Erinnerung an Tschernobyl und Fukushima: „Was haben wir wirklich aus den großen Atomkatastrophen gelernt?“

Tausende PolizistInnen sichern die Castro-Transporte nach Gorleben. Archivfoto: Alex Völkel
Castor-Transporte nach Gorleben: Die Endlagerung des Atommülls in Deutschland ist ungelöst. Archivfoto: Alex Völkel

Von Sascha Fijneman

„Erinnerung an Tschernobyl und Fukushima: Was haben wir wirklich aus den großen Atomkatastrophen gelernt?“ Zu diesem Thema lädt die Deutsch-Japanische Gesellschaft der Auslandsgesellschaft NRW und der Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) ein. Außerdem bietet die Auslandsgesellschaft im September erstmals eine Studienreise nach Kiew und in die Sperrzone in Tschernobyl an, um sich auch vor Ort ein Bild von den Folgen der Atomkatastrophe zu machen.

32 Jahre nach dem Super-GAU in Tschernobyl und sieben Jahre nach der Kernschmelze in Fukushima

Satellitenfoto der Reaktorblöcke 1 bis 4 (von rechts nach links) am 16. März 2011 nach mehreren Explosionen und Bränden. Foto: Digital Globe
Blick auf Reaktorblöcke in Fukushima  am 16. März 2011 nachBrand und Explosionen. Foto: Digital Globe/Wikipedia

Am 26. April 1986, also vor 32 Jahren, kam es im Kernreaktor Tschernobyl in der nördlichen Ukraine zum Super-GAU. Womit niemand gerechnet hatte, wurde bittere Realität. Bei dem Unglück wurde auf einen Schlag 200 Mal so viel Radioaktivität freigesetzt wie bei den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki am Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen. Die Folgen für Menschen und Umwelt waren fatal und sind bis heute zu spüren.

25 Jahre später, im März 2011, wird der Reaktor in Fukushima in Japan in Folge eines schweren Seebebens und den damit verbundenen Tsunamis gravierend beschädigt. Von insgesamt sechs Reaktorblöcken kommt es in dreien zur Kernschmelze. Die Gebäudehüllen der Reaktoren werden durch Explosionen so stark beschädigt, dass Unmengen an Radioaktivität in die Atmosphäre dringen und sich über Land und Meer verteilen.

Sieben Jahre ist es her, dass die letzte große Atomkatastrophe,die Welt schockierte und ihr vor Augen führte, welche Gefahren und Risiken die Nutzung von Atomenergie in sich birgt. Noch im selben Jahr besiegelte die Bundesregierung ihren Atomausstiegs-Beschluss. Doch bis heute sind sieben Reaktoren in Betrieb, die immer älter und störanfälliger werden. Zudem ist Deutschland noch immer der zweitgrößte Atomstromproduzent der EU.

Ein Vortrag von Jochen Stay von „.ausgestrahlt“ informiert über den aktuellen Stand der Dinge

Jochen Stay von der Anti-Atomorganisation "ausgestrahlt". Foto: Beste Stachowske/ausgestrahlt
Jochen Stay von der Anti-Atomorganisation „.ausgestrahlt“. Foto: Bente Stachowske/ Wikipedia

Auch die seit Jahren in der Öffentlichkeit präsente und heißdiskutierte Debatte um die Entsorgung des anfallenden radioaktiven Materials hält an. Von einer „befriedigenden“ Lösung sowohl für die AtomgegnerInnen als auch für die Energieunternehmen kann keine Rede sein.

Aus diesem Grund haben die Auslandsgesellschaft und IPPNW Jochen Stay von der Anti-Atomorganisation „.ausgestrahlt“ für einen Vortrag eingeladen. Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 26. April 2018, um 18 Uhr in den Räumlichkeiten der Auslandsgesellschaft NRW in der Steinstraße 48 statt. Der Eintritt ist kostenfrei.

Unterstützt wird der IPPNW hierbei von der ATTAC Regionalgruppe Dortmund, der DEW kommunal, dem BUND Friends of the Earth Germany und dem Bündnis 90/Die Grünen.

