Peter Altmeier verteidigt das Handeln der Bundesregierung in der Flüchtlingskrise als „humanitären Imperativ“

Die Flüchtlinge sind in Dortmund angekommen
Im Herbst kamen die ersten Flüchtlingszüge aus Ungarn in Dortmund an. Fotos Klaus Hartmann

Von Claus Stille

Hoher Besuch beim „Berliner Gespräch“: Die Dortmunder CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Kanitz und Thorsten Hoffmann hatten den Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Peter Altmaier, im Westfälischen Industrieklub zu Gast.

Kanzleramtsminister referierte kompetent und bewies Humor

Dort bestach Altmeier mit seinem sachkundigen Vortrag – und Humor: Von Bundeskanzlerin Angela Merkel bestellte Altmaier herzliche Grüße und dass man in dieser ganzen schwierigen Situation bereit sei, Führung zu zeigen.

Sich selbst auf die Schippe nehmend, sagte er, es tue ihm leid, dass an diesem Abend nicht der wichtigste Minister, wohl aber das „gewichtigste Mitglied der Bundesregierung vor Ihnen steht“.

43,5 Millionen Beschäftigte: Deutschland geht es gut wie schon lange nicht mehr

Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub. Peter Altmeier
Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub.

Während es in der Welt fast überall kriselt, so Peter Altmaier, gehe es Deutschland, wahrscheinlich so gut wie nie zuvor in seiner Geschichte. Ganz anders zu Zeiten der Wiedervereinigung.

„Wirtschaftswissenschaftler sagten, Deutschland habe die besten Jahren hinter sich.“ Die Zahl der Arbeitslosen war 30 Jahre bis 2005 stets gestiegen.

Nun sinke sie Monat für Monat. Heute seien es weniger als drei Millionen Arbeitslose. „Wir haben heute 43,5 Millionen Beschäftigte in Deutschland. Soviel wie nie zuvor in der deutschen Geschichte.“

Deutschlands „Turnaround“ bewundere die Welt. Erstmals seit 43 Jahren müsste Deutschland keine neuen Schulden machen. Eine Überschuss von 12 Steuermilliarden habe Wolfgang Schäuble im letzten Jahr eingefahren.

Altmaier: „Deutschlands Jugend braucht keine Angst vor der Zukunft zu haben“

Deutschland sei heute eines der fünf wettbewerbsfähigsten Länder der Welt. Altmaier lobte den deutschen Export. In die Bildung sei viel Geld investiert worden. Deutschland könne „in Zukunft ganz, ganz weit mit vorn sein“ in der Welt.

„Deutschland kann Globalisierung“, rief Peter Altmaier begeistert in den vollbesetzten Saal. „Deutschlands Jugend braucht keine Angst vor der Zukunft zu haben.“

Einst habe Francis Fukuyama „vom Ende der Geschichte“ gesprochen. Aber, fügte  Altmaier hinzu, „die Welt ist aus den Fugen geraten. Ganz besonders in Osteuropa. Außenpolitik ist zur Innenpolitik geworden“.

Die Schuld an der Ukraine-Krise sprach Peter Altmaier Russlands Putin zu. Seither arbeite die Bundesregierung daran, zu verhindern, dass die Ukraine-Krise eine Krise für ganz Osteuropa werde.

Bundesregierung arbeitet Tag und Nacht, damit Europa mit einer Stimme spricht

Jetzt tue Berlin alles, dafür zur sorgen,dass die ukrainische Demokratie arbeiten könne. Das Land, sei nach 60-jähriger Sowjetherrschaft zu „einem Geschäftsmodell für Oligarchen“ geworden. Die Russen hätten die Krim besetzt. Ein Teil des Landes sei mit russischer Hilfe „vom Mutterland abgespalten worden“.

Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub

„Die US-Amerikaner haben uns Europäern gesagt: „Ihr müsst dieses Problem lösen.“ Die Bundeskanzlerin habe „Tat und Nacht dafür gearbeitet,  dass Europa mit einer Stimme spricht.“

Kaum sei „in der Ukraine eine zerbrechliche Stabilität erreicht worden“, da begann „die Flüchtlingskrise rund ums Mittelmeer“.

Die Ursache an der Flüchtlingskrise steht laut Altmaier mit dem Zusammenbrechen von Staaten in Nordafrika, sowie im Mittleren und Nahen Osten im Zusammenhang.

Staaten, die von Engländern und Franzosen nach dem Ersten Weltkrieg gegründet und deren Landesgrenzen „oft mit dem Lineal in der Hand ohne Rücksicht auf geografische und ethnische Grenzen“ bestimmt worden waren. „Jetzt nach hundert Jahren zerbröseln und zerfallen diese Staaten.“

Das Handeln der Bundesregierung als „humanitärer Imperativ“

Eine richtige Entscheidung sei die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland gewesen, so Altmaier. Als die Flüchtlinge sich im September letzten Jahres von Ungarn aus auf den Weg nach Westeuropa gemacht hätten, habe man sich gegen die Schließung der unter Helmut Kohl durchgesetzten offenen europäischen Grenzen entschieden.

