Ehrenamtliche erschaffen in der Nordstadt ein bundesweit bedeutsames Museums-Mekka für Industrielack

Viele der Mitglieder des Vereins hatten vorher nichts mit Lacken zu tun.. Foto: Klaus Hartmann
Viele der Mitglieder des Vereins hatten vorher nichts mit Lacken zu tun. Foto: Klaus Hartmann

Von Alexander Völkel

Wenn ein Museum als das „Deutsche“ firmiert, geht es um die nationale Bedeutung, eine Einmaligkeit oder auch um „das erste“ seiner Art. Davon gibt es in Dortmund einige. Das Deutsche Fußballmuseum ist natürlich das bekannteste. Wenig überraschend, auch wenn es erst im vergangenen Jahr eröffnet hat.

Industrielackmuseum besteht jetzt seit fünf Jahren in der Nordstadt

Volker Bach in der Bibliothek des Deutschen Industrielackmuseums.
Volker Bach in der Bibliothek des Deutschen Industrielackmuseums. Fotos: Alex Völkel

Ebenfalls bekannt und beliebt: Die seit 1993 bestehende Deutsche Arbeitsschutzausstellung (DASA) sowie das Deutsche Kochbuchmuseum – 1988 gegründet. Aber kennen sie das „Deutsche Industrielack-Museum“ schon?

Es wurde vor fünf Jahren gegründet von einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher gegründet. Die kleine Einrichtung in der Nordstadt macht sich – zumindest in der Branche – einen Namen. Um das zu unterstreichen, trägt das erste Industrielack-Museum seit kurzem das „Deutsche“ im Namen. Ein Blick hinein kann sich lohnen – nicht nur für Experten.

Die Nordstadt kann viele Besonderheiten aufweisen. Zu den überraschendsten Einrichtungen gehört das „Deutsche Industrielack-Museum“. Das noch im Aufbau befindliche Museum im Hafen ist eine Stätte, die Besucherinnen und Besuchern den Industrielack in allen Facetten näher bringen möchte.

Ferner kann es Fachleuten, Auszubildenden und SchülerInnen als Ort der Recherche und Forschung dienen. Darüber hinaus möchten die Macher ihre umfangreiche Sammlung, die sich mit Lack befassen, einen repräsentativen Rahmen geben.

Museum ist über „KADDI LACK“ – der Manufaktur für Industrielacke – zu Hause

Thomas Grüner ist stolz auf die große Sammlung an Exponaten.
Thomas Grüner ist stolz auf die große Sammlung an Exponaten.

Die wenigsten Aktiven haben dabei vorher mit Industrielack beruflich zu tun gehabt. Auch nicht Kurator Volker Bach: Er hatte zwar früher nichts mit Lack am Hut, wohl aber mit Ausstellungstechnik. Als ehrenamtlicher Kustode ist er der Mann der ersten Stunde.

Der fachgerechte Um- und Ausbau der Räume und die Präsentation der Exponate basiert auf seiner beruflichen Erfahrung. Die auf wissenschaftlichen Standards beruhende Dokumentation sämtlicher Artefakte ist eine seiner Hauptaufgaben.

Museumsleiter Thomas Grüner hingegen ist jedoch „vom Fach“: Seit seiner Berufsausbildung ist er fasziniert von den Werkstoffen Lack und Farbe. Konsequent lebt er seine Passion als Inhaber der Manufaktur für Industrielacke „KADDI LACK“ in Dortmund.

Die Gründung des Museums auf seinem Firmengelände war der nächste Schritt, um ein museales Info-Angebot zu schaffen: Wissenswertes über Industrielack in all seinen Facetten. Von alchemistisch anmutenden Rezepten der Vergangenheit bis hin zur modernen Produktionstechnik.

Viele Ehrenamtliche hatten vorher mit Industrielack „nichts am Hut“

Das Deutsche Industrielackmuseum hat eine große Sammlung an Exponaten.
Das Deutsche Industrielackmuseum hat eine große Sammlung an Exponaten.

Doch ohne Bach hätte es das Museum nie gegeben. „Er hat mich davon überzeugt, dass ich ein Museum will“, sagt Grüner. „Er kann Leute begeistern.“

So sind auch andere Aktive wie Heinz Petermeier dazu gekommen. Man kennt sich aus dem Chor – jetzt ist der gelernte Kaufmann Vereinskassierer. Auch Hans-Jörg Marin ist über freundschaftliche Kontakte dazu gestoßen: „Es ist spannend, wie sich das Museum entwickelt. Es gibt viele Stolpersteine und Herausforderungen. Das reizt mich.“

Der weiterer Fachmann ist Gerhard B. Pausch. Der Messtechnik-Spezialist hat eine umfangreiche Sammlung, die in einem weiteren Bauabschnitt ausgestellt werden soll. Für sie suchte er ein Zuhause. Auch von seinen Branchenkontakten kann der kleine Verein profitieren.