Jochen Stay will MitbürgerInnen Mut zur Einmischung machen und an Beispielen verdeutlichen, was der oder die Einzelne tun kann, um der Atomwirtschaft die Stirn zu bieten. Nach dem Vortrag stellt er sich für eine Diskussionsrunde mit den Anwesenden zur Verfügung.

Die Gegend um Fukushima ist mit ihrer landwirtschaftlichen Prägung die Kornkammer Japans

Deutsch - Japanische Gesellschaft, Yoko und Horst Schlütermann. AGNRW
Yoko und Horst Schlütermann leiten die Deutsch – Japanische Gesellschaft der Auslandsgesellschaft.

Das Thema Fukushima und die Folgen liegen Yoko Schlütermann, der Vorsitzenden der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, und ihrem Mann Horst sehr am Herzen. Denn allzu schnell gerate das Geschehene in Vergessenheit – vor allem wenn die Problematik von den Verantwortlichen aus politischen und wirtschaftlichen Gründen verharmlost werde. 

So erklärten die japanischen Behörden die Gebiete um den Reaktor in Fukushima bereits sechs Jahre noch dem Unfall für dekontaminiert und forderten die evakuierten und geflüchteten BewohnerInnen auf, in ihre Häuser und Wohnungen zurückzukehren, kritisiert Schlütermann. 

Das Problem: Die Gegend um Fukushima kann als die Kornkammer Japans bezeichnet werden. Deshalb lag und liegt der Regierung viel daran, die landwirtschaftliche Produktion in diesem Gebiet wieder zu beleben. Doch gerade das Erdreich und die Vegetation speichern viel mehr Radioaktivität als betonierte Flächen. Allerdings könne und wolle die Regierung nicht auf die Flächen verzichten.

Auch zehn Jahre nach der Katastrophe kann es noch zu strahlenbedingten Kranheitsausbrüchen kommen

Reaktor Nummer vier in Tschernobyl im Juni 2013. Foto: Arne Müseler
Reaktor Nummer vier in Tschernobyl im Juni 2013. Foto: Arne Müseler/Wikipedia

Viele der mehr als 100.000 Geflüchteten hätten jedoch aus finanziellen Mitteln schlichtweg gar keine andere Wahl als zurückzukehren und ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Wohlwissend, dass sie einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt und auch ihre Produkte kontaminiert seien, kritisiert die Japanerin.

Der Fall Tschernobyl habe gezeigt, dass es auch zehn Jahre nach dem eigentlichen Reaktorunglück noch zu strahlenbedingten Krankheitsausbrüchen kommen kann. So sind in Fukushima im siebten Jahr nach der Katastrophe 160 Kinder an Schilddrüsenkrebs erkrankt. „Wenn man bedenkt, dass die maximal zumutbare Strahlendosis in Fukushima von offizieller Seite zehnmal so hoch ist wie die in Tschernobyl, kann man sich vorstellen, was in Zukunft noch auf die Präfektur zukommt“, so Schlütermann.

Seit mittlerweile sieben Jahren bietet die Deutsch-Japanische Gesellschaft der Auslandsgesellschaft NRW e.V. deshalb sogenannte Sommercamps für Kinder und Jugendliche aus Fukushima im Rahmen ihres Hilfsprojektes „Hilfe für Japan“ an.

Bisher kamen rund 1400 Kinder in den Genuss, sich in den ländlichen Gebieten Okinawas zu erholen, ihr Immunsystem zu stärken und dem Alltagsstress zu entfliehen. Insgesamt leben rund 275.000 Kinder in den kritischen Gebieten.

Fukushima war eine Glücksinsel, die sich in einen Albtraum verwandelt hat

Lage der Präfektur Fukushima in Japan. Grafik: Wikipedia
Lage der Präfektur Fukushima in Japan. Grafik: Wikipedia

Dies alles ist möglich durch die unermüdliche Arbeit von Yoko Schlütermann.„Fukushima bedeutet übersetzt soviel wie Glücksinsel. Und so schnell ist aus ihr eine Insel des Albtraums geworden“, mahnt sie. Deutschland sei ein so schönes Land mit viel Grün. Aber das alles könne sich verheerend schnell verändern, sollte es in unmittelbarer Nähe ein ähnliches Unglück wie in Japan geben.

