Mehrheit für Grünen-Antrag: Die Stadt Dortmund prüft ein Glyphosat-Verbot auf städtischen Agrarflächen

Foto: Eric De Mildt/ Greenpeace activists, wearing protective clothing and masks, display a banner outside the European Commission that reads "Stop Glyphosate." Greenpeace and other environmental and health organisations are meeting in Brussels (as well as Madrid, Rome, Berlin and Paris) to launch a European Citizens’ Initiative (ECI) to ban glyphosate, reform the EU pesticide approval process, and set mandatory targets to reduce pesticide use in the EU. The goal is to collect at least one million signatures from Europeans and submit the petition before the Commission’s next move to renew, withdraw or extend the EU licence of glyphosate.
Europaweit haben zahlreiche Gruppen haben gegen Glyphosat demonstriert. Foto: Eric De Mildt/ Greenpeace

Wenn landwirtschaftliche Flächen der Stadt Dortmund neu verpachtet werden, könnte künftig die Nutzung von Glyphosat untersagt werden. Eine entsprechende Auflage wird derzeit von der Stadt geprüft. Mit einem Antrag im Umweltausschuss hatten die Grünen das Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt. Bei der Stadtspitze stößt der Plan auf Wohlwollen.

WHO stufte Glyphosat 2015 als potentiell krebserregend ein – EU erlaubt Nutzung

Die Weltgesundheitsorganisation hatte das Herbizid Glyphosat 2015 als potentiell krebserregend eingestuft. Unabhängig davon gibt es Bedenken, unter anderem beim Umweltbundesamt, gegen die Vernichtung von Kräutern und Gräsern auf Ackerflächen. Damit werde Insekten und Feldvögeln großflächig die Lebensgrundlage entzogen.

Dennoch hatte die EU-Kommission die Nutzung für weitere fünf Jahre erlaubt, als der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) im Alleingang und gegen den Willen der SPD-Umweltministerin Zustimmung signalisierte.

Nun soll die Stadt im Alleingang ein Zeichen setzen: „Dortmund sollte als Gründungsmitglied des Bündnisses ,Kommunen für biologische Vielfalt’ eine Vorbildfunktion bei der Verwendung zweifelhafter Pestizide einnehmen“, begründete Grünen-Fraktionssprecherin Ingrid Reuter ihren Vorstoß. Sie fordert, bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen durch die Stadt die Pächter vertraglich zu verpflichten, auf die Verwendung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat zu verzichten.

6700 Hektar landwirtschaftliche Flächen in Dortmund – ein Viertel des Stadtgebiets

In Dortmund gibt es rund 6700 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen - das entspricht knapp ein Viertel des Stadtgebiets. Foto: Alex Völkel
In Dortmund gibt es rund 6700 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen. Foto: Alex Völkel

„Wenn wir Artenschutz ernst nehmen, muss der Einsatz so genannter Totalherbidzide wie Glyphosat grundlegend eingeschränkt werden.“ SPD, Grüne, Linke und Piraten unterstützten den Vorstoß. In Dortmund gibt es rund 6700 Hektar – also knapp ein Viertel des Stadtgebiets – landwirtschaftlich genutzt.

Mit 1250 Hektar ist Stadt Dortmund größter Verpächter landwirtschaftlicher Flächen. Knapp 100 Landwirte pachten Flächen von der Stadt – in der Regel mit kurzen Laufzeiten. Rund 50 Hektar sind für ökologischen Landbau vorgesehen.

Die Stadt prüft nun die rechtlichen Möglichkeiten einer solchen Auflage für Pachtverträge. „Wenn das möglich ist, werden wir dem Ausschuss sicher folgen“, betonte OB Ullrich Sierau nach der Sitzung des Verwaltungsvorstands.

Wenn Landwirte freiwillig darauf verzichteten, wäre das natürlich ein Anfang. Doch auch für das Verbot kann sich der SPD-Politiker erwärmen: „Das wird eine spannende rechtsexegetische Diskussion. Ich persönlich hätte Lust dazu, von der EU abzuweichen, wenn wir dann umweltfreundlicher sind“, so Sierau.