35 Mitglieder hat er derzeit – doch nicht jedes Mitglied kann mitarbeiten, weil sie teilweise in ganz Deutschland verstreut sind. Überraschend: Nur ein Drittel ist aus der Branche.

Ort soll Aufmerksamkeit auf eine kleine, aber zukunftsträchtige Branche lenken

Die „Ruhr-Perlen" - der Heinkel-Perle-Club Witten/Dortmund - besuchte das Deutsche Industrielackmuseum.
Die „Ruhr-Perlen“ – der Heinkel-Perle-Club Witten/Dortmund – besuchte das Deutsche Industrielackmuseum.

Ihr Ziel ist aber ein gemeinsames: Sie wollen einen Ort schaffen, der die Aufmerksamkeit auf eine kleine, aber zukunftsträchtige Branche lenken. Denn Lacklaboranten sind gefragt. Daher will sich das Museum auch an Schülerinnen und Schüler richten.

„Wer nicht studieren möchte, sich aber für Naturwissenschaften interessiert, kann als Lacklaborant einen zukunftssicheren und gut bezahlten Beruf finden“, betont Museumsleiter Thomas Grüner. In der Region gibt es viele Firmen, die diese Laboranten händeringend suchen. Das gilt natürlich auch für Ingenieure aus diesem Bereich.

Doch auch Experten und Firmen sollen genauso angesprochen werden wie Menschen, die zum Thema forschen wollen. „Wir haben eine umfangreiche Bibliothek“, wirbt Grüner. Schritt um Schritt wächst das kleine Museum. Aktuell wird das Dachgeschoss ausgebaut. Hier soll ein Depot und ein Mehrzweckraum entstehen, um mehr Platz für Gruppen und Exponate zu schaffen.

Der kleine Verein braucht Geld zum Ausbau der Räumlichkeiten

Auf dem Dach würde der Verein gerne einen Anbau platzieren.
Auf dem Dach ders des Garagengebäudes würde der kleine Verein gerne einen Anbau platzieren.

Allerdings ist das Geld – wie bei vielen kleinen Vereinen – knapp. Mit 3000 Euro hat jüngst die PSD-Bank das Museum unterstützt. Für den Dachausbau werden rund 10.000 Euro benötigt. Für die ersehnte große Lösung  – die Aufstockung auf einem Nebengebäude – würde locker die fünf- bis sechsfache Summe gebraucht.

Der Raum würde für die Ausweitung der Dauerausstellung sowie die gewünschten Sonderausstellungen und Aktionen benötigt. Doch diese bleiben bisher noch ein Wunschkonzert.

Das Museum spricht sich allerdings herum – vor allem in der Branche. Das macht sich bei den zur Verfügung gestellten Exponaten bemerkbar: So sind beispielsweise in der Ausstellung zwei Steinschlagprüfgeräte zu sehen. Eins war zuvor in einem BMW-Werk im Einsatz.

Das Automobil-Unternehmen hätte das Gerät gerne in sein Museum übernommen. Allerdings hat die Eigentümerin, die Firma „Chemetall“, dem BMW-Museum eine Absage erteilt und das Exponat dem „Deutschen Industrielackmuseum“ in Dortmund zur Verfügung gestellt.

Vermittlung der Faszination des Werkstoffs steht im Mittelpunkt

Zwei Steinschlag-Prüfvorrichtungen gibt es in der Nordstadt - eine konnten sie dem BMW-Museum streitig machen.
Zwei Steinschlag-Prüfvorrichtungen gibt es in der Nordstadt – eine konnten sie dem BMW-Museum streitig machen.

Wer jetzt glaubt, dass das Museum nur etwas für „Experten“ ist, sieht sich getäuscht. Denn Bach und Grüner verstehen es, während der Führungen die Faszination des Werkstoffs zu vermitteln. Eine Branche, in der Deutschland Weltmarktführer ist. Ohne Industrielacke würde das Automobil – des Deutschen liebstes Kind – nicht so glänzen. Und ohne Lack würde es keine Windkraftanlagen geben.

Denn Regentropfen treffen mit bis zu 350 Stundenkilometern auf die Rotorblätter. „Steter Tropfen höhlt den Stein“, erinnert Bach an ein Sprichwort. Damit dies nicht passiert und die Rotoren keinen Schaden nehmen, benötigt es hochwertigste Industrielacke.

Nur eines von vielen Beispielen, mit denen das Museum auf die „Faszination Lack“ aufmerksam machen will. Lassen Sie sich doch auch mal überraschen und schauen sie ’rein – zum Beispiel beim nächsten Hafenspaziergang, bei dem das Museum wieder dabei sein wird. Dann wird auch das Steinschlagprüfgerät „live“ zu erleben sein…

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