Sie kritisiert den Umgang der japanischen Behörden mit der Katastrophe und den Betroffenen. Die Gefahr sei schon sehr früh heruntergespielt worden, weil man auf die Präfektur aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht verzichten könne. Beide Katastrophen, sowohl Tschernobyl als auch Fukushima, seien der Beweis für die Risiken der Atomenergie.

Ein weiterer wichtiger Motivationsaspekt Schlütermanns und ihrer Kollegen besteht in der Tatsache, dass die japanische Mentalität in großen Teilen der Bevölkerung dazu führt, das Problem zu verdrängen. Ein Mantel des Schweigens wird über das Thema ausgebreitet und den Betroffenen suggeriert, alles sei in bester Ordnung. Ein Umstand den es durch Aufklärung und Unterstützung zu beheben gilt.

Den Mantel des Schweigens durch Aufklärung und Information durchbrechen

Aktion "Hilfe für Japan"
Fukushima-Kinder erholen sich Camp auf Okinawa – finanziert von der Aktion „Hilfe für Japan“.

Schlütermann kann hierbei auf Mittel der Auslandsgesellschaft NRW zugreifen, um ihre Ideen in Projekte wie beispielsweise die Sommercamps umzusetzen.

„Wir werden ihre Initiativen auf jeden Fall unterstützen, was wir ja nun auch schon seit sieben Jahren tun. Durch die großzügigen Fördermittel der Caritas, sind immer noch reichlich Spendengelder aus der Zeit der Fukushima-Katastrophe vorhanden, auf die Frau Schlütermann zugreifen kann“, so Klaus Wegener, Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft NRW.

Er freue sich über die Nachhaltigkeit des einzigartigen Projekts. Auch wenn es für die Problematik weltweit vielleicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei, ginge mit den Sommercamps ein positives Signal von Dortmund aus um die Welt. Mit einem Spendenaufkommen von rund einer Million Euro ist „Hilfe für Japan“ – massiv unterstützt von Caritas International – das mit Abstand größte Hilfsprojekt für die Auslandsgesellschaft.

Auslandsgesellschaft bietet eine informative Reise in die Sperrzone Tschernobyl an

Umweltgruppen wie Greenpeace waren seit Jahren vor den Gefahren. Foto: Alex Völkel
Umweltgruppen wie Greenpeace waren seit Jahren vor den Gefahren. Foto: Alex Völkel

Passend zum Vortragsthema und den Jahrestagen der Atomkatastrophen bietet die Auslandgesellschaft NRW außerdem eine spannende Studienreise nach Kiew und Tschernobyl an.

Wer kennt sie nicht? Die surreal anmutenden Bilder des Katastrophengebietes rund um den Reaktor Tschernobyl. Verlassene Gebäuderuinen, in größter Hektik zurückgelassene Alltagsgegenstände, verwaiste Häuserblocks in trister grauer Ödlandschaft. Jedem Betrachter drängt sich die beklemmende unheimliche Atmosphäre des Ortes unweigerlich auf.

Um dieses Faszinosum nun nicht nur visuell, sondern auch tatsächlich erleben zu können, bietet die Auslandsgesellschaft NRW eine fünftägige Studienreise nach Kiew und Tschernobyl an. Die Reise soll vom 24. bis zum 29. September 2018 stattfinden.

Das Atomkraftwerk Tschernobyl galt damals als eines der größten und leistungsfähigsten der Welt. Die Katastrophe wurde durch mehrere Faktoren ausgelöst, hinterließ das Gebiet um den Reaktor als Ödland und verwandelte die benachbarte Siedlung Prypjat, die einst rund 50.000 EinwohnerInnen zählte, in eine Geisterstadt. 

Strahlendosis ist im Sperrgebiet bei der geplanten Verweildauer unbedenklich

Die berüchtigte, verwaiste Geisterstadt Prypjat ist eines der Ziele der Studienreise. Foto: Justin Stahlmann
Die berüchtigte, verwaiste Geisterstadt Prypjat ist eines der Ziele der Studienreise. Foto: Justin Stahlmann/Wikipedia

Hier scheint die Zeit vor 32 Jahren stehen geblieben zu sein. Seitdem hat sich nicht das Geringste verändert. Die Spuren der hektischen Evakuierung, die bis heute sichtbar sind, muten wie ein cineastisches Endzeitszenario an.

All dies macht die Studienreise erlebbar. Natürlich müssen die TeilnehmerInnen sich bewusst sein, dass sie sich während des Aufenthalts in der Sperrzone einer erhöhten Strahlungsdosis aussetzen. Diese übersteigt allerdings niemals die kritischen, zulässigen Werte.

Bei einem zweitägigen Aufenthalt in der Sperrzone beträgt die Dosis zwei bis drei Mikrosievert pro Tag an Gammastrahlen. Zum Vergleich: Bei den meisten Atomkraftwerken weltweit beträgt die sichere Dosis für MitarbeiterInnen 50 bis 100 Mikrosievert pro Tag.

Kein Sensationstourismus, sondern Aufklärung und Information

v.l.n.r. Horst Schlütermann, Yoko Schlütermann, Klaus Wegener, Lisa Glazunova, Dr. med. Inge Zeller und Dr. Jürgen Huesmann Foto: Alex Völkel
Laden ein: (v.l.n.r.) Horst Schlütermann, Yoko Schlütermann, Klaus Wegener, Lisa Glazunova, Dr. med. Inge Zeller und Dr. Jürgen Huesmann Foto: Alex Völkel

Die Auslandsgesellschaft NRW legt Wert darauf, zu betonen, dass es ihr bei dem Reiseangebot nicht um Sensationstourismus geht, sondern sie informative Aufklärung betreiben will. „Als Lisa Glazunova, unsere europäische Freiwillige aus der Ukraine, sagte, sie würde gerne eine Studienreise nach Tschernobyl organisieren, waren wir alle begeistert. Denn als Auslandsgesellschaft suchen wir immer aktuelle gesellschaftliche Themen für unsere Fahrten“, berichtet Margarethe Thomas, verantwortlich für die Organisation von Studienreisen. 

Die Reise beinhaltet drei Übernachtungen im Amaranth Hotel in Kiew (oder einem gleichwertigen) und eine Übernachtung im Tschernobyl Hotel. Außerdem ist eine Stadtführung durch Kiew und die Sperrzone Tschernobyl inklusive Geigerzähler Teil des Programms. Abends wird es ein gemeinsames Abendessen geben. Darüber hinaus müssen sich die TeilnehmerInnen jedoch selbst mit Getränken und Mahlzeiten verpflegen.

Interessierte können sich noch bis zum 20. August 2018 bei der Auslandsgesellschaft anmelden. Die Reise wird 383 Euro pro Person im Doppelzimmer kosten. Für ein Einzelzimmer wird ein Zuschlag von 100 Euro berechnet. „Ich selbst war noch nie in Tschernobyl. Es ist eine der größten Katastrophen der Gegenwart. Ich stelle mir Fragen wie: Was ist passiert, was passiert jetzt? Wie steht es um Flora und Fauna? Wie leben die Menschen dort? “, erklärt Lisa ihre Motivation.

Sie will die Studienreise nutzen, um Antworten auf ihre Fragen zu finden und freut sich sehr, im Kreise Interessierter diese spannende und einzigartige Erfahrung zu machen.

Weitere Informationen:

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Reaktionen

  1. Ausstellung 10 Jahre Fukushima im Kornhaus Dortmund (PM)

    Ausstellung 10 Jahre Fukushima im Kornhaus Dortmund

    Am 11. März 2011 zerstörte ein Tsunami die Reaktorblöcke im japanischen Daiichi und führte zur zweiten großen Atomkatastrophe nach Tschernobyl. Aus diesem Anlass zeigt das Kornhaus eine Ausstellung mit 14 Plakaten zu den beiden Atomunfällen. Da auf Grund der Pandemie andere Orte, an denen solche Ausstellungen gezeigt werden können, geschlossen sind, hat sich der Bioladen im Kreuzviertel für diese Ausstellung entschieden.

