„Gemeinsam Kirche sein mit Geflüchteten und Migranten“: Seelsorger für persischsprachige Christen im Dienst

(v.l.n.r.): Pfarrer Ralf Lange-Sonntag, Islam-Beauftragter der Evangelischen Kirche von Westfalen und zuständig für den "Interreligiösen Dialog" im Amt für MÖWe, MÖWe-Regionalpfarrerin Beate Heßler und zuständig für das Programm "Gemeinsam Kirche sein mit Geflüchteten Menschen und Migranten" in der westfälischen Kirche, Pastor (rpt.) Pastor Mehrdad Sepehri Fard, MÖWe-Regionalpfarrerin Margot Bell (Kirchenkreise Arnsberg und Soest) sowie persisch-sprachige Christen aus Westfalen
Pfarrer Ralf Lange-Sonntag, Pfarrerin Beate Heßler, Pfarrer Mehrdad Sepehri Fard und Pfarrerin Margot Bell mit persisch-sprachigen Christen in der Lydia-Gemeinde

Von Thomas Engel

In Teheran geboren, kommt Mehrdad Sepehri Fard 1997 nach Deutschland. Heute lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern in Paderborn. Auf den ersten Blick nichts besonderes – ein MigrantInnen- oder Flüchtlingsschicksal, das er mit vielen anderen tausend Menschen teilt, die ebenfalls in Deutschland ein neues Zuhause gefunden haben. Aber etwas ist doch recht außergewöhnlich: Sepehri Fard ist nicht nur Christ, sondern er ist persischsprachiger Pastor.

Unterdrückung von Christen im Iran und Afghanistan – Flucht nach Deutschland

Pfarrer Mehrdad Sepehri Fard
Pfarrer Mehrdad Sepehri Fard

Menschen aus dem Iran und Afghanistan können ihren christlichen Glauben nur im Untergrund bekennen, das hat sich rumgesprochen. Der Einfluss islamisch-fundamentalistischer Strömungen schafft in diesen Ländern ein Klima der Intoleranz, in dem Andersgläubige stets der Gefahr von Verfolgung und Repression ausgesetzt sind. So bleibt persischsprachigen Christen häufig nur das Exil, wollen sie ihren Glauben in Freiheit und ohne Angst leben.

Persische Gemeinden entstehen, so auch in Deutschland. Eine solche gibt es in Paderborn bereits seit einigen Jahren – mit rund 90 Mitgliedern im Paderborner Lukas-Zentrum. Ehrenamtlich seelsorgerisch betreut von Pfarrer Sepehri.

Theologie studieren konnte der iranische Geistliche in seinem Heimatland, wo er im Alter von zwölf Jahren zum christlichen Glauben fand, seinerzeit nur am Rande oder in der Illegalität, alles inoffiziell; die Prüfungen legte er auf Zypern und in den USA ab. Ordiniert wurde er im Jahre 2007 in Marburg.

Es gäbe im Iran keine christlichen Ortsgemeinden, erläutert er mit sanfter Stimme. Mithin auch keine offiziellen seelsorgerischen Anlaufstellen für ihre Belange. Aber wie für andere Iraner sei auch für persische Christen der Glaube, sei Religion ein sehr gewichtiger Teil ihres Lebens. Sein Lächeln ist mild, wirkt keineswegs hoffnungslos.

Ein außergewöhnliches wie wichtiges Projekt zweier Landeskirchen

Die Situation in der Diaspora dürfte sich davon keineswegs unterscheiden; sie stellt sich, im Gegenteil, durch neue kulturelle und sprachliche Barrieren in mancherlei Hinsicht noch verschärfter da. – Dem hat die Evangelische Kirche von Westfalen zusammen mit der Lippischen Landeskirche nun vor einigen Wochen mit einem Pilotprojekt Rechnung getragen, dessen Laufzeit drei Jahre beträgt.

Damit ist Pfarrer Sepehri Fard seit dem 15. Oktober dieses Jahres erster hauptamtlicher Seelsorger für persischsprachige Christen in beiden Landeskirchen. Anstellungsträger ist der Evangelische Kirchenkreis Paderborn. Weitere Beteiligte sind das Amt für „Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung“ (MÖWe) der westfälischen Landeskirche, die evangelischen Kirchenkreise Soest, Steinfurt-Coesfeld-Borken und Tecklenburg, die Landeskirchliche Gemeinschaft Rheine und die Lippische Landeskirche.

