Kontroverse Debatte um Schließung von Sparkassen-Filialen in der Nordstadt – Schützen- und Lortzingstraße betroffen

Die Sparkasse schließt Filialien
Die Sparkasse will zwei ihrer vier Nordstadt-Filialien schließen. Fotos: Klaus Hartmann

Die Schließung von Sparkassenfilialen bzw. ihre Umwandlung in Selbstbedienungseinheiten bewegt die Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord. Sie wollen den Verlust der persönlichen AnsprechpartnerInnen an der Schützen- und der Lortzingstraße nicht akzeptieren. Da nützte auch die große „Charme-Offensive“ von Sparkassen-Vorstand Jörg Bussata nichts, der mit drei KollegInnen den Nordstadt-PolitikerInnen rede und Antwort stand.

35 Filialen in Dortmund soll zu reinen „Selbstbedienern“ werden

Worum geht es? Die Dortmunder Sparkasse will ihr dichtes Filialnetz umbauen. 72 Standorte gibt es. Daran soll sich auch künftig nichts ändern. Allerdings soll aus 35 klassische Filialen das Personal abgezogen werden.

Künftig gäbe es dort nur noch Geldautomaten und Terminals – „Selbstbedienungseinheiten“ (SB). Im Gegenzug sollen die 35 verbliebenen Filialen ausgebaut werden, um dort noch umfangreicher und besser die Privatkunden beraten zu können.

Gekündigt wird allerdings niemand – alle betroffenen KollegInnen werden in andere Filialen versetzt – teilweise, um ihre bisherigen KundInnen dann dort weiter zu betreuen. Perspektivisch soll allerdings die Beschäftigtenzahl sinken.

Filialen in der Schützen- und der Lorzingstraße sollen wegfallen

Die Sparkasse schließt Filialien. Sparkasse am Lortzingplatz
Die Sparkassen-Filiale am Lortzingplatz wird perspektivisch schließen – das Gebäude verkauft.

Davon ist auch die Nordstadt betroffen. Als erstes soll das Personal auf der Filiale in der Schützenstraße abgezogen werden. Das Personal wird in die Münsterstraße wechseln und das Team dort verstärken.

Später soll dieser Schritt auch an der Lortzingstraße erfolgen. Doch die Sparkasse möchte lieber einen neuen gemeinsamen Standort für die drei bisherigen Filialen im Bereich der Leopold und Mallinckrodtstraße schaffen.

Denn die verbliebene Quartierszentrale allein würde nicht mehr ausreichen, wenn auch die Filiale Lortzingstraße geschlossen wird.

Mit der Filiale an der Gabelung von Lortzing- und Münsterstraße hat die Sparkasse schon jetzt Probleme: Denn aus Sicherheitserwägungen wird dort schon seit einiger Zeit auch der SB-Bereich ab 21 Uhr geschlossen.

Bussata warb für die Lösung und verwies auf den Neubau der Filiale an der Hohen Straße, der die drei früheren kleineren Filialen an der Saarlandstraße, am Vinckeplatz und an der Hohen Straße ersetzte.  Eine solche Lösung schwebt der Sparkasse auch für das Hafen- bzw. Nordmarkt-Quartier vor.

Sparkassen-Standort am Borsigplatz bleibt vorerst unverändert

Die Sparkasse schließt Filialien. Sparkasse am Borsigplatz/Oesterholz
Der Standort Borsigplatz soll unverändert bleiben.

Lediglich am Standort am Borsigplatz soll sich vorerst nichts ändern – hier geht die Arbeit wie bisher weiter. Man habe den Standort intensiv untersucht.

Hier erwartet das kommunale Finanzhaus gerade durch die geplanten Wohnbauaktivitäten auf dem Areal der Westfalenhütte noch mit steigendem oder zumindest gleichbleibenden Beratungsbedarf.

Unzumutbare Nachteile sehe man nicht. Schon jetzt würden der überwiegende Teil der Abhebungen an Automaten getätigt. Auch ein großer Teil der Überweisungen und ein Teil der Beratungen erfolge schon jetzt elektronisch.

Außerdem nutzen Kunden aus dem südlichen Bereich der Schützenstraße den Standort im Union-Viertel („West-Center“). im nördlichen Teil des Stadtbezirks hätten sich schon einige Kunden nach Eving orientiert.