    Noch heute ist der Super-GAU von Fukushima nicht vorbei. Noch sind die Aufräumarbeiten im Gange und große Gebiete weiter unbewohnbar. Selbst die Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 führt bis heute zu erhöhten Strahlungswerten z.B. bei Wildschweinen im Bayerischen Wald.

    Zehn Jahre nach Fukushima besteht in Deutschland zwar ein Fahrplan zur Abschaltung aller Atomkraftwerke, noch sind jedoch sechs Atommeiler in Betrieb, laut BUND „ein tägliches Risiko für uns Alle“.
    Die Ausstellung ist bis zum 20. März montags bis freitags von 8-20 Uhr sowie samstags von 8-18 Uhr in der Lindemannstraße 14 kostenlos zu sehen.

  2. Einladung zur Veranstaltung: Abbau von AKWs in Fukushima und Deutschland am 11.3.2022, 19h (PM)

    Den Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima am 11.3.2011 nehmen wir zum Anlass, die Risiken der Atomkraft beim Abriss in den Fokus zu stellen.

    Veranstalter:
    Deutsch-Japanische Gesellschaft in der Auslandsgesellschaft Dortmun
    IPPNW (Internationale Ärzteorganisation gegen den Atomkrieg) Regionalgruppe Dortmund

    Termin: 11. März 2022 ab 19Uhr
    Ort: Auslandsgesellschaft.de Steinstr. 48, 44147 Dortmund

    • Rückbau und dessen Probleme des AKWs Fukushima Daiichi: Yoko
    Schlütermann/ Deutsch-Japanische Gesellschaft Dortmund
    • Filmvorführung „Atomkraft Forever“ von Carsten Rau (Ausschnitt)
    • Problematik des AKW-Abrisses in Deutschland: Dr. Jürgen Huesmann/IPPNW
    Dortmund

    Diese Veranstaltung findet digital statt. Um Anmeldung wird gebeten:
    Fr. Claudia Steinbach Email: veranstaltungen@auslandsgesellschaft.de

    Zu den Inhalten:

    Seit über 10 Jahren versucht der Betreiber TEPCO, das havarierte AKW stillzulegen, das immer noch aktiv ist. Aktuell kämpft TEPCO mit ca 3.000 Arbeitern u.a. gegen das zunehmende radioaktive Wasser und plant dessen Entsorgung im Ozean. Der Rückbau soll 40 Jahre dauern – technische Lösungen dafür gibt es bisher nicht.

    Fukushima hat in Deutschland das rasche Ende der AKWs besiegelt. In Deutschland werden z.Zt. über 30 Kernkraftwerke abgerissen, dabei fallen etwa tausende Tonnen an radioaktivem Material an. Leicht strahlender Atommüll wird „freigemessen“, d.h. für nicht radioaktiv erklärt und über den allgemeinen Hausmüll auf Deponien entsorgt oder als Baumaterial verwendet. Die Kontrolle darüber liegt bei den Betreibern.

    Auch radioaktive Niedrigstrahlung macht Gesundheitsschäden. Die IPPNW und auch der Deutsche Ärztetag daher fordern einen Stopp dieser Praxis und ein vorläufiges Verwahren des Mülls am AKW-Standort.
    Als Beispiel für die technischen Probleme beim Rückbau zeigen wir einen Ausschnitt aus dem Film „Atomkraft Forever“, der den Abriss des AKWs Greifswald dokumentiert.

    Atomkraft ist keineswegs nachhaltig oder kostengünstig. Wie lange wir den Atomschrott den nachfolgenden Generationen überlassen und zu welchen finanziellen und gesundheitlichen Kosten – das übersteigt unsere Vorstellungskraft.

