Kommunaler Klimaschutz: Das 34. EnergiePlusHaus ist in Dortmund ans Netz gegangen – 30 weitere sollen bald folgen

Das 34. EnergiePlusHaus ist in Adelenstraßein Schüren ans Netz gegangen.
Das 34. EnergiePlusHaus ist in Adelenstraße in Schüren ans Netz gegangen. Fotos: Thomas Engel

Von Thomas Engel

Das 34. EnergiePlusHaus ist in Dortmund ans Netz gegangen – mindestens 100 sollen es in Dortmund werden. Der ambitionierte Plan hat Gründe: Kommunen werden zu immer wichtigeren Akteuren beim Klimaschutz. Dieser gilt bereits als weicher Standortfaktor. Und auch die Vorbildfunktion des kommunalen Engagements ist nicht zu unterschätzen.

Stichwort EnergiePlusHäuser: Ein eigenes Haus mit einer autarken Energiebilanz

Familie Stockhausen ist in ihrem neuen Heim im Dortmunder Stadtteil Schüren angekommen. Zwar gibt es nach einem Jahr Bauzeit noch einiges um das Haus herum zu tun, aber das Gröbste ist erledigt. Zuvor hätten sie in einem Altbau ganz in der Nähe gewohnt, bemerkt Frau Senge-Stockhausen, die Bauherrin: nun sei das Raumklima viel besser – und man sieht ihr die Zufriedenheit bei diesen Worten sichtlich an.

Es geht um sogenannte EnergiePlusHäuser. Das 34. von ihnen ist das der Familie Stockhausen in der Adelenstraße in Dortmund-Schüren. Der Bau solcher Wohneinheiten wird von der Stadt Dortmund ausdrücklich unterstützt. Mehr noch: Mit der 2011 von der Kommune ins Leben gerufenen Kampagne „100 EnergiePlusHäuser für Dortmund“ wird seitens der Stadt beabsichtigt, mindestens 100 solcher Häuser zu errichten. Und das ist mitnichten Zufall.

Das besondere nämlich ist: Die Energiebilanz der Wohneinheiten soll deutlich positiv sein. Mit anderen Worten: Durch ihre Fertigung und die technische Ausstattung wird mittelfristig mehr Energie erzeugt, als ihre Bewohner für ihre Lebensführung verbrauchen. Der Zielwert liegt bei einem Plus von 1000 kWh/a (Kilowattstunden pro Jahr). D.h. die Häuser und die in ihnen lebenden Menschen sind prinzipiell autark. Eigenständige Selbstversorger gewissermaßen. Unter klimaschutzpolitischen Aspekten ein sinnvoller und konkreter Beitrag zu den letzten Beschlüssen der UN-Klimakonferenz – so geht Umweltschutz lokal.

Tatkräftige Hilfe der Stadt Dortmund gab es in jeder Bauphase

Anna Büscher (Stadtplanungs- und Bauordnungsamt), Wilfried Roder-Humpert (Energieberater), Gerald Kampert (Qualitätssicherung), Bauherrin Annette Senge-Stockhausen nebst Ehemann, Bauunternehmer Rudolf Gasch und die Studierende Roder-Humpert.
Anna Büscher (Stadt), Wilfried Roder-Humpert (Energieberater), Gerald Kampert (Qualitätssicherung), Bauherrin Annette Senge-Stockhausen nebst Ehemann, Bauunternehmer Rudolf Gasch und die Studierende Roder-Humpert.

Wer ein EnergiePlusHaus errichten möchte, hat nach den Vorgaben der Dortmunder Kampagne zwei Möglichkeiten: Entweder die Entscheidung fällt auf ein „Effizienzhaus-40“ oder auf ein „Passivhaus Plus“. Bei letzterem muss die Energiebilanz in etwa ausgeglichen sein. Ein KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Effizienzhaus-40 reduziert den Effizienzhaus-100-Standard für Neubauten um 60 Prozent; sie benötigen also mindestens diesen Prozentsatz weniger an Primärenergie.