KommunalpolitikerInnen befürchten Nachteile vor allem für SeniorInnen

Allerdings wollten viele der BezirksvertreterInnen den „schönen Worten“ nicht oder nur eingeschränkt folgen. Vor allem für die älteren Menschen, Behinderte sowie Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen sehen sie Nachteile aufkommen. Daher wurde auch eine Resolution der SPD bei vier Enthaltungen angenommen, die die Pläne „missbilligt“ und die Sparkasse auffordert „ihre Entscheidung zurückzunehmen“.

Zuvor war sehr ausführlich über die Nachteile und Folgen diskutiert worden – aber auch Chancen beleuchtet.  „Wir haben im Hafen-Quartier sehr viel ältere Wohnbevölkerung, die nicht mit dem elektronischen Zahlungssystemen umgehen können – vom Umgang oder auch der Sprache her.

Sie sind auf Hilfe angewiesen“, verdeutlichte Brigitte Jülich (SPD), die auch die Resolution in die Bezirksvertretung eingebracht hatte. „Von daher ist es kritisch zu sehen, dass die fußläufigen Filialen schließen.“

Gefahrenpotenzial: Kritik an der Zentralisierung auf der Münsterstraße

Die Sparkasse schließt Filialien. Sparkasse in der Münstersterstraße
Die Sparkassen-Filiale in der Münsterstraße soll vorübergehend aufgewertet werden.

Zudem fielen die vor allem bei SeniorInnen beliebten und nachgefragten Schließfächer weg, wenn es nur noch Selbstbedienungsterminals gebe.

Ganz abgesehen davon seien viele im Quartier sehr skeptisch, wenn sie künftig in ihre „neue“ Filiale gehen müssten: „Die Münsterstraße wird sehr kritisch gesehen. Das ist eine Umgebung, der trauen wir nicht“, brachte Jülich die Stimmung auf den Punkt.

Sicherheitsbedenken machten mehrere Parteien geltend. Zudem sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Münsterstraße nicht so gut erreichbar – da liegt die Zentrale in der City günstiger.

Allerdings – und das ist der Haken – würde das natürlich Geld kosten – für ein ÖPNV-Ticket oder Parkgebühren. Wobei die wenigsten SeniorInnen ein eigenes Auto hätten.

Sparkassen will immobilen treuen KundInnen entgegenkommen

Denn auch die Alternative, sich das Geld bringen zu lassen, sei zwar schöner, aber doch sehr teuer“, betonte Senioren-Vertreterin Kristina Kalamajka. 12 Euro Gebühren würden dafür fällig. „Das ist eine Menge Geld.“

Zumindest hier signalisierte die Sparkasse Entgegenkommen: Wenn langjährige treue KundInnen künftig massive Probleme mit der Erreichbarkeit hätten  – sei es wegen des Alters oder eine anderen Beeinträchtigung – könne man ihnen bei den Konditionen deutlich entgegen kommen.

Doch klar sei – hier gehe es um Einzelfallbetrachtungen, wo auch der Seniorenbeirat oder das Behindertenpolitische Netzwerk Hinweise liefern könnten. Bussata regte zudem an, dass sich SeniorInnen zusammen tun könnten, um dann den „Geldexpress“ zu bestellen. Dann relativierten sich die Kosten.

Dortmund hätte auch zukünftig ein sehr dichtes Sparkassen-Filialnetz

Sparkassen-Vorstand Jörg Bussata.
Sparkassen-Vorstand Jörg Bussata.

Allerdings machte er deutlich, dass auch nach den Maßnahmen Dortmund ein sehr dichtes Filialnetz habe. Die Filialen lägen kaum mehr als 1,5 Kilometer auseinander. Jeder könnte zumindest theoretisch zu Fuß oder mit dem Fahrrad die nächste Filiale erreichen.

In anderen Dortmunder Stadtteilen seien die Entfernungen größer. In anderen Regionen seien die Entfernungen zudem um ein Vielfaches weiter – und auch damit erfülle die Sparkasse seinen Versorgungsauftrag, auf den vor allem Andreas Urbanek (AfD) gepocht hatte.

Einen „Rückzug aus der Fläche“ bestritt der Sparkassen-Vorstand vehement. Die Standorte blieben. Auch würde niemand entlassen.

„Bei uns kümmern sich 800 Beschäftigte um die Privatkunden“ verdeutlichte Busatta. Daran ändere sich auch nichts, wenn nicht mehr an jedem Standort Personal vor Ort sei.

Sparkasse benötigt mehr Personal für Telefon- und Onlineberatung

Denn auch für die telefonische und Online-Beratung würde geschultes Personal benötigt. „Hier werden zusätzliche Stellen geschaffen“, berichtete der Vorstand.

Außerdem wolle man künftig an den dann verbliebenen Filial-Standorten mehr und noch bessere Beratung anbieten. „Wir wollen ja in der Nordstadt investieren und uns nicht zurückziehen“, machte Jörg Bussata deutlich.

Nicht mehr benötigte Sparkassengebäude in der Nordstadt sollen verkauft werden

Die Sparkasse schließt Filialien. Sparkasse an Schützen- Ecke Mallinckrodtstraße
Die Sparkasse möchte ihr markantes Gebäude an Ecke Schützen- und Mallinckrodtstraße loswerden.

Apropos investieren: Die nicht mehr benötigten Gebäude will die Sparkasse verkaufen. Denn gerade in den Gebäuden in der Lortzing- und der Schützenstraße – beide in den 1960er-Jahren errichtet – müssten die Käufer investieren.

Wenn die SB-Bereiche dann dort nicht mehr genutzt werden könnten, würde sich das Unternehmen nach neuen Standorten umsehen. Ins Auge fallen dann Dienstleistungsstandorte, wo auch Einzelhandel ist.

Gerda Horitzky (CDU) machte sich daher Sorgen, dass an dem bisherigen Sparkassen-Standorten durch Leerstand neue Probleme entstünden. Doch die sah der für das Privatkundengeschäft zustänige Vorstand nicht kommen. Man werde sich zuverlässige Käufer suchen.

Außerdem kümmere sich die Sparkasse bis zum Verkauf auch weiter um die Pflege der Gebäude und der Grundstücke. „Und die Wohnungen bleiben ja weiter bewohnt“, warb Bussata um Vertrauen und Unterstützung.

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Reaktionen

  1. SPD OV-Nord

    Wir sagen „NEIN“ zur Schließung der Standorte in der Nordstadt!

    Mit Entsetzen stellt der SPD OV-Nord fest, dass die Sparkasse Dortmund ihre Zweigstellen in der Schützenstraße und in der Lortzingstraße in Selbstbedienungs-Standorte umwandeln will.

    „Beide Standorte sind wichtig für unseren Stadtbezirk, da wir es vor allem älteren Menschen nicht zumuten können, ellenlange IBAN-Nummern in den Selbstbedienungsautomaten einzugeben oder andere Bankgeschäfte alleine durchzuführen, zumal sich beide Standorte unmittelbar an zentralen U-Bahnhaltestellen der Nordstadt befinden“, so der Ortsvereinsvorsitzende Elvedin Goljica .

    Die Sparkasse Dortmund ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sparkassen haben die Aufgabe, der Bevölkerung Möglichkeiten zur sicheren und verzinslichen Geldanlage zu bieten und die örtlichen Kreditbedürfnisse zu befriedigen.

    „Der SPD OV Nord kann verstehen, dass die Sparkassen aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank handeln müssen, aber doch nicht zu Lasten der treuen Bürgerinnen und Bürger, die über Jahrzehnte ihr Konto und ihr Schließfach bei der Sparkasse Dortmund haben. Die Sparkasse wirbt doch auch damit, vor Ort zu sein“, so der Ortsvereinsvorsitzende Elvedin Goljica.

    „Viele Kundinnen und Kunden in der Nordstadt sind auf die Hilfestellung durch die Bankangestellten angewiesen und auch in ihrer Mobilität eingeschränkt, sodass sie die Zweigstelle Münsterstraße nicht aufsuchen können. Der von der Sparkasse angebotene Service nach Hause stellt aufgrund der hohen Kosten keine zumutbare Alternative dar. “, so der Ortsvereinsvorsitzende Elvedin Goljica.

    „Wenn man sich die anderen betroffen Standorte anschaut, die geschlossen werden, so stellt man fest, dass hier willkürlich nach dem Prinzip des Rasenmährers alle Stadtbezirke betroffen sind. Was kommt denn als nächstes? Bepreisungen für Bankgeschäfte, die vorher kostenlos waren? Höhere Gebühren? Das lade zum Wechsel zur Konkurrenz doch geradezu ein“, stellt der Ortsvereinsvorsitzende Elvedin Goljica fest.

    Deshalb fordert der SPD OV Nord die Verantwortlichen dazu auf, diese Entscheidungen zu revidieren und begrüßt die Resolution der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord.

  2. Linke & Piraten

    Sparkassen-Pläne – LINKE & PIRATEN bereiten Resolution vor

    Die Umwandlung von 16 Dortmunder Sparkassen-Filialen in reine Automatenstandorte beschäftigt derzeit die Gemüter – die Bürger auf der Straße ebenso wie die Politiker in den Bezirken und in den diversen Ausschüssen. „Uns gefallen diese Planungen ebenfalls nicht. Wir machen uns vor allem um die älteren Menschen Gedanken, die nicht ohne Hilfe ihre Rente aus dem Geldautomaten ziehen können und zwingend auf die Hilfe der Sparkassen-Mitarbeiter angewiesen sind“, sagt Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. „Immerhin gibt es mehr als 30.000 Dortmunderinnen und Dortmunder, die bereits über 80 Jahre alt sind.“

    Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN hat deshalb eine Resolution für die Ratssitzung am 28. April vorbereitet. Darin wird der Sparkassen-Vorstand gebeten, gerade solche Standorte nochmals einer Prüfung zu unterziehen, die entweder in besonders benachteiligten Sozialräumen liegen, etwa in Marten, Bövinghausen, Scharnhorst oder in der Nordstadt, oder in der überdurchschnittlich viele ältere Menschen leben.

    „Wir verstehen prinzipiell die Grundkonzeption der Sparkassen-Pläne. Uns ist klar, dass immer mehr Menschen ihre Bankgeschäfte zu Hause am Computer erledigen. Deshalb macht es natürlich es keinen Sinn, dauerhaft Filialen mit den aus Sicherheitsgründen vorgeschriebenen drei Mitarbeitern aufrecht zu erhalten, wenn es dort so gut wie keinen Kundenverkehr mehr gibt“, so Kowalewski. Doch es gebe halt auch Grenzfälle.

    Der Sparkassen-Vorstand soll deshalb mit spitzem Stift rechnen und gerade diese Grenzfälle bei der Auslastung noch einmal neu bewerten, fordern die Linken & Piraten. „Denn die Sparkasse als Einrichtung der öffentlichen Daseinsfürsorge hat nicht in erster Linie die Aufgabe, sich möglichst gewinnbringend aufzustellen. Sie hat vielmehr die Aufgabe, die Daseinsfürsorge in allen Stadtteilen zu garantieren“, so Kowalewski.

    „Wir befürchten durch die Sparkassen-Pläne auch Trading Down Effekte, also ein langsames Sterben mancher Zentren durch zunehmenden Leerstand“, sagt Utz Kowalewski. „Gerade die Sparkassen-Filialen sind derzeit noch oft einer der Magneten für Kundenverkehr.“

  3. Nordstadtblogger-Redaktion

    Der Rat hat in seiner Sitzung am 28. April das Thema Sparkasse nicht diskutiert, sondern die Anträge und Anfragen dazu in den Finanzausschuss überwiesen. Dort sollen dann auch Vertreter der Sparkasse eingeladen werden. Daher gibt es noch keinen weiteren Sachstand zu berichten.

  4. Senioren in Dortmund kritisieren Filialsterben bei Banken und Sparkassen (PM)

    Senioren in Dortmund kritisieren Filialsterben bei Banken und Sparkassen

    Die für die nächsten Jahre angekündigte Schließung tausender Filialen von Banken und Sparkassen trifft bei der Senioren-Union der CDU in Dortmund auf scharfe Kritik. „Viele Menschen – nicht nur Ältere – sind auf Bankschalter und Geldautomaten in der Nähe angewiesen und verfügen nicht über die Technik zum Home-Banking“, kritisierte der Kreisvorsitzende der Senioren-Union in Dortmund, Dr. Martin Hofmann. Er appellierte besonders an die kommunalen Sparkassen und Volksbanken, die Grundversorgung der Älteren aufrechtzuerhalten. „Ich habe Verständnis für den wachsenden Kostendruck der Geldinstitute“, sagte Dr. Hofmann, „wenn aber die letzte Filiale vor Ort geschlossen ist und auch kein überfallgesicherter Geldautomat mehr zur Verfügung steht, dann müssen nicht nur Ältere weite Strecken zurücklegen, um an Bargeld zu kommen.“ Die Senioren-Union drängt die Verantwortlichen, trotz aller wirtschaftlichen Zwänge den grundlegenden Versorgungsauftrag für weite Teile der Bevölkerung nicht aus dem Auge zu verlieren.

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