Internationaler Frauentag im Dietrich-Keuning-Haus: Der Migrantinnenverein Dortmund lud ein und 300 Gäste kamen

300 Gäste kamen zum Internationalen Frauentag ins Dietrich-Keunig-Haus. Fotos: Wolf-Dieter Blank
300 Gäste kamen zum Internationalen Frauentag ins Dietrich-Keunig-Haus. Fotos: Wolf-Dieter Blank

Von Susanne Schulte

Mehr als 100 Jahre sind seit dem ersten Internationalen Frauentag vergangen, aber das Recht auf Selbstbestimmung und Bildung, das Recht zu wählen und das eigene Leben zu leben wird in vielen, vielen Gesellschaften der Erde immer noch Millionen von Frauen abgesprochen. Selbst in westlichen Industriestaaten ist die Gleichberechtigung nur ein Wort. So ist es kein Wunder, dass zur Veranstaltung des Migrantinnenvereins Dortmund mehr als 300 Gäste das Foyer des Dietrich-Keuning-Hauses füllten – und das am Sonntagnachmittag –, um sich politische Reden und Statements anzuhören.

Ein sehr politischer Sonntagnachmittag mit guten Themen und Reden

Ayse Gül Dökmeci und Bahar Atci führten zweisprachig durchs Programm
Ayse Gül Dökmeci und Bahar Atci führten zweisprachig durchs Programm

, Fatma Karacakurtoglu vom Vorstand des gastgebenden Vereins begrüßte das Publikum bevor Stadträtin Diane Jägers in Vertretung für Oberbürgermeister Sierau am Mikrofon stand.

Sie erinnerte an den Kampf der Frauen in den 1920er Jahren ums Wahlrecht und um die Bildung, um die Berufstätigkeit und die sexuelle Selbstbestimmung. Zwar habe man viel erreicht, so Jägers, aber Mobbing in vielen Verbänden und Firmen, Unternehmen und Verwaltungen sei psychische Gewalt, unter der Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts zu leiden hätten.

„Erst wenn wir gleich viele schlechte Frauen in Führungspositionen haben wie schlechte Männer in Führungspositionen sitzen, dann haben wir unser Ziel erreicht.“

Stadträtin Jägers betonte die Bedeutung von Bildung, um sich als Frau zur Wehr zu setzen

Diane Jägers
Diane Jägers

In anderen Ländern, so Jägers, scheine dieses eine Luxusdiskussion zu sein. Da ginge es den Frauen ums Überleben.

Sie erinnerte an die juristische Auseinandersetzung darüber, ob die Vergewaltigungen in Bosnien als politische Verfolgung gelten sollten. „Schade, dass Deutschland dieser Diskussion ausgewichen ist.“ Sie betonte noch einmal, wie wichtig Bildung sei, um sich als Frau zur Wehr setzen zu können.

Anschließend erzählte eine 33jährige Irakerin von der Vertreibung durch den IS (Islamischen Staat) aus ihrem Dorf, die Entführung von Jungen und Mädchen, die Flucht in die Berge und später in die Türkei, und das Ankommen in Deutschland.

Noch immer hätten ihre Kinder Angst, das alles könne sich wiederholen. Sie sei froh, hier zu leben, auch wenn sie viel zurücklassen haben müsse: das Haus und das eigenen Geschäft, eine Art Baumarkt.

Migrantinnen-Verein stellte eigene Zeitschrift vor: „Rosa – Die Stimme der Frau“

Weitere Mitglieder des Vereins trugen Gedichte und Lieder vor, Elif Demirhan vom Vorstand des Vereins übernahm die Rede, die jedoch wegen einer technischen Panne nur zum kleinen Teil auf Deutsch auf der Leinwand übersetzt werden konnte.

Auf Deutsch und Türkisch sind die Artikel gedruckt, die in der Zeitschrift „Rosa – Die Stimme der Frau “ zu lesen sind. Die erste Ausgabe der Publikation des Dortmunder Migrantinnenvereins ist jetzt erschienen, geschrieben von den ehrenamtlich arbeitenden Mitgliedern.

Sie kostet einen Euro und berichtet über die Arbeit des Vereins.

Neuer Treffpunkt des Vereins ist im Kulturhaus Taranta Babu zweimal im Monat

2008 wurde der Verein gegründet und zählt heute 55 Mitglieder. Dass zum Internationalen Frauentag mehr als 300 kommen, hat für die Fatime Sahin und Elif Demirhan einen guten Grund: „Jede und jeder, die hier sind, waren schon mal für sich selbst, für die Familie, für Freunde oder Verwandte in unserem Verein und wollten einen Ratschlag.“

Frauen, egal welcher Nationalität, sind willkommen im Frauencafé, zu dem sich die Vereinsmitglieder jeden 1. und 3. Freitag im Monat um 13 Uhr im Kulturhaus Taranta Babu in der Humboldtstraße 44.

Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. Palästinensischen Gemeinde Dortmund

    Stellungnahme der Palästinensischen Gemeinde Dortmund zum Weltfrauentag

    Seit vielen Jahren gedenkt die Welt am 8. März ganz besonders der Frauen. Wir möchten aus diesem Anlass den Fokus auf eine besonders unterdrückte Gruppe richten, der nicht viel Aufmerksamkeit zu Teil wird – die palästinensischen Frauen und Mädchen in israelischen Gefängnissen, großteils politische Gefangene.

