Gut qualifiziert – seltener arbeitslos: Eine 54-jährige Dortmunderin zeigt, dass es für Weiterbildung nie zu spät ist

Die Geschäftsführerin des Ambulanten Pflegedienstes WTS, Silvia Witthaut (links) mit ihrer Mitarbeiterin Beate Schroer.
Die Geschäftsführerin des Ambulanten Pflegedienstes WTS, Silvia Witthaut (links) mit ihrer Mitarbeiterin Beate Schroer.

Gut qualifiziert – seltener arbeitslos. Beate Schroer wagte mit 54 Jahren den Neuanfang, holte ihren Schulabschluss nach, schulte um und büffelt nun für ihre Prüfung zur examinierten Pflegefachkraft. Ein Beispiel was Mut macht.

Personen ohne Ausbildung sind fünf Mal häufiger arbeitslos als Ausgebildete

Dass Akademiker ein geringeres Risiko haben, arbeitslos zu werden als Ungelernte, ist bekannt. Die Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestätigen dies seit vielen Jahren. Neu ist, dass es in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) nun auch regionale detaillierte Zahlen zu diesem Thema gibt.

Im Jahr 2016 war die Arbeitslosenquote von Personen ohne Berufsabschluss in Dortmund mit 33,2 Prozent gut fünfmal so groß wie für Personen mit einer betrieblichen oder schulischen Ausbildung, deren Quote bei 6,0 Prozent lag. Die geringste Arbeitslosenquote weisen Akademiker auf, von denen nur 3,9 Prozent arbeitslos waren. Beschäftigte ohne Berufsausbildung haben im Vergleich zu den anderen Qualifikationsgruppen ein deutlich höheres Risiko, ihre Beschäftigung zu verlieren.

Außerdem sind ihre Chancen, ihre Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Beschäftigung zu beenden, geringer. Entsprechend höher ist das Risiko für diese Menschen, langzeitarbeitslos zu werden. Das hohe Arbeitslosigkeitsrisiko von Ungelernten führt außerdem dazu, dass sie die Hälfte der Arbeitslosen stellen, obwohl ihr Anteil an allen Erwerbspersonen aber nur 15 Prozent beträgt.

Beruflicher Neuanfang mit 54 Jahren: Ausbildung zur Altenpflegehelferin gemacht

Beate Schröer hat eine Menge Erfahrungen auf diesem Gebiet gemacht. Arbeitete sie doch jahrelang als Ungelernte in diversen Tätigkeiten und war stets von Arbeitslosigkeit bedroht und auch betroffen. Mit 17 Jahren früh Mutter geworden verdiente Sie sich ihren Lebensunterhalt zunächst mit Jobben in einem Imbisswagen, führte diesen später auch selbstständig und leitete zudem auch eine Werkskantine.

Die aufkommende Demenz ihres Schwiegervaters erforderte dann ihren vollen Einsatz. Jahrelang kümmerte sie sich um ihn und versorgte ihn. In dieser Zeit wuchs der Gedanke, dass die Altenpflege beruflich vielleicht etwas für Sie sein könnte.

Mit 54 Jahren wagte sie dann den Neuanfang. „Das Interesse an dem Beruf der Altenpflegerin wurde in dieser Zeit geboren. Meine Erfahrungen mit meinem dementen Schwiegervater und später dann als Alltagsbegleiterin haben mich auf die Idee gebracht.“

Sie suchte das Gespräch mit ihrer Arbeitsvermittlerin bei der Agentur für Arbeit Dortmund. Dann die erste Hürde: Für eine Umschulung benötigt sie einen Hauptschulabschluss. Kein Problem für die Mutter von drei Kindern. Ein halbes Jahr drückt sie die Schulbank beim EWZ* in Dortmund und absolviert ihre Prüfungen mit Bravour.

Früherer Praktikumsbetrieb übernahm die erfolgreiche Auszubildende

Martina Würker, Chefin der Agentur für Arbeit in Dortmund.
Martina Würker, Chefin der Agentur für Arbeit in Dortmund, wirbt für lebenslanges Lernen.

Über einen  Bildungsgutschein der Arbeitsagentur startet sie direkt im Anschluss in die einjährige Ausbildung zur examinierten Altenpflegehelferin, die sie später dann mit 1.0 erfolgreich beendet.

Ihr damaliger Praktikumsbetrieb, Ambulanter Pflegedienst WTS-GmbH, wird sofort aufmerksam und bietet ihr eine feste Anstellung. Doch der Weiterbildungsweg von Beate Schroer ist damit noch nicht zu Ende.

Die Altenpflegebranche wächst. Aufgrund des zu erwartenden Anstiegs der Zahl der Pflegebedürftigen wird auch der Bedarf an Pflegekräften in den kommenden Jahrzehnten weiter ansteigen.

„Pflegefachkräfte sind am deutschen Arbeitsmarkt kaum noch zu finden. Es mangelt vor allem an ausgebildeten, examinierten Fachkräften, die eine Berufsausbildung von mindestens zwei bis drei Jahren durchlaufen haben“, betont WTS-Geschäftsführerin Silvia Witthaut. „Frau Schroer kommt uns doch da wie gerufen. Sie ist motiviert und hat viel Lebenserfahrung. Sie bringt viel Verständnis für die Situation der älteren Menschen mit.“

Von der Arbeitsagentur geförderte Weiterbildung zur examinierten Pflegefachkraft folgt

Zum 1. September beginnt Beate Schroer nun ihre zweijährige, von der Arbeitsagentur geförderte Weiterbildung zur examinierten Pflegefachkraft. Sie ist bereit zum Büffeln, sagt sie selber. Sie ist angekommen, mit Mitte 50 stehen ihr die beruflichen Türen weit offen. „Arbeitslos werde ich in diesem Beruf bestimmt nicht mehr“, so Schroer.

„Man ist nie zu alt, etwas Neues zu beginnen und umzulernen. Egal ob freiwillig oder aufgrund von beruflicher Perspektivlosigkeit oder sogar Arbeitslosigkeit: Für den Wechsel in einen anderen Beruf ist es nie zu spät“, betont Arbeitsagenturchefin Martina Würker.

„Eine Weiterbildung lohnt sich in jeder Altersstufe. Auch Menschen, die das 50. Lebensjahr bereits passiert haben, bekommen durch die Fortbildungen noch einmal vollkommen neue Möglichkeiten für das Privatleben und für die Karriere. Die Arbeitsagentur bietet zahlreiche Unterstützungsangebote“, so die Agenturchefin.

Kontaktmöglichkeit für interessierte Arbeitnehmer/innen: Tel: 0800 4 5555 00 (kostenlos)

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