Bewerkstelligt wird dies vor allem durch einen umfassenden Wärmeschutz. Und spätestens hier kommen die ExpertInnen ins Spiel. So berät der Architekt Wilfried Roder-Rumpert im Auftrag der Stadt Dortmund die zukünftigen HauseigentümerInnen bei der Durchführung der Bauvorhaben, um möglichst effektiv mit Primärenergie umzugehen und dies effizient baulich umzusetzen. Zur Qualitätssicherung ist Gerald Kampert vom Dortmunder Stadtplanungs- und Bauordnungsamt in beständigem Kontakt mit allen Beteiligten.

Und auch schon in der Planungsphase dürfen die zukünftigen BauherrInnen mit der Unterstützung der Stadt rechnen. So werden in verschiedenen Wohngebieten Dortmunds jeweils fünf bis zwanzig Grundstücke, die sich speziell für die Errichtung von EnergiePlusHäusern eignen, nur für Bauwillige solcher Häuser reserviert. – Und, dies sei hinzugefügt: Dabei handelt es sich nicht gerade um die schlechtesten Grundstücke. Zum Beispiel ist eine spätere Beschattung der Sonnenseiten ausgeschlossen. Sonst machte die Photovoltaikanlage auf dem Dach zur Sonnenenergiegewinnung schließlich wenig Sinn.

Gewünschte Rückkopplungseffekte: Die BewohnerInnen handeln umweltbewusster

Stromwechsler im Wirtschaftsraum
Stromwechsler im Wirtschaftsraum.

Es wird darüber hinaus klar: Wer ein nach ökologischen Maßstäben zukunftsorientiertes Haus baut, überdenkt auch so manche Gewohnheit, die eher in die andere Richtung wies: Wer sich ein umweltbewusst konzipiertes Haus baut bzw. bauen lässt, wird darin kaum durch seine/ihre Verhaltensweisen zum notorischen Energieverschwender werden. Allein schon aus sportlichen Gründen.

So habe man mit dem Umzug, berichtet Herr Stockhausen, die Beleuchtung der gesamten Wohnfläche beispielsweise auf energiesparende LED‘s umgestellt. Insgesamt eigentlich das „ganze Haushaltsmanagement“, fügt Frau Senge-Stockhausen hinzu. Von einer Modifikation der Zeiten zum Waschen und Trocknen bis zum bewussteren Blick auf die Effizienzklassen von Elektrogeräten im Haushalt.

Ursprünglich wollte die Familie ihr neues Haus eigentlich mit einer Gasheizung ausstatten. Nun profitiert sie von Erdwärme für ihre Fußbodenheizung, welche sich aus 90 Metern Tiefe über eine Wärmepumpe speist, die mit eigenem Strom betrieben wird. Der mit der Photovoltaikanlage – idealtypisch – erzeugte Energieüberschuss kann als Strom bei der Vergütung von 11 Cent pro kWh wieder ins Netz eingespeist werden. Reicht der eigene Strom mal nicht aus, wird Ökostrom dazugekauft. Somit ist der laufende Betrieb des Hauses komplett CO2-frei und klimaneutral.

Ohne staatliche Subventionen keine Umsetzung klimapolitischer Vorhaben

Hightech-Stromzähler im EnergiePlusHaus
Hightech-Stromzähler im EnergiePlusHaus.

Zudem gibt es von der KfW-Bank günstige und staatlich geförderte Kredite zu besonderen Konditionen, erläutert Gerald Kampert. – Auch der das Projekt umsetzende Bauunternehmer, Rudolf Gasch aus Dortmund-Dorstfeld, betont die Bedeutung staatlicher Hilfen für ein solches Vorhaben. Das 40-Plus-Haus, das erste dieser Art, das er überhaupt in Angriff genommen hat, rechnete sich. Aber eben nur wegen der besonderen Förderung durch den Staat.

Ein EnergiePlusHaus zu bauen, betont G. Kampert, sei natürlich „kein Hexenwerk“. Aber die Realisierung klimaschutzpolitischer Vorgaben des Landes und Bundes seitens der Kommunen ist ohne angemessene Subventionen nur schlecht vorstellbar.

Die hausinterne Anlage des technischen Energiespar- und Gewinnungssystems der frisch gebackenen EnergiePlusHaus-Besitzerin läuft seit Ende Juli. Nach gut einem Jahr wird sich herausstellen, was dabei herum gekommen ist.

Print Friendly, PDF & Email

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert