UPDATE Nach Angriffen auf Polizisten: Razzia bei Neonazis in sieben Häusern in Dortmund-Dorstfeld und Niedersachsen

Mit hoher Polizeipräsenz war die Polizei um den Wilhelmplatz vertreten.
Mit hoher Polizeipräsenz war die Polizei um den Wilhelmplatz herum vertreten. (Archivbilder: Alex Völkel)

Einen Großeinsatz gegen die Dortmunder Neonazi-Szene gab es am frühen Donnerstagmorgen: Unter Federführung der Dortmunder Polizei wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Dortmund mehrere Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Polizeibeamte durchsuchten fünf Objekte in Dorstfeld und zwei in Niedersachsen.

Angriffe auf Polizisten in der Silversternacht in Dorstfeld als Anlass

Die Neonazis reklamieren Dorstfeld und speziell das Viertel um den Wilhelmplatz für sich.

Hintergrund sind die Angriffe von Rechtsextremisten auf Polizeibeamte in der Silvesternacht im Bereich des Wilhelmplatzes.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt in dieser Sache unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs.

Bei den Durchsuchungen hatten es die Einsatzkräfte unter anderem auf Computer, Datenträger und Mobiltelefone abgesehen, auf denen sich Foto- und Videoaufnahmen aus der Silvesternacht befinden könnten.

Polizeipräsident Gregor Lange findet klare Worte zu den heutigen Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene: „Die Rechtsextremisten machen offenbar auch vor der Polizei nicht mehr Halt! Meine Mitarbeiter wurden in der Silvesternacht gezielt und massiv angegriffen.“

Eine Vielzahl von Vorwürfen steht gegen die Dortmunder Neonazis im Raum

Die Neonazis reklamieren Dorstfeld und speziell das Viertel um den Wilhelmplatz für sich.
Die Neonazis reklamieren Dorstfeld und speziell das Viertel um den Wilhelmplatz für sich.

Im Raum steht neben einer Vielzahl von Delikten wie Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte der Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs.

Dabei handelt es sich strafrechtlich um ein Verbrechen, das mit einer Haftstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.

„Wir tun alles, damit Straf- und Gewalttaten nicht ungesühnt bleiben. Deswegen wird die Dortmunder Polizei weiterhin jede rechtsstaatliche Möglichkeit nutzen, um Volksverhetzer und rechtsextremistische Gewalttäter konsequent zur Verantwortung zu ziehen“, so der Polizeipräsident weiter.

Lange warnt vor einer gefährlichen Entwicklung des gewaltbereiten Rechtsextremismus

Gegen angebliche Polizeigewalt hatten die Neonazis Anfang Januar demonstriert.
Gegen angebliche Polizeigewalt hatten die Neonazis Anfang Januar demonstriert.

„Die gefährliche Entwicklung des gewaltbereiten Rechtsextremismus in Deutschland bedroht zunehmend Zuwanderer, Bürger mit Migrationshintergrund, Politiker, Journalisten sowie Polizeibeamte und richtet sich gegen unsere Demokratie.

Ein hartes Durchgreifen aller staatlichen Organe ist deshalb oberstes Gebot. Wir, die Polizei Dortmund, werden weiter wachsam sein“, betont Lange in einer ersten Stellungnahme.

Zum Jahreswechsel waren Polizeibeamte auf dem Dorstfelder Wilhelmplatz aus einer Gruppe von Rechtsextremen mit Feuerwerkskörpern und Raketen beworfen und beschossen werden. Gezielte Angriffe mit Flaschen, Pflastersteinen und Bierkästen folgten. Mehrere Polizisten wurden verletzt.

Die Beamten nahmen insgesamt 18 Personen fest. Obwohl die Neonazis die Beamten angegriffen hatten, demonstrierten die Neonazis im Nachgang gegen angebliche Polizeigewalt und Polizeiwillkür. Mit einer solchen Demonstration ist daher auch am Freitag wieder zu rechnen.