„Das europäisch-christliche Menschenbild, dass uns so viele Jahre geleitet hat, sagte uns, wer in Not ist, dem muss man helfen.“  Als  humanitären Imperativ bezeichnete der Kanzleramtsminister diese Entscheidung.

Aus geostrategischen Gründen und um das Schicksal einer Region bemüht, das sich auch auf  Deutschland auswirke, sei beschlossen worden „in unserem Haus Deutschland, nicht die Jalousien herunterzulassen, die Klingel abzuschalten, uns ins Bett zu legen, die Decke über die Ohren zu ziehen und so zu tun als wären wir nicht zuhause“.

Eigenlob: Für Flüchtlinge sind Verbesserungen erreicht worden

Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub. Peter Altmeier

Erreicht sei, dass die Gelder für die Flüchtlingsrationen in den Lagern nahe Syrien von den gesenkten 13 Dollar pro Person wieder auf die ursprünglichen 29 Dollar erhöht wurden.

Die 2,5 Millionen Syrern, die in die Türkei geflohen sind, erhielten und nun eine Arbeitserlaubnis.  Wahrscheinlich 100.000 syrische Kinder könnten in der Türkei jetzt schulische Bildung erhalten, meinte Peter Altmaier.

Der Menschenschlepperei sei mithilfe der Türkei ein Riegel vorgeschoben worden.

Mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu, der bald – wahrscheinlich nach einem Streit mit dem türkischen Präsidenten Erdogan –  aus dem Amt scheide, habe man gut zusammengearbeitet.

Altmaier verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass  der türkische Präsident einsehe, dass die Einhaltung der vereinbarten  Abmachungen „auch im ureigenen Interesse seines Landes ist“.  Der Bundesminister sagte „in aller Deutlichkeit“ an die Adresse der Türkei: „Wir sind nicht erpressbar.“

Peter Altmaier: „Türkei nicht verantwortlich machen für Fehlentscheidungen“

Dass Integration hierzulande endlich Fortschritte zeitige, machte der Bundesminister an einem Beispiel deutlich: In verschiedenen Ministerien in Ankara habe er junge Menschen getroffen, die hier Deutschland aufwuchsen und gebildet wurden. Sie sprächen so gut Deutsch wie Türkisch.

Altmaier beschwor die Anwesenden: „Wenn wir uns manchmal über Dinge ärgern, die in der Türkei geschehen, im Hinblick auf Pressefreiheit, die Religionsfreiheit – ärgern wir uns zu Recht. Aber eines sage ich auch: Wir sollten die Türkei nicht verantwortlich für Fehlentscheidungen machen die in  Ankara oder Istanbul getroffen werden.“

Kraft soll der Entscheidung zu den sicheren Herkunftsländern zustimmen

Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub. V. l.: MdB Steffen Kanitz, Peter Altmeier, MdB Thorsten Hoffmann
Die Abgeordneten Steffen Kanitz (li.) und Thorsten Hoffmann (re.) hatten Peter Altmeier eingeladen.

Unmissverständlich machte Altmaier klar, dass Geflüchtete, die keinen Asylstatus bekämen, bzw. aus sicheren Herkunftsländern stammten, „zurückgeführt“ werden würden. Dies beträfe seiner Schätzung nach etwa 200.000 Menschen.

An die Adresse der anwesenden Bundestagsabgeordneten sagte Peter Altmaier mit Blicke auf die Balkanländer, die man zu sicheren Herkunftsländern erklären will: Eine Mehrheit dafür müsse her.

Die rot-grüne Landesregierung unter Hannelore Kraft schlage „sich im Zweifel in die Büsche“. Altmaier wünschte sich, „dass die Frau Kraft wenigstens einmal den Mut hat zu sagen, das ist eine richtige Entscheidung und Nordrhein-Westfalen stimmt dem im Bundesrat zu!“

„Die europäische Integration ist das Beste, das uns in den letzten 200 Jahren passiert ist“

In der Zukunft, bemerkte Peter Altmaier, die Energiewende müsse gemeistert, die Strompreise stabil gehalten und die digitale Revolution bewältigt werden. Dann schwärmte der Kanzleramtsminister in den höchsten Tönen von Elektro- und selbstfahrenden Autos sowie  Pflegerobotern.

„Europa“ mahnte der Chef des Kanzleramtes zum Schluss, „hat im Augenblick zu kämpfen“. Mit Nationalismus und Rechtspopulismus. Vor den Menschen, die sich Sorgen machen, habe er großen Respekt.  Nicht jedoch vor der AfD, „die die Sorgen der Leute skrupellos missbraucht“. Die AfD dürfe damit nicht durchkommen.

Europa habe Fehler, bekannte Altmaier. Von der Kanzlerin und ihm werde man kein böses Wort zu dem Projekt hören. Europa müsse gerettet werden. „Die europäische Integration ist das Beste, das uns in den letzten zweihundert Jahren passiert ist. Und deshalb dürfen wir sie nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.“

Kritik von Steffen Kanitz: Düsseldorf lässt Dortmund im Regen stehen

Kanzleramtsminister Peter Altmeier zu Gast bei der Dortmunder CDU im Industrieklub. MdB Steffen Kanitz
Der CDU-Kreisvorsitzende Steffen Kanitz kritisierte die rot-grüne Landesregierung.

Die CDU Dortmund fühlte sich geehrt, abermals Peter Altmaier begrüßen zu dürfen.

Der Kreisvorsitzende Steffen Kanitz lobte die „pragmatische Bewältigung der Flüchtlingskrise“ und übte Kritik an der NRW-Landesregierung.

Durch die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) seien im letzten Jahr „160.000 Menschen geschleust worden“.  Das Land NRW helfe in der Flüchtlingssituation ungenügend.

Nicht nur in Sachen des geplanten Neubaus der EAE in Huckarde habe die Landregierung Dortmund „im Regen stehen gelassen“.

Im Anschluss an die kompetenten Worte des Chefs des Bundeskanzleramtes sprachen noch die Thorsten Hoffmann und Rechtsdezernentin Diane Jägers über ihre Erfahrungen in der  lokalen politische Arbeit sowie über jene in der Flüchtlingssituation.

Auch hier Kritik an der NRW-Landesregierung laut. Mit Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) hingegen, so Jägers, arbeite sie gut zusammen. Kein Blatt passe da zwischen beide.

Die versammelten CDU-Parteifreundinnen und Freunde zeigte sich sehr angetan von den interessanten Ausführungen des Gastes aus Berlin und dankten mit heftigem Applaus.

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Reaktionen

  1. Grünen-Fraktion

    Abschiebungen – GRÜNE fordern Klarstellung der Rechtsdezernentin im Ausschuss

    Die GRÜNEN fordern eine Klarstellung von Rechtsdezernentin Diane Jägers hinsichtlich ihrer öffentlichen Äußerungen zu Abschiebungen von Flüchtlingen. Hintergrund sind Berichterstattungen über einen Parteitag der CDU Ruhr, in denen die Rechtsdezernentin die Beschlüsse der CDU zum Thema Abschiebungen erläutert und gerechtfertigt hat. Die GRÜNEN wollen deshalb auf dem Weg der Dringlichkeit den Punkt auf die Tagesordnung des morgigen Ausschusses für Bürgerdienste setzen lassen.

    Svenja Noltemeyer, Ratsmitglied der GRÜNEN:
    „Es ist in Ordnung, wenn Frau Jägers als CDU-Mitglied die Beschlüsse der CDU Ruhr sowie die Angriffe auf die Landesregierung darstellt und verteidigt. Es ist nicht in Ordnung, wenn sie dies als Dezernentin der Stadt Dortmund tut. Genau so wird sie aber in den Berichterstattungen zitiert. Sie sollte deshalb im Ausschuss klarstellen, ob sie ihre öffentlichen Äußerungen in der Presse als Rechtsdezernentin oder als Mitglied der CDU Ruhr gemacht hat. Zusätzlich wird durch die Berichterstattungen der Eindruck erweckt, dass die von Frau Jägers als Rechtsdezernentin zitierten Positionen auch die offiziellen Positionen der Stadt sind. Wir sind der Auffassung, dass auch das klar gestellt werden muss.“

    Der Parteitag der CDU Ruhr hatte laut der Medienberichte konsequentere Abschiebungen von Flüchtlingen durch das Land gefordert. Das soll insbesondere für die Abschiebung von Familien gelten, auch wenn ein Familienmitglied krank zurück bleiben muss sowie für Abschiebungen von Personen über 65 Jahre.

    Svenja Noltemeyer: „Es gibt keine politische Positionierung des Rates oder der Ausschüsse zu diesen Beschlüssen der CDU. Deshalb sollte der Bürgerdienste-Ausschuss festhalten, dass er die Aussagen der Rechtsdezernentin dazu nicht teilt und sich davon distanziert, Das gilt vor allem hinsichtlich der Abschiebungen von Familien. Zusätzlich soll die Verwaltung in der nächsten Sitzung des Ausschusses die Erlasse der Landesregierung zu Abschiebungen vorstellen und erläutern, wie diese Erlasse von der Ausländerbehörde umgesetzt werden. Wir treten dafür ein, dass die Verwaltung die geltenden Erlasse so weitestgehend wie möglich im Sinne der Betroffenen auslegt. Das betrifft insbesondere die Situation von Menschen über 65 Jahren, Kranken, Pflegebedürftigen, alleinerziehenden Müttern, Familien mit Kindern oder allein reisenden Frauen.“

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