Eine Reise nach Smolensk: Junge PreisträgerInnen aus Dortmund stellen im „Rekorder II“ in der Nordstadt aus

Russland, wie es leibt und lebt. Smolensker Ausschnitt. Fotos: Leopold Achilles.
Russland, wie es leibt und lebt. Smolensker Ausschnitt. Fotos: Leopold Achilles.

„Russland kann mehr als Putin, Wodka und Braunbären“ – das zumindest meinen Anna Bültmann, Leopold Achilles und Mirjam Benecke. Die drei PreisträgerInnen des Wettbewerbs des Freundeskreises Hagen-Smolensk waren zu einem zweiwöchigen Studienaufenthalt nach Smolensk eingeladen worden. Ihre Reiseeindrücke dokumentieren sie nun ab Samstag, den 20. Januar, mit einer Ausstellung in der Dortmunder Nordstadt – mit Fotografien, Zeichnungen, Texten und Berichten.

Die Bürden einer leidvollen Geschichte – was ist von ihr heute noch spürbar?

Eine kleine Gruppe von vorwiegend jungen Leuten macht sich im Frühsommer 2016 nach Smolensk auf. Auf knapp halber Wegstrecke von Minsk nach Moskau kurz hinter der weißrussischen Grenze gelegen, zogen hier 1812 die Armeen Napoleons weiter nach Osten. Die meisten kehrten nicht zurück.

Nach Eroberung der Stadt durch NS-Truppen 1941 wurden tausende Smolensker von den Nazis zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich verschleppt. Bis zu ihrer Befreiung 1943 durch die Rote Armee lagen 93 Prozent der Stadt in Schutt und Asche; fast eine halbe Million sowjetischer Soldaten fiel.

Heute zählt Smolensk gut 300.000 EinwohnerInnen. Noch zu Zeiten der Sowjetunion wurde die Stadt neben elf anderen Städten mit dem Titel „Heldenstadt“ ausgezeichnet. Weil im Hochsommer 1941 um Smolensk herum der Vernichtungsfeldzug der deutschen Faschisten um vermutlich mitentscheidende zwei Monate aufgehalten werden konnte. Hier geriet der sog. „Blitzkrieg“ erstmalig ins Stocken.

Junge PreisträgerInnen fliegen mit einem Förderstipendium nach West-Russland

Was erwartet junge Deutsche etwa 75 Jahre später in dieser Stadt? Wie begegnen ihnen die Menschen dort? Was waren die Eindrücke von der Region und seiner Kultur? Die Reisegruppe im Frühsommer 2016 umfasst unter anderem Anna Bültmann, Leopold Achilles und Mirjam Benecke. Sie alle, damals gerade mal Anfang 20 Jahre alt, waren mit einem Förderstipendium als Preisträger verschiedener Wettbewerbe belohnt worden, mit dem die Reise nach Smolensk über den Freundeskreis Hagen-Smolensk finanziert werden konnte.

Anna Bültmann studiert Kunst und Sonderpädagogik an der TU Dortmund, hatte mit ihren Blattzeichnungen am Wettbewerb „Junge3Kunst“ 2015 teilgenommen und den Kunstpreis nach Auswahl der Jury in Smolensk gewonnen. In demselben Wettbewerb gewann der freischaffende Journalist und autodidaktischer Fotograf, Leopold Achilles, den Kunstpreis dank der Wahl durch das Hagener Publikum. Beide KünstlerInnen zeigten ihre Arbeiten im Haus der Ruhrkohle in Hagen.

Die Journalistin Mirjam Benecke war 2015 qua dreier Reportagen Gewinnerin des „LaukelA“-Journalistenpreises, mit dem Arbeiten ausgezeichnet werden, die sich unter anderem mit Themen aus den Bereichen Kultur, Integration und Ausland beschäftigen. Seit 2013 wird der Preis in jedem Jahr vom Freundeskreis Hagen-Smolensk und der Künstlervereinigung Artproisk-Smolensk in Zusammenarbeit mit der Stadt Hagen, der TU Dortmund und der Stadt Smolensk vergeben.

Neue Erfahrungen im Medium einer fremden Kultur – verarbeitet in Texten, Bildern, Zeichnungen

Die drei jungen Leute berichteten seinerzeit von ihrer Reise, ihren Eindrücken und Erlebnissen zeitgleich in einem Blog. Zumindest bis zum achten Tag (hier). Sie haben die vielen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen geschildert, Fotos gemacht, Blätter ihnen unbekannter Bäume gesammelt, Orte des Gedenkens an das Unsägliche besucht – sich nach und nach in eine für sie fremde Kultur hineingefühlt, ihren Facettenreichtum bestaunt. Natur vor’m Ural gerochen und gefunden. Und so manche Überraschung erlebt, z.B. beim Händeschütteln.

Sie haben krasse Gegensätze zwischen viel Armut und wenig Reichtum beobachtet, neue kulinarische Köstlichkeiten kennengelernt, Denkmäler, Museen, Ateliers besucht, Gespräche mit KünstlerInnen und JournalistInnen geführt. Und „selbstverständlich“ ergab sich irgendwann auch die Gelegenheit, mit einer „typischen“ Babutschka, der Oma eines Künstlers, mit dem die Gruppe schnell Bekanntschaft machte, in einem umliegenden Dorf zu plaudern. Zu essen und zu trinken wie alle Menschen dort. Und vieles mehr.

Was die kleine Gruppe bis heute, gut anderthalb Jahre später, davon für sich als gelebte Erfahrung behielt, in Wort und Bild, und als nunmehr verarbeitete und sprachlich vermittelbare Erinnerung – dies zeigt sie nun für acht Tage in einer Ausstellung im Dortmunder „Rekorder II“. Der Eintritt ist frei; jede(r) ist herzlich willkommen.

Am Sonntag, den 21. Januar, ab 16 Uhr wird im Rekorder II ein ausführlicher Reisebericht vorgestellt. Die AusstellerInnen zeigen Bilder von ihren Expeditionen in Smolensk und Umgebung und werden viel von einzelnen Begebenheiten zu erzählen haben. Dazu gibt es ein paar kleine Gaumenfreuden nach Landesart. Ob zusätzlich irgendwo russischer Vodka rumsteht, ist nicht bekannt.

Weitere Informationen:

  • Rekorder II, Scharnhorststr. 68, 44147 Dortmund
  • Vernissage: 20. Januar, 19 Uhr
  • Reisebericht: 21. Januar, 16 Uhr
  • Finissage: 28. Januar, 16 Uhr
  • Öffnungszeiten: täglich von 15-19 Uhr
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