Beschlagnahmungen sollen Beweise für Straftaten in der Silvesternacht bringen

Interview mit Polizeipräsident Gregor Lange. Foto: Franz Luthe
Gregor Lange hofft, mit den gesicherten Geräten Straftaten belegen zu können. Archivfoto: Franz Luthe

Ein besonderer Fokus lag bei der Razzia auf dem Finden und Beschlagnahmen von Kommunikationsmedien.

Die eingesetzten Beamtinnen und Beamten konnten in den Wohnungen in Dortmund und Niedersachsen (Seggebruch und Rinteln) diverse Handys, Smartphones, Laptops, Tablets sowie eine Videokamera auffinden und beschlagnahmen.

Sie werden nun zur Auswertung an Experten des Landeskriminalamts NRW weitergegeben. Diese Auswertung wird einige Zeit in Anspruch nehmen.

In einer der Dortmunder Wohnungen stießen die Einsatzkräfte zusätzlich auf eine PTB-Schusswaffe. Diese wurde sichergestellt und wird nun waffentechnisch untersucht.

Heikel war der Einsatz in einer Wohnung am Vogelpothsweg. Hier trafen die eingesetzten Spezialkräfte auf einen Kampfhund, den die Beamten erschossen, bevor dieser zubeißen konnte. Kurioses Detail an Rande: Beim letzten Polizeieinsatz hatte ein Neonazi eine Beamtin noch selbst in die Hand gebissen und verletzt. Heute drohte die Gefahr von einem Kampfhund.

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Reaktionen

  1. Marcus Arndt

    Hausdurchsuchungen bei Neonazis sind richtig – aber warum erst nach Angriffen auf Polizisten? Gibt es Opfer zweiter Klasse?

    Mit größter Verwunderung, habe ich die polizeiliche Aktion heute Morgen zur Kenntnis genommen. Verwunderung deshalb, da in den vergangenen 12 Monaten – angefangen bei Hakenkreuz-Schmierereien, Todesanzeigen (http://goo.gl/YyTsm9) bis hin zu Bedrohungen von Lokalpolitikern (http://goo.gl/RvdYoW), Journalisten (http://goo.gl/BYSBWN) usw. – sämtliche Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft zügig eingestellt wurden. Auch Aktionen wie Hausdurchsuchungen usw. blieben aus.

    Werden jedoch Polizeibeamte mit Feuerwerkskörpern beschossen, wird die Staatsanwaltschaft mit ihrem gesamten Verwaltungsapparat tätig und setzt alles daran, die Täter zu ermitteln. Als Opfer rechtsextremistischer Gewalt fühlt man sich da mehr als „verarscht“ von einer Behörde, die für die Verfolgung von Straftaten zuständig ist.

    Die Staatsanwaltschaft Dortmund erweckt immer mehr den Anschein, dass hier nicht nur mit zweierlei Dingen Maß genommen wird, sondern auch Opfer rechter Gewalt „zweiter Klasse“ sind. Dieses belegen allein die zahlreichen Einstellungen der Ermittlungsverfahren mit fadenscheinigen und teils abenteuerlichen Begründungen.

    Dass einiges bei der Staatsanwaltschaft Dortmund und den Verwaltungsgerichten im Argen liegt, wenn es gegen Rechtsextremismus geht, zeigt sich allein schon z.B. an den Straf- und Verbotsanträgen des Polizeipräsidenten Gregor Lange gegen die Dortmunder Neonazis:

    So erlaubte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (http://nordstadtblogger.de/25058) am 28. März 2015 eine Neonazi-Demo mit anschl. Rechtsrock-Konzert in Dortmund am 10. Todestag von Thomas „Schmuddel“ Schulz, welcher vom Rechtsextremisten Sven K. an der U-Bahn Kampstr. erstochen wurde.

    Vergeblich klagte die Polizei vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Die Richter folgten nicht der Meinung des Polizeipräsidenten Herrn Lange, dass eine derartige Aktion an einem solchen Tag nicht durch das Versammlungsgesetz gedeckt sei.

    Somit konnten die Rechtsextremen ungehindert diesen Tag „feiern“. Nur eines von leider vielen Beispielen.

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