    Innerhalb der letzten 45 Jahre wurden ca. 10.000 palästinensische Frauen verhaftet und/oder inhaftiert. Allein 2015 haben israelische Besatzungssoldaten 106 Palästinenserinnen (minderjährige Mädchen und Frauen) verhaftet, was einen Anstieg von 70% gegenüber dem Jahr 2013 bedeutet.

    Wie die männlichen Inhaftierten werden viele der Frauen in Administrativhaft genommen, was bedeutet, dass sie ohne Anklage, ohne Angabe von Gründen für 6 Monate inhaftiert bleiben können; nach Ablauf dieser Zeit wird die Administrativhaft oft weiter verlängert, was zu jahrelanger Haft führen kann. Wenn Verhaftungsgründe genannt werden, so kann dies z.B. „Aufwiegelung durch Facebook-Einträge“ sein.

    Palästinenserinnen werden hauptsächlich in den Gefängnissen HaSharon und Damon gehalten. (Zur Zeit gibt es 55 weibliche Gefangene (42 in HaSharon und 13 in Damon), darunter 2 Frauen in Administrativhaft, und 12 minderjährige Mädchen). Beide Gefängnisse befinden sich außerhalb der (1967) Besetzten Gebiete, was einen Verstoß gegen Artikel 76 der vierten Genfer Konvention bedeutet, der besagt, eine Besatzungsmacht muss verhaftete Bürger der Besetzten Gebiete innerhalb des besetzten Territoriums inhaftieren.

    Bei den Gefängnissen fehlen gendergerechte Einrichtungen. Weibliche Gefangene leiden ganz besonders unter den harschen Zuständen, wie medizinische Vernachlässigung, Ablehnen von Bildung, Familienbesuchen, auch für Mütter von Kleinkindern, Isolationshaft, überfüllte verschmutzte Zellen mit Insekten, und ohne Tageslicht. Persönliche Gesundheit, hygienische Bedürfnisse werden von den Gefängnisautoritäten kaum wahrgenommen, auch nicht bei Schwangeren. Minderjährige Mädchen leiden besonders unter diesen unmenschlichen Bedingungen, sind oft schwer traumatisiert und haben keine spezielle Betreuung.

    Zudem ist die Mehrheit der palästinensischen Frauen und Mädchen in den Gefängnissen verschiedenen Formen von psychologischer und physischer Folter ausgesetzt: Misshandlungen während Verhaftung und Inhaftierung, inklusive verschiedener Formen sexueller Gewalt, was sich in Schlägen, Beleidigungen, Drohungen, Leibesvisitation, und expliziter sexueller Belästigung äußert.

    Weibliche Gefangene werden nicht über ihre Rechte informiert oder darüber, wohin sie gebracht werden. Diese Misshandlungen und Foltermethoden werden nicht nur zur Einschüchterung angewandt, sondern auch als Werkzeug um palästinensische Frauen zu demütigen und sie zu Geständnissen zu zwingen. Dabei gehen weibliche Soldaten nicht weniger gewalttätig vor, als ihre männlichen Kollegen.

    In den detaillierten Berichten von Addameer, der palästinensischen NGO für die Gefangenen werden lange Listen von fortwährendem Missbrauch und Nichteinhaltung von Grundrechten an palästinensischen Frauengefangenen genannt. Die Zustände variieren von Gefängnis zu Gefängnis, erreichen aber nirgends internationalen Standard, geschweige denn die Bedürfnisse der Frauen.

    An dieser Stelle ein Beispiel, das für die inhaftierten Palästinenserinnen spricht: Die NGO Addameer schreibt am 22.Februar 2017 über Sabah Faroun (34), deren Administrativhaft das vierte Mal um 4 Monate verlängert wurde. Die bereits drei Mal verlängerte Haft hätte am 25. Februar 2017 enden sollen.

    Sabah Faroun wurde während eines nächtlichen Überfalls von israelischen IDF Soldaten auf ihr Haus am 19. Juni 2016 verhaftet, nachdem ihre Kinder alleine in einem anderen Raum eingesperrt wurden. Ihr wurden die Augen verbunden, die Hände am Rücken gefesselt. Mit der einzigen Begründung, sie hätten einen Verhaftungsbefehl, wurde sie zuerst ins Etzion und dann ins Ofer Gefängnis gebracht, später ins HaSharon und zuletzt ins Damon Gefängnis. Während all der Stunden in denen sie untersucht und befragt wurde, blieben ihre Hände am Rücken gefesselt.

    Sabah Faroun ist mit Issa Faroun verheiratet und Mutter von vier Kindern zwischen 5 und 15 Jahren. Alle Kinder gehen zur Schule, sie vermissen ihre Mutter, und ihr Mann seine Ehefrau. Die Familie weiß keinen Grund ihrer Verhaftung, noch das Datum einer Freilassung und leidet zunehmend darunter.

    Mit diesem Beispiel und der kurzen Faktenschilderung möchten wir anlässlich des internationalen Frauentages auf die menschenunwürdige Situation palästinensischer Frauen in israelischen Gefängnissen aufmerksam machen, und ganz besonders die Frauen unter den Politikern und Medienleuten auffordern, ihre Stimme für das Unrecht an diesen Frauen zu erheben.

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert