Mehr Personal: 15 Prozent mehr Staatsanwälte in Dortmund – Schwerpunkte in der Nordstadt und bei Wohnungseinbrüchen

Staatsanwaltschaft DortmundMassive Verstärkung verschafft der zuständige NRW-Minister Thomas Kutschaty (SPD) der Dortmunder Justiz: Die Staatsanwaltschaft bekommt 15 Prozent mehr Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Auch Amtsgericht und Landgericht werden perspektivisch mehr RichterInnen bekommen. Damit soll vor allem im Bereich der Nordstadt, der Tageswohnungseinbrüche, der Gewalt im Sport, bei jugendlichen Intensivtätern und bei der politisch motivierten Kriminalität Druck gemacht werden.

Kein Gießkannen-Prinzip – Dortmunder Ideen überzeugen das Land

Dies teilte Thomas Kutschaty bei einem gemeinsamen Besuch mit den beiden SPD-Landtagsabgeordneten Nadja Lüders aus Dortmund und Hartmut Ganzke aus Unna bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund mit. Dort informierten sich die Gäste aus Düsseldorf auch über die Arbeit der in Dortmund ansässigen NRW-Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen (eigener Bericht folgt).

Justizminister Thomas Kuschaty, Nadja Lüders, Volker Schmerfeld-Tophof und Hartmut Ganzke (v.re.).
Justizminister Thomas Kutschaty, Nadja Lüders, Volker Schmerfeld-Tophof und Hartmut Ganzke (v.re.).

Kuschaty machte in Dortmund deutlich, dass das Personal nicht mit der „Gießkanne“, sondern an Hand von Bedarfen, Konzepten und Ideen verteilt werde. Daher waren kreative Vorschläge und Ideen von den 19 Staatsanwaltschaften gefragt.

Der neue Leitende Dortmunder Oberstaatsanwalt Volker Schmerfeld-Tophof konnte die Politik von seinen Plänen überzeugen und bekommt daher besonders viele neue Stellen.

Denn von 109 neuen Stellen für die insgesamt 19 Staatsanwaltschaften in NRW bekommt Dortmund zehn Stellen ab. Die ersten vier neuen KollegInnen haben bereits in dieser Woche ihre Arbeit aufgenommen. Die Zahl der Stellen für Staatsanwälte wird von 68 auf 78 steigen – ein sattes Plus von 15 Prozent.

Düsseldorf honoriert damit die Dortmunder Bemühungen – nach der Polizei gibt es nun auch mehr Personal für die Justiz. Die Schwerpunkte der Staatsanwaltschaft sind mit der Polizei abgestimmt.

Ein Schwerpunkt liegt im Bereich der Arbeit mit jungen Intensivstraftätern. Dem Thema nimmt sich das Haus des Jugendrechts an, in dem Polizei und Jugendgerichtshilfe mit der Staatsanwaltschaft unter einem Dach arbeiten. Die Einrichtung wurde im vergangenen Monat im Beisein von Justizminister Kutschaty und seinem Amtskollegen – NRW-Innenminister Ralf Jäger – eröffnet.

Ein eigener Staatsanwalt für die Nordstadt  – Kampf gegen Banden

Einen ganz neuen Ansatz will die Staatsanwaltschaft in Sachen Nordstadt fahren: „Hier geht es um die Frage des Sicherheitsgefühls. Wir wollen da ganz energisch vorgehen“, kündigte Thomas Kutschaty in Dortmund an.

Volker Schmerfeld-Tophof ist der neue Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund.
Die Ideen des Leitenden Oberstaatsanwalts Volker Schmerfeld-Tophof werden belohnt. Fotos: Alex Völkel

Das Besondere: Normalerweise werden die Fälle nach Buchstaben (also nach den Nachnamen der Tatverdächtigen) auf die StrafverfolgerInnen verteilt – unabhängig vom Tat- bzw. Wohnort. Das neue Konzept hingegen sieht vor, dass es einen Staatsanwalt bzw. eine Staatsanwältin geben soll, die speziell für die Nordstadt zuständig ist.

„Es geht nicht um einmalige Straftäter“, erklärt Volker Schmerfeld-Tophof. Es geht um das Erkennen, ob es Mehrfachtäter und erwerbsmäßige Strukturen gibt. Der künftige Staatsanwalt kann dann auch Teams bilden und Unterstützung heranziehen, um dann Delikte, die bei isolierter Betrachtung vielleicht nur mit einem Strafbefehl geahndet oder wo vielleicht Verfahren sogar eingestellt worden wären, dann doch auszuermitteln und gegebenfalls größere Anklagen aufzubauen.

Hier wird es beispielsweise um Drogendelikte, das Antanzen oder auch Raub und Diebstahl gehen. „Wir werden dann da härter durchgreifen. Das hat schon gut geklappt, dass erwarte ich auch wieder“, so Volker Schmerfeld-Tophof.

Allerdings müssten sich dann beispielsweise auch die AnwohnerInnen und LadenbesitzerInnen als ZeugInnen zur Verfügung stellen. Nur dann könnten die angezeigten Straftaten auch wirkungsvoll geahndet werden: „Wir bitten um Unterstützung. Manche haben Angst. Aber an dem Punkt kommen wir ohne Zeugen nicht weiter. Wir können das alle nur gemeinsam machen“, betont der neue Leitende Oberstaatsanwalt.

Kampf gegen Tageswohnungseinbrüche wird ein Schwerpunkt in Dortmund

 Justizminister Thomas Kuschaty (SPD) will den Kampf gegen Tageswohnungseinbrüche verstärken.
Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) will den Kampf gegen Tageswohnungseinbrüche verstärken.

Ein weiterer Schwerpunkt wird bei der Aufklärung von Tageswohnungseinbrüchen liegen: „Das beschäftigt die Bevölkerung besonders intensiv, sodass es zu einer Störung des subjektiven Sicherheitsempfindens kommt“, betont Kutschaty.

Auch hier soll es künftig SpezialistInnen bei der Dortmunder Staatsanwaltschaft geben, die sich alle Fälle von Wohnungseinbrüchen – nicht nur die aus der Nordstadt – ansehen werden. Denn hier gibt es erwerbsmäßige und Bandenstrukturen, die die Staatsanwaltschaft nun stärker angreifen will.

Noch stärker als bisher der Kampf angesagt wird auch der Kriminalität und der Gewalt im Sport: Im vergangenen Jahr gab es hier allein 1500 Verfahren – vor allem bedingt durch zwei große „Lagen“ bei den BVB-Spielen gegen Dynamo Dresden und Galatasaray Istanbul, wo es zu massiven Ausschreitungen kam. „Wir wollen zeigen, dass wir Gewalt im Sport nicht tolerieren“, so Kuschaty.

Neuer Leitender Oberstaatsanwaltschaft sucht das Gespräch mit der Zivilgesellschaft

Dabei fällt der Blick auch auf die Verbindungen von Hooligans und Neonazis. Apropos Rechtsextremismus: Auch das Dezernat für politische Delikte wird gestärkt. Hier reicht die Bandbreite von rechtsextremen Straftaten bis zu terroristischen und islamistischen Gefahren.

Neonazi-Ausschreitungen überschatteten den Wahlabend in Dortmund
Die Stadtgesellschaft stellte sich den Neonazis am Wahlabend in Dortmund erfolgreich in den Weg.

Anders als seine Vorgängerin wird Volker Schmerfeld-Tophof auch den Dialog mit der Zivilgesellschaft suchen.

Vor allem nach dem Wahlabend im Mai 2014 mit den Zusammenstößen von Zivilgesellschaft und Neonazis (Stichwort „Rathaussturm“) und dutzenden Ermittlungsverfahren gegen DemokratInnen und AntifaschistInnen wegen Nötigung gegen die Neonazis kam es zu massiver Kritik an der Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Während Polizeipräsident Gregor Lange das Gespräch mit der Stadt, den „Runden Tischen“ und auch den Bündnissen suchte, nahm die damalige Leitende Oberstaatsanwältin Birgit Cirullies die Gesprächsangebote nicht wahr.

„Ich möchte nicht zurück, sondern nach vorne schauen. Wenn ich eingeladen werde, werde ich an dem Runden Tisch teilnehmen“, betonte Volker Schmerfeld-Tophof auf Nachfrage von nordstadtblogger.de. Der 59-Jährige hat im April 2016 die Nachfolge von Cirullies angetreten. Die Nötigungsverfahren sind mittlerweile allesamt vom Tisch.

HINTERGRUND: Das ist der neue Chef der Dortmunder Staatsanwaltschaft

  • Volker Schmerfeld-Tophof ist der neue Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund.
    Volker Schmerfeld-Tophof ist der neue Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund.

    Volker Schmerfeld-Tophof begann seine juristische Berufslaufbahn im September 1987 bei der Staatsanwaltschaft Dortmund. Im Anschluss an einen Laufbahnwechsel zum Landgericht Bochum befasste er sich bei der Staatsanwaltschaft Bochum u.a. mit Verfahren der Organisierten Kriminalität. 

  • Nach der Erprobung bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm und der Beförderung im Oktober 1999 zum Oberstaatsanwalt wurde er in der Zeit von 2000 bis 2003 an das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen abgeordnet. Anschließend übte er für zwei Jahre eine Tätigkeit bei der Landtagsverwaltung aus. Von August 2005 bis März 2007 war er als Dezernent bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm unter anderem mit Angelegenheiten der Informationstechnik betraut. 
  • Nach einer weiteren Abordnung an das Justizministerium Nordrhein-Westfalen kehrte der in Bochum lebende, heute 59-jährige Jurist im August 2008 zur Generalstaatsanwaltschaft in Hamm zurück, ehe er am 9. November 2009 zum Leitenden Oberstaatsanwalt ernannt wurde und die Leitung der Staatanwaltschaft Paderborn übernahm, an deren Spitze er bis April 2016 stand. Nun ist er zurück in Dortmund.

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Reaktionen

  1. Nordstadt-CDU

    Gemeinsame Pressemitteilung des CDU Stadtbezirks Innenstadt-Nord und der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord

    CDU Stadtbezirk und BV-Fraktion begrüßen die Entscheidung des Leitenden Oberstaatsanwaltes die Stelle eines ‚Nordstadt-Staatsanwaltes‘ zu schaffen.

    Dazu die Stadtbezirksvorsitzende Gerda Horitzky: „Diese Entscheidung begrüße ich zu 100%, in der Hoffnung dass sich etwas Positives für den Stadtteil entwickelt. Denn bisher sind leider zahlreiche Anstrengungen die Situation zu verbessern verpufft. Man hat zu lange die negativen Auswirkungen der vermeintlichen kulturellen Bereicherung in der Nordstadt und eine hohe Kriminalität verharmlost. Mit der zusätzlichen Stelle ist hoffentlich auch die Überlastung der Staatsanwaltschaft behoben und eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei möglich.“

    BV-Fraktionssprecher Dorian Marius Vornweg ergänzt: „Die Polizei in der Nordstadt hat auch bisher einen guten Job gemacht der nur leider zu selten zu Verurteilungen geführt hat. Ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin speziell für die Nordstadt könnte also auch die Arbeit der Polizei erleichtern.“

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