HINTERGRUND:

  • Glyphosat ist das weltweit meistverkaufte Unkrautvernichtungsmittel und in Europa das am weitesten verbreitete Herbizid. Es wird in Deutschland auf 40 Prozent der Ackerflächen eingesetzt, zudem in Parkanlagen, auf Bahngleisen und in Gärten.
  • Die Auswirkungen direkt auf die Ackerflora und indirekt auf die Ackerfauna sind groß: Weniger Wildpflanzen auf und neben den Ackerflächen bieten weniger Lebensraum für weniger Insekten. Und diese sind die Hauptnahrung für andere Tiere wie etwa Vögel. Die biologische Vielfalt nimmt mit dem vermehrten Einsatz von Glyphosat ab.
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Reaktionen

  1. Fraktion Linke & Piraten

    Freude über Glyphosat-Verbot

    Große Freude herrscht bei der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN über das Glyphosat-Verbot für Dortmund, dass im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen mit den Stimmen von Grünen, SPD, Linken sowie Piraten beschlossen wurde. CDU, FDP und AfD lehnten das Verbot ab.

    Ganz konkret bedeutet dieser Beschluss, dass die Stadt Dortmund künftig nur noch Pachtverträge für landwirtschaftliche Nutzung abschließen oder verlängern wird, wenn sich der betreffende Landwirt verpflichtet, auf den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat komplett zu verzichten.

    In der EU dagegen ist Glyphosat noch erlaubt – sehr zum Unverständnis von Utz Kowalewski, dem Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. „Normalerweise wird in der EU ein Stoff verboten, wenn zwei Studien einen Krebsverdacht bestätigen. Über Glyphosat gibt es mindestens sieben derartige Studien. Die EU hält sich hier nicht an ihre Regeln. Wir dagegen halten es aber für unsere Pflicht, die Bevölkerung vor Ort zu schützen, gerade wenn diese in der Nähe von landwirtschaftlich genutzten Flächen wohnt“, so Kowalewski. „Der Beschluss, der heute auf den Weg gebracht wurde, dient dem Schutz aller Verbraucherinnen und Verbraucher“, so Kowalewski.

    Das hochgiftige Glyphosat nehmen die Menschen nicht nur über die landwirtschaftlich erzeugten Lebensmittel (z. B. Brot oder Bier) zu sich, sondern auch durch das verzehrte Fleisch. „Ich glaube, dass das Fleisch – vielmehr die Massentierhaltung – das noch größere Problem für unsere Gesundheit ist“, sagt Kowalewski. „Denn die Nutztiere – auch in Nordrhein-Westfalen – fressen genmanipulierte Sojaprodukte aus Südamerika, wo Glyphosat in Unmengen verwendet wird.“

  2. Marco Bülow (SPD-MdB)

    Marco Bülow: Freiwillig auf Glyphosat verzichten – Städte sollen vorangehen

    Nachdem Landwirtschaftsminister Schmidt sich in den Dienst der Agrar- und Chemielobby gestellt und für eine weitere Zulassung von Glyphosat in der EU gesorgt hat, muss die Konsequenz jetzt heißen, die Nutzung des Giftes national zu beenden.

    Selbst, wenn ein Verbot des Wirkstoffs als solcher nicht möglich ist, so dürfen dann die entsprechenden glyphosathaltigen Präparate keine Zulassung mehr erhalten. Hierfür werde ich mich in der SPD-Fraktion und im Bundestag einsetzen.

    Damit trügen wir nicht nur den Belangen des Gesundheits-, Arten- und Bodenschutzes Rechnung, sondern auch dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung. Sollten wir dies durchsetzen können, hätte Schmidt nur ein Pyrrhussieg erreicht. Sein Vorgehen war absolut inakzeptabel und ist nicht zu entschuldigen. Daher fordere ich weiterhin seinen Rücktritt. Solch eklatanter Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung muss Folgen haben.

    Ich rufe zudem Landwirte, Kommunen, gewerbliche und private Nutzer dazu auf, ab sofort freiwillig auf Glyphosat zu verzichten. Bereits 90 Städte und Gemeinden in Deutschland sind hier vorbildlicherweise mit einem Verzicht auf Glyphosat und andere Pestizide bei der Pflege ihrer Grün- und Freiflächen vorangegangen.

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