    Zum Hintergrund:

    Jetzt nach 10 Jahren sind heute noch ca. 60.000 Fukushima-Bürger heimatlos und kämpfen um ihre Zukunft. Die japanische Regierung plant den Rückbauabschluss in 40 Jahren. Die ersten 10 Jahre sind bereits um. Der Betreiber TEPCO kämpft mit ca. 3.000 Arbeitern zusätzlich gegen täglich zunehmendes radioaktives Wasser. Für die Herausnahme von hochradioaktiven Brennstofftrümmern aus den Reaktoren muss erst eine spezielle Technologie entwickelt werden. Endlagerorte sind noch nicht in Sicht.

    In diesem Jahr steigt Deutschland endgültig aus der Atomkraft aus. Das letzte Atomkraftwerk wird abgeschaltet, weil die Erfahrung von Fukushima gezeigt hat, dass das Risiko zu hoch ist und die Technik nicht beherrschbar. Doch dass damit das nukleare Problem gelöst wäre, erweist sich bei genauerer Betrachtung als Illusion.

    Regisseur Carsten Rau hat sich den Abriss des AKWs Greifswald vor Ort angeschaut und in seinem Film „Atomkraft Forever“ dokumentiert. Das Greifswald-AKW wurde in der DDR-Zeit gebaut und dessen Abriss begann nach 16 Jahren Betriebszeit 1995. Man schätzt, dass man 70 Jahre braucht, bis das Material soweit abklingt, bis man damit arbeiten kann. Die Rückbaukosten betragen ca. 5.6 Milliarden Euro. Der Rückbau der 17 AKWs in Deutschland wird Jahrzehnte dauern, wobei ca. 4 Millionen Tonnen radioaktiv verstrahltes Material anfallen, das dekontaminiert und entsorgt werden muss.

  3. Veranstaltung zum Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima (PM)

    Selten war das Thema Atomgefahren so aktuell wie jetzt: Der Krieg in der Ukraine hat durch die militärische Einbeziehung der Atomkraftwerke in Saporischschja und Tschernobyl den Blick wieder auf die Gefahren gelenkt, die von der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie ausgehen.

    Der 12. Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima, der in Deutschland zum Ausstieg aus der Kernkraft führte, gibt uns Anlass, Parallelen zwischen den Ereignissen in Fukushima, in Tschernobyl 1986 und 2022 sowie aktuell in Saporischschja aufzuzeigen. Die Sorge in der deutschen Bevölkerung ist groß, dass die Kampfhandlungen erneut zu Verstrahlungen auch in Deutschland führen.

    Yoko Schlütermann hat jüngst in ihrer Heimat die Langzeitfolgen der Fukushima-Katastrophe dokumentiert und beleuchtet die aktuelle, immer noch kritische Situation vor Ort. Die Ärzte der IPPNW Dr. Martin Rees und Dr. Jürgen Huesmann schildern die Risiken, die sich aus der Atomkraftnutzung im Allgemeinen und in der jetzigen Kriegslage ergeben.

    – 12 Jahre nach dem GAU in Fukushima – authentischer Bericht von Japan-Reise 11/2022
    (Yoko Schlütermann, Deutsch-Japanische Gesellschaft Dortmund)

    – Brauchen wir und die Welt Atomkraftwerke?
    Streckbetrieb und Neubauten gefährden die Energiewende. (Dr. Martin Rees, IPPNW-Regionalgruppe Dortmund)

    – Saporischschja und Tschernobyl unter Raketenbeschuss – Drohen neue Atom-Desaster? Wie schützen wir uns?
    (Dr. Jürgen Huesmann, IPPNW-Regionalgruppe Dortmund)

    Alle interessierten Mitbürger sind herzlich eingeladen. Die Veranstaltung findet hybrid statt.
    Präsenz: Auslandsgesellschaft.de in Dortmund, Steinstraße 48, 44147 Dortmund (Nordausgang Hbf)
    Online: Um Anmeldung wird gebeten an Frau Claudia Steinbach Tel. 0231 83800-19 oder veranstaltungen@auslandsgesellschaft.de
    Wer per Zoom teilnehmen möchte, erhält einen Link zugeschickt.

    Veranstalter:
    Deutsch-Japanische Gesellschaft Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de
    IPPNW – Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs, Dortmund

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