Gute Nachrichten für 100.000 Bezieher von Sozialleistungen in Dortmund: Bessere Möglichkeiten bei der Wohnungssuche

Luftbild Nordstadt
Nur noch zehn Prozent der 2016 angebotenen Mietwohnungen standen BezieherInnen von Sozialleistungen offen.

Gute Nachrichten für die rund 100.000 BezieherInnen von Hartz IV, Asylleistungen und Sozialgeld in Dortmund: Die Stadt passt erstmals seit Einführung der umstrittenen Hartz-IV-Gesetze im Jahr 2005 die sogenannte „Angemessenheitsgrenze“ an. Diese legt fest, wie teuer und wie groß eine Wohnung von Menschen maximal sein darf, die auf Unterstützung angewiesen sind.

Knapper preisgünstiger Wohnraum in Dortmund zwingt zum Handeln

Dortmund wächst: Zuzüge aus dem Umland, von Studierenden und auch von Flüchtlingen sind Gründe dafür. Da seit einiger Zeit die Mieten immer stärker steigen, die Nachfrage nach preisgünstigen Wohnraum zunimmt und das Angebot immer knapper wird, ist es für Menschen mit wenig Einkommen auch in Dortmund immer schwieriger geworden, noch eine Wohnung zu finden. Das soll sich – wenn der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zustimmt – ab Herbst ändern.

In Dortmund gibt es aktuell rund 60.000 sogenannte „Bedarfsgemeinschaften“. 45.000 Haushalte davon sind nicht im Sozialen Wohnungsbau. 1230 der Haushalte könnten derzeit nach der alten Regelung eine Aufforderung bekommen, sich eine „angemessenere“ – spricht kleinere und/ oder günstigere – Wohnung zu suchen.

Doch die Ämter treten auf die Bremse und warten ab, ob die Politik dem neuen Vorschlag folgt, was jedoch als sicher gilt. Dann würden viele dieser drohenden Umzüge wegfallen: Durch die Erhöhung der Grenzen und dem Wegfall der starren Quadratmeter-Regelungen wären viele der bisher „nicht angemessenen“ Wohnungen dann mit einem Federstrich „angemessen“.

Höchstgrenzen bei den Mietkosten steigen – starre Quadratmeterregelung fällt weg

Sozialamtsleiter Jörg Süshardt stellte die Aktualisierung des „Schlüssigen Konzepts" vor.
Sozialamtsleiter Jörg Süshardt stellte die Aktualisierung des „Schlüssigen Konzepts“ vor.

Die von der Sozialverwaltung vorgelegten Aktualisierung des „Schlüssigen Konzepts“ zur Neufestlegung der Mietobergrenzen für Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) dem SGB XII (Sozialgeld) und dem Asylbewerberleistungsgesetz sieht eine Steigerung bei der Übernahme der Netto-Kaltmieten von bisher 4,86 Euro auf 5,25 Euro pro Quadratmeter vor.

Außerdem werden – entsprechend des aktuellen Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes e.V. für Nordrhein-Westfalen – die durchschnittlichen „kalten Betriebskosten“ (Betriebskosten ohne Heizung und Warmwasser) um zehn Cent auf 1,92 Euro pro Quadratmeter erhöht.

Doch entscheidend ist eine andere Neuregelung: Entsprechend dieser Sätze werden erstmals Höchstsummen definiert. Damit wäre es erstmals möglich, auch flächenmäßig größere oder vom Quadratmeterpreis her teurere Wohnungen anzumieten, wenn diese in der Summe den neuen Obergrenzen entspricht.

„Bisher galten 50 Quadratmeter für eine Personen und 15 Quadratmeter für jede weitere als starre Obergrenze“, erinnerte Sozialamtsleiter Jörg Süshardt. Die Wohnung durfte zwar kleiner sein. Aber nach oben gab es eine starre Deckelung – egal wie günstig der Quadratmeterpreis war.

Institut „empirica ag“ hat über 11.500 Dortmunder Mietangebote ausgewertet

Diese starre Deckelung würde dann wegfallen. Menschen könnten sich im Rahmen ihres künftig paschalen Budgets billige große oder auch teure kleine Wohnungen suchen – mit oder ohne Garten, mit oder ohne Balkon – mit oder ohne Aufzug— ganz nach den eigenen Wünschen und Notwendigkeiten.

Die signifikant erscheinenden Erhöhungen sind der tatsächlichen Situation am Dortmunder Wohnungsmarkt geschuldet. Die Stadt Dortmund berücksichtigte das in den letzten Monaten bereits in zahlreichen Einzelfällen.

