer Polizisten angreift, hat sein Recht auf Schutz verwirkt

    „Wer zu Gewalt und Widerstand gegen Ordnungskräfte aufruft, verwirkt sein Recht auf Schutz durch die Polizei“, so der Dortmunder CDU-Kreisvorsitzende Steffen Kanitz.

    Grund für diese Aussage ist der Aufruf von linksautonomen Gruppen, den Polizeieinsatz bei der kommenden Neonazi-Demo zu destabilisieren. Außerdem soll auf Forderung eines Journalisten die Route der Demonstration veröffentlicht werden, was den Einsatz zusätzlich gefährdet.

    „Die Stimmung schaukelt sich gerade gefährlich hoch. Wir müssen aufpassen, dass sich die Gewaltspirale nicht weiter dreht. Grundlage für das Demonstrationsrecht ist ein starker Rechtsstaat. Unsere Beamten auf der Straße sind der Garant dafür, dass der Rechtsstaat funktioniert. Jeder Versuch, die Polizei für eine Seite politisch zu instrumentalisieren, muss von allen Demokraten strikt zurückgewiesen werden. Gewalt gegenüber Polizisten ist durch nichts zu rechtfertigen. Wir brauchen einen neuen Konsens, wie wir mit Extremisten beider Lager zukünftig umgehen wollen. Die aktuelle Strategie birgt die Gefahr von gewalttätigen Auseinandersetzungen und muss kritisch hinterfragt werden“, so Kanitz weiter.

    Steffen Kanitz appelliert an die Bürger der Stadt: „Aktuell wird Dortmund von außen leider besonders auf die Problematik der Neonazis reduziert. Wir dürfen das Problem nicht kleinreden, müssen aber als Gesellschaft auch wieder dazu kommen, die zahlreichen Stärken unserer Stadt hervorzuheben und dafür zu sorgen, dass Krawallmachern nicht das Feld überlassen wird. Hierfür können wir am kommenden Samstag ein friedliches Zeichen setzen.“

  5. Bündnis NoTddZ

    PANIC IN THE STREETS OF DORTMUND

    In der heutigen Polizeipressekonferenz ließ die Polizei Dortmund gleich zu Beginn die Katze aus dem Sack: trotz öffentlichem und juristischem Druck wird die Route des Naziaufmarsches am 4.6. nicht veröffentlicht. Mehr noch: Die Polizei will am kommenden Freitag die Öffentlichkeit mit einer Desinformationskampagne in die Irre führen. Nicht nur im Aufmarschgebiet der Nazis, sondern auch in Stadtgebieten, wo der Aufmarsch nicht stattfinden wird, sollen insgesamt 20.000 Informationszettel verteilt werden.

    „Die für Freitag angesetzte Desinformationskampagne der Polizei ist ein schlechter Witz. Die Öffentlichkeit soll in die Irre geführt werden. Damit macht sich die Polizei Dortmund zum Erfüllungsgehilfen der Nazis.“

    Begründet wird das Vorgehen damit, dass der Arbeitskreis NoTddZ zu Gewalt aufrufen würde und aus dem „gesamten Bundesgebiet“ „gewaltbereite Linksextremisten“ anreisen würden. Würde die Route bekanntgegeben, so könnten sich Nazigegner_innen im Aufmarschgebiet einquartieren. Die Kriminalisierungsversuche unseres Aufrufs sind zuvor gescheitert. Die Weigerung, sich von zielgerichteten Aktionen gegen die Durchsetzung des Naziaufmarschs zu distanzieren, wird bewusst als Aufruf zu Gewalt missinterpretiert, um Stimmung zu machen. Abgesehen davon, dass der Polizei unsere öffentliche Mobilisierung bekannt ist, gibt es erneut keinen Hinweis darauf, dass eine ausreichend begründbare und konkrete Gefahrenprognose vorliegt, die die drastischen Maßnahmen rechtfertigen könnte.

    Wenige Tage vor den Protesten gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ zeichnet sich in Dortmund eine bemerkenswerte Allianz von Geheimnisträger_innen ab, die aus Nazikadern, Stadtspitze und Polizeiführung besteht. Als ausführendes Organ betreibt die Polizei Panikmache und Desinformation, die sich gegen Journalist_innen, die vom Naziaufmarsch direkt betroffene Bevölkerung sowie die Organisationen von Widerstand gegen den Naziaufmarsch richtet. Dortmund steuert damit auf einen polizeilich herbeigeführten Ausnahmezustand zu.