Das Projekt wolle dafür sorgen, dass persischsprachige Christen eine Ansprechperson hätten, dass sie seelsorglich begleitet, ihre Gemeindegruppen vernetzt und sie fester Bestandteil deutschsprachiger Gemeinden würden, hatte Volker Neuhoff, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Paderborn, anlässlich der Amtseinführung noch betont. Das Projekt habe breite Unterstützung erfahren und sei getragen von der Einsicht: „Da sind Menschen anderer Sprache und Herkunft, die die Nähe zu unseren Gemeinden suchen.“

Persischsprachige Christen – deutsche Christen: Reibungspunkte

„Die Christen im Iran haben bestimmte Vorstellungen vom Christentum“, erklärt Pastor Fard beim Vernetzungstreffen des Projektes am Dienstag, den 7. November, in der Lydia-Gemeinde. Diese deckten sich nicht unbedingt mit den Einstellungen deutscher Protestanten. So sei es beispielsweise einem persischsprachigen Christen nicht leicht verständlich zu machen, dass es in Deutschland durchaus schwule oder lesbische PfarrerInnen geben könne. Oder geistliche Würdenträger überhaupt Frauen seien dürfen.

Deswegen sei es bei Erstkontakten wichtig „Näherungsgespräche“ zu führen, etwaige Irritationen in der für viele noch fremden Kultur auszuräumen. Um einerseits deutlich zu machen, dass öffentliches und religiöses Recht in Deutschland anders als im Iran stärker getrennt seien. Dass das öffentliche Recht von allen Bürgern gleichermaßen zu respektieren sei, während die Befolgung religiösen Rechts in einem säkularen Staat eine Frage persönlicher Glaubensentscheidungen ist.

Andererseits sei die Stellung von Geistlichen in Deutschland eine andere. Während im patriarchalisch geprägten Iran das Wort Gottes mit wenig hinterfragter Autorität von ihnen käme, gäbe es hier viel mehr Debatten über Auslegungsfragen, statt die Bibel nur wörtlich zu nehmen. – Freiheit hat eben ihren Preis, nämlich den relativer Unsicherheit. Und die ist nicht jedermanns Sache, so dass immer wieder Konflikte entstehen können. Auch dafür ist selbstverständlich Sepehri Fard zuständig. Als jemand, der sozusagen zwischen den Kulturen steht und mit seinem Wissen über beide aufklären und vermitteln kann.

Verschiedene Kulturen in einer Kirche sein und den Glauben gemeinsam leben

Pfarrerin Beate Heßler
Pfarrerin Beate Heßler

Eine bunte Gesellschaft spiegelt sich auch im Mikrokosmos der einzelnen Landeskirchen und Kirchenkreise. Taufe, Heirat, Beerdigungen – sind fester Bestandteil des Alltags in den Gemeinden. Gerade für persischsprachige Christen ist es wichtig, diese im Leben eines jeden wichtigen Zeremonien in der Muttersprache vollziehen zu können.

„Gemeinsam Kirche sein“ erläutert MÖWe-Regionalpfarrerin Beate Heßler, zuständig für das Programm „Gemeinsam Kirche sein mit Geflüchteten Menschen und Migranten“ in der westfälischen Kirche, bedeutet, den Glauben gemeinsam mit Flüchtlingen und MigrantInnen zu leben. „Dort, wo man sich Lebensgeschichten erzählt, klappt das gut“, fügt sie hinzu.

Es kommt also darauf an, miteinander zu sprechen, unter einem Dach zu feiern und zu beten. Integration praktisch leben, statt Separation zu betreiben.

Natürlich gäbe es auch Ängste in den Gemeinden. Davor, was sich durch die neuen Mitglieder, durch Flüchtlinge und MigrantInnen, verändern wird. Was passiert dann mit dem eigenen angestammten Platz in der Gemeinschaft, wenn immer mehr Flüchtlinge kommen?

Insofern, betonen die Anwesenden, stehe man ebenso vor einer Herausforderung. Aber darin liegt auch die große Chance, das Gemeindeleben erheblich zu bereichern.

Mehr Informationen:

– Ob Pastor Sepehri Fard regelmäßige Gesprächstermine in Dortmund anbieten kann, ist noch offen.
– Hier ist er aber erreichbar:
Pastor Mehrdad Sepehri Fard
Seelsorge für persischsprachige Christen
Haus der Evangelischen Kirche
Klingenderstraße 13
33100 Paderborn
Tel. 05251 5002-97
sepehri@kkpb.de
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