Die Stadt Dortmund durch das Institut „empirica ag“ eine Marktanalyse über die tatsächliche Angebotssituation am Dortmunder Wohnungsmarkt durchführen lassen. Dazu wurden über 11.500 Mietangebote ausgewertet. Sozialwohnungen wurden dabei nicht berücksichtigt, um die Preise nicht nach unten zu verzerren.

Hilfebeziehern standen nur noch zehn Prozent der angebotenen Wohnungen offen

Sozialdezernentin Birgit Zoerner stellte die Aktualisierung des „Schlüssigen Konzepts" zur Festlegung der Mietobergrenzen im Rahmen von SGB II, SGB XII vor.
Sozialdezernentin Birgit Zoerner stellte die Aktualisierung zur Festlegung der Mietobergrenzen vor.

Diese Untersuchung sollte zeigen, wie es um den realen Zugang zu Wohnraum in Dortmund bestellt ist. Das Ergebnis sind deutlich: Nach den alten Regelungen waren nur noch zehn Prozent der im vergangenen Jahr angebotenen Mietwohnungen für die BezieherInnen von Sozialleistungen zugänglich.

Durch die Neuregelungen sähe da schon anders aus: Dann stünden ihnen rechnerisch wieder ein Drittel der offerierten Wohnungen zur Verfügung, betont Süshardt. An der Marke von einem Drittel will sich die Stadt auch zukünftig orientieren, da diese auch rechtssicher scheint – also wahrscheinlich bei Klagen vor den Sozialgerichten Bestand hätte.

Eine Festsetzung von 50 Prozent wäre zwar auch möglich – doch das gebe der Dortmunder Wohnungsmarkt nicht her. Denn der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ macht deutlich, dass einige Wohnstandards wie zum Beispiel Luxuswohnungen auszuschließen seien.

Nach geltender Rechtsprechung sind ausschließlich Wohnungen mit einem einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren – und so viele Wohnungen dieses Typs gibt es nicht in Dortmund.

Künftig sollen die Sätze alle zwei Jahren überprüft werden

„Durch das neue Konzept wird den Bedürfnissen der Leistungsberechtigten Rechnung getragen, ohne die Stadt Dortmund bei den Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft übermäßig zu belasten. Sichergestellt ist, dass es allein aufgrund der neuen Regelungen zu keinen Kostensenkungsverfahren bei den Betroffenen kommen wird“, betont Sozialdezernentin Birgit Zoerner.

Auch soll die Überprüfung der Sätze und Regelungen nicht erst wieder in zwölf Jahren erfolgen. Die Stadt peile eine erneute Überprüfung von zwei Jahren an, so Zoerner. Sollte es aber geboten erscheinen, könnte dies auch früher erscheinen.

Geregelt sind übrigens nur die Grenzen für Bedarfsgemeinschaften von bis zu fünf Personen. Für Wohnungen für sechs und mehr Personen sind keine statistisch relevanten Daten ermittelbar, so dass hier weiterhin Einzelfalllösungen erforderlich sind.

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Reaktionen

  1. Franz Ott

    Eine Frage. Wir müssen seit Jahren 40€ selbst zahlen! Die Wohnung ist 3qm zu groß,bzw. 40€ zu teuer. Inzwischen hat sich der Preis angeglichen. Allerdings wird das nicht berücksichtigt, wir müssen weiterhin diese Summe zu zahlen!
    Die Anpasssung wird höchste Zeit! Wir brauchen nun eine Behindertengerechte Wohnung, aber wer soll die bezahlen können? Mit Aufzug etc.!

    • Nordstadtblogger-Redaktion

      Sobald die Neuregelung beschlossen ist und in Kraft tritt – das kann bis Herbst dauern – sollte das überprüft werden. Das Sozialamt betont zudem, dass behindertengerechte Wohnungen von der Deckelung der Kosten ausgenommen sind. Diese Fälle müssen im Einzelfall mit dem/der jeweiligen Sachbearbeiter/in besprochen werden.

  2. Dortmunder

    Gute Nachrichten für Vermieter: Mieten – auch für einfache Wohnungen – in Dortmund werden steigen!

    Schritt 1: „Angemessenheitsgrenzen“ werden angehoben
    Schritt 2: Vermieter passen die Mieten an diese Grenzen an
    Schritt 3: Mieter, die keine staatliche Unterstützung erhalten, zahlen mehr Miete bei Neuvermietungen und später auch im Bestand
    Schritt 4: Sozialmieter haben zunehmend Schwierigkeiten, eine Wohnung innerhalb der Angemessenheitsgrenzen zu finden
    Schritt 5: die nächste Runde startet bei Schritt 1

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