    Wer Aufrufe wie den der Kampagne #notddz schreibe, habe nicht damit zu rechnen, von der Polizei geschützt zu werden, so Gregor Lange bei der Pressekonferenz. Abgesehen davon, dass es unserer Erfahrung nach besser wäre vor der Polizei geschützt zu werden, liegt darin eine unverhohlene Drohung, dass Gregor Lange „Knüppel frei“ gibt und gleichzeitig seine Hände in Unschuld gewaschen sehen will. Ein durch Panikmache aufgestachelter Polizeiapparat mit dem vorgezeichneten „Feindbild Links“, wie bspw. im März in Gelsenkirchen eintrainiert, tut sein Übriges.

    Absprachen auf Kommandoebene zwischen Politik und Polizei – und letztlich in der gegebenen Konstellation damit auch mit den Nazis – sind dabei Ausdruck eines Demokratieverständnisses, das den Ausnahmezustand herbeiführt und darin die kontrollierte Simulation von Protest als Feigenblatt inszenieren will. Wer sich darin nicht wiederfindet, der wird in die Irre geführt oder dem wird mit Gewalt gedroht. Dass in diesem Spiel die Kampagne #notddz als unkalkulierbar erscheint, werten wir als weiteren Erfolg unserer Bemühungen.

    Konsequenterweise wurde in der Pressekonferenz eine Kriminalisierung der Spiegelblockaden angekündigt, sollten diese zu mehr als einem Ornament eines zahnlosen Protests verkommen. Worin diese Kriminalisierung bestehen kann, zeigte sich erst gestern: an der Bleichmärsch in der Nähe des Borsigplatzes kam es zu einer rechtswidrigen Auflösung einer Spontanversammlung in Form einer Sitzblockade. Die Polizei hätte die Sitzblockade als Versammlung werten müssen. Stattdessen stellte sie die Personalien fest und erhob Anzeigen wegen „schwerem Eingriff in den Straßenverkehr“ und „Nötigung“. Jedoch wäre ein Umleiten der anreisenden Nazis jederzeit möglich gewesen.

    Als weiterer Ausdruck der panischen Lage im Polizeipräsidium ist zu werten, dass in „enger Abstimmung mit der Bezirksregierung Arnsberg und der Dortmunder Schuldezernentin“ die Schulleiter_innen der Dortmunder Schulen morgen zum Rapport bestellt werden, damit die Schüler_innenschaft, die beim Bau der Spiegelwürfel auf den Geschmack des zivilen Ungehorsams gekommen ist, es nicht allzu bunt treibt. Absicht ist es, die Schüler_innen über „falsches Verhalten“ beim Demonstrieren „aufzuklären“.

    Durch öffentlichen Druck und ein Gerichtsurteil vom OVG Münster wurde im Jahre 2000 der Dortmunder Polizei beigebogen, dass das Kesseln von Schüler_innen nicht erlaubt sei. In diesem Sinne: Aufklärung bedeutet Aufbegehren gegen Herrschaft und nicht Unterordnung unter den Staatsapparat.

    Wir werden am 4.6. u.a. mit einem Team von Rechtsanwält_innen vertreten sein und den Einsatz sowie die absehbaren Rechtsbrüche der Polizei dokumentieren. Eine Klage gegen den Polizeieinsatz wird daraufhin geprüft.

  6. Ulla Richter (Bündnis gegen Rechts)

    Ein Journalist ergreift die Initiative und klagt gegen die Geheimniskrämerei der Polizei, die erst Stunden vor einem Großaufmarsch von Nazis aus dem In- und Ausland deren Marschroute und Kundgebungsplätze bekannt geben und auch den Anmelder nicht nennen will.

    Der Journalist klagt vor dem Verwaltungsgericht im Sinn vieler tausender Betroffener, deren Wohngebiete ohne ausreichende Vorwarnung unter Ausnahmezustand gesetzt werden. Er klagt für die Interessen von Migrant/innen und Flüchtlingen, für die ein Aufmarsch der Rassisten besonders bedrohlich ist. Er klagt für die Vielen, die ihren Protest gegenüber den Nazis direkt äußern wollen.

    Polizei und Medien fokussieren in Dortmund einmal mehr auf „gewaltbereite Linksautonome“, denen keine Zeit zur Vorbereitung von widerständigen Aktionen eingeräumt werden dürfe. Das verstellt den Blick auf die wirklichen Gewalttäter, die in ihrer rassistischen Menschenverachtung brutale Straftaten bis hin zu Morden gerade auch in Dortmund begangen haben. Sie, die Feinde der Demokratie und der Verfassung, dürfen ihre Aktionen ausgiebig und unter dem Schutz der Staatsorgane vorbereiten, solange sie „Kooperationsgespräche“ mit der Polizei führen.

    Der Anmelder des Nazi-Spektakels heißt Michael Brück, ist Ratsherr der so genannten „Partei Die Rechte“, genießt das Verfassungsfeinden gegenüber zynische Parteienprivileg und kneift dennoch vor der Öffentlichkeit, feige genug, sich in der Obhut der Polizei zu verbergen und einen Marsch „im Polizeikessel“ anzuführen.
    Der einzelne Journalist hat für die Pressefreiheit geklagt. Es ist gefährlich, wenn die Medien die Angst verbreitenden Sprachregelungen der Polizei übernehmen – und sie womöglich durch eigenes Zutun noch verstärken.

    Dem Journalisten gehört unser Respekt!

  7. ver.di Dortmund

    ver.di protestiert gegen Aufmarsch der Neonazis – Für Weltoffenheit und Vielfalt – gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Dortmund ruft alle Gewerkschaftsmitglieder auf, sich am kommenden Samstag, dem 04.06., an den Protesten gegen den geplanten Aufmarsch der Neonazis zu beteiligen.
    „Wieder einmal“, so die ver.di-Vorsitzende Erika Wehde, „wollen die Neonazis das Demonstrationsrecht dazu missbrauchen, ihre Hassparolen von einer angeblichen Überfremdung Dortmunds auf unsere Straßen zu tragen. Dem stellen wir uns entgegen.“ ver.di stehe für die Prinzipien von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ein und lehne deshalb jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen ab, die mit der unterschied-lichen Herkunft, Religion oder Kultur begründet werden sollen.

    Gerade in der aktuellen Situation, in der Millionen von Menschen Schutz vor Krieg und Verfolgung suchten, seien Toleranz und Weltoffenheit wichtige Leitlinien gewerkschaftlichen Handelns.
    „Deshalb“, erläutert der ver.di-Geschäftsführer Michael Bürger, „hat sich unser Bezirksvorstand in einer Erklärung vom April 2016 ausdrücklich dafür ausgesprochen, auch weiterhin Flüchtlinge in unserem Land aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren.“

    Die erschreckende Zunahme von fremdenfeindlicher Hetze und Gewalt gerade gegen geflüchtete Menschen mache es aber umso notwendiger, dem Hass und der Gewalt der Neonazis entgegenzutreten und ihnen klar zu machen, dass sie in einem weltoffenen, vielfältigem und demokratischen Dortmund keinen Platz haben – weder heute noch in der Zukunft.

    Alle ver.di Mitglieder sind aufgerufen, sich am Samstag, dem 04. Juni um 11.00 Uhr an der Kundgebung am Dortmunder U / Westentor und der anschließenden Protestdemonstration zum Wilhelmplatz in Dorstfeld zu beteiligen.

  8. Grüne

    Nazi- Aufmarsch: GRÜNE rufen zu gewaltfreien Aktionen und Blockaden auf – Kampf gegen Rechts muss auch nach dem 4. Juni weitergehen

    Die Dortmunder GRÜNEN rufen dazu auf, sich an gewaltfreien Aktionen und Blockaden gegen den Aufmarsch von Neonazis am Samstag zu beteiligen. Kritik gibt es an der Vorgehensweise der Polizei, die Route des Nazi-Aufmarsches erst kurz vorher bekannt zu geben.

    Katja Bender und Remo Licandro, Sprecher*innen des GRÜNEN Kreisverbandes:
    „Der Aufmarsch von 1000 Neonazis in Dortmund ist eine bewusste Provokation, die sich gegen das friedliche Miteinander der Menschen und Kulturen in Dortmund richtet. Nicht umsonst wollten die Nazis durch die Nordstadt marschieren. Es ist gut, dass uns zumindest das erspart bleibt. Egal, wo der Aufmarsch aber letztendlich verläuft: Dortmund muss sich mit allen friedlichen und gewaltfreien Mitteln den Nazis entgegenstellen. Dazu gehören auch Blockaden. Auch, wenn der Aufmarsch leider nicht verboten ist, sind gewaltfreie Blockaden für uns ein legitimes Mittel des zivilen Ungehorsams gegen die Feinde der Demokratie. Wir rufen ausdrücklich dazu auf, sich daran zu beteiligen.

    Der Protest muss für die Nazis allerdings auch hörbar, sichtbar und spürbar sein. Das ist so gut wie unmöglich, wenn die Polizei die Route des Aufmarsches nicht oder erst kurz vorher bekannt gibt. Sie lässt damit den Protest gegen die Nazis aus Angst vor Auseinandersetzungen zum Teil ins Leere laufen. Es ist zu befürchten, dass gerade das zu Eskalationen führt, die die Polizei eigentlich verhindern will. Das halten wir für falsch und sind damit nicht einverstanden.“

    Ingrid Reuter und Ulrich Langhorst, Sprecher*innen der Ratsfraktion:
    „Der Kampf gegen Rechtsextremismus endet und entscheidet sich nicht am 4. Juni, sondern muss über den Samstag hinaus täglich weitergeführt werden. Viele Menschen, Organisationen und Bündnisse engagieren sich seit vielen Jahren mit Aktionen und Veranstaltungen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus in Dortmund. Für uns GRÜNE ist deshalb die anstehende Fortschreibung des städtischen Aktionsplans gegen Rechts von besonderer Bedeutung, um für die alltägliche Arbeit gegen Rechts Unterstützungen zu bieten.

    Und eines ist uns dabei auch wichtig: Wer vom Rechtsextremismus der Nazis redet, darf vom Rechtspopulismus der AFD nicht schweigen. Die Grenzen sind nämlich fließend. Das beweist die Ratsfraktion der AFD jedes Mal aufs Neue mit Anträgen gegen die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Demokratie und Toleranz, gegen Schwule und Lesben, gegen den Aktionsplan Soziale Stadt oder zuletzt mit einer Anfrage zur Unterstützung der Stadt von Gegendemonstrationen bei rechten Aufmärschen. Nicht umsonst werden sie dafür im Rat von den Vertretern der NPD und der RECHTEN gelobt.“

  9. Detlef Koester

    Die Ansage, dass auch Pflegedienste betroffen seien, grenzt an vorsätzliche Körperverletzung mit Ansage.

    An Stelle eines Pflegers im Dienst würde ich die Polizei auffordern, den Zugang zu den Patienten zu gewährleisten. So, wie die rechte Brut das Recht auf Demofreiheit hat, hat ein Pflegebedürftiger das Recht auf notwendige und ordentliche Versorgung!

  10. Grüne NRW

    Grüne NRW rufen zu friedlichem Protest gegen Neonazi-Demo auf –
    Kritik am Einsatzkonzept der Dortmunder Polizei

    Zum geplanten Aufmarsch von Neonazis am Samstag in Dortmund erklärt Mona Neubaur, Vorsitzende GRÜNE NRW: „Wieder einmal mobilisieren Neonazis bundesweit zu einem Aufmarsch in Dortmund. Gegen diesen Aufmarsch wollen am Samstag zahlreiche Bürgerinnen und Bürger demonstrieren. Die Grünen NRW unterstützen diese gewaltfreien Proteste. Neonazis muss der entschiedene Widerstand einer breiten Zivilgesellschaft entgegenstehen – gerade in Zeiten von immer mehr Gewalttaten gegen Geflüchtete, aber auch gegen Andersdenkende und Journalisten. Hass und Gewalt sind keine Alternativen für NRW.

    In diesem Zusammenhang habe ich wenig Verständnis dafür, dass die Dortmunder Polizei zum wiederholten Mal den friedlichen Protest gegen Neonazis behindert, in dem der genaue Ort des Neonnazi-Aufmarsches geheim gehalten wird. Der Protest muss für die Neonazis hörbar und sichtbar sein.“

  11. Polizei Dortmund

    Verteilung von 30.000 Flugblättern

    Die Information der Bürgerinnen und Bürger sowie der ansässigen Betriebe nimmt einen hohen Stellenwert bei den Vorbereitungen zum Versammlungsgeschehen am Samstag (4.6.) ein.

    Die Dortmunder Polizei informiert heute durch die Verteilung von 30.000 Flugblättern die von der Demonstration besonders betroffenen Dortmunder.

    Bereits gestern haben Beamte der Dortmunder Polizei planmäßig die Inhaber und Angestellten von ansässigen Firmen und Gewerbebetrieben über den Einsatz am Samstag informiert.

    Wir wollen die Beeinträchtigungen so gering wie möglich halten!

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