Bürgerforum „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“ zum Thema Armut: „Jubiläen sind nicht immer ein Grund zu feiern“

Armut stand beim Bürgerforum Nord trifft Süd im Mittelpunkt.
Armut stand beim Bürgerforum Nord trifft Süd im Mittelpunkt. Fotos: Martin Eder/Planerladen

Wie kann und wie wird der Armut in Dortmund begegnet? Dieser Frage gingen die Podiumsgäste unter Moderation des Journalisten und Nordstadtbloggers Alexander Völkel beim Bürgerforum „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“ nach.  Drei Einrichtungen und ein Service Club berichteten eindrucksvoll von ihrem Engagement gegen Armut.

Kana-Suppenküche versorgt zwischen 200 und 300 Personen am Tag

Die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren dabei, wie beharrlich sich seit Jahrzehnten die Armut in der Stadt hält, aber auch an welcher Stelle die Mitwirkung Ehrenamtlicher und Spender besonders willkommen ist und wie jeder einzelne sich einbringen kann.

 Bernd Büscher und Johst-Bernd Henseler von der Kana-Gemeinschaft berichteten über die Suppenküche.
Bernd Büscher und Johst-Bernd Henseler von der Kana-Gemeinschaft berichteten über die Suppenküche.

Den Auftakt machten Bernd Büscher und Johst-Bernd Henseler von der Kana-Gemeinschaft, die seit 1991 in der Nordstadt eine Suppenküche betreibt. Büscher schilderte eindrücklich die Notwendigkeit der Einrichtung – sowohl damals vor 25 Jahren, als sie ins Leben gerufen wurde, wie auch heute.

Ein Grund zum Feiern sei dieses Jubiläen allerdings nicht. Wohl aber, das Thema Armut verstärkt in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Situationen zu stellen.

Täglich versorgt Kana mittlerweile zwischen 200 und 300 Personen mit einer warmen Mahlzeit – und zwar ohne Blick auf Ausweis, Status oder Herkunft. Dabei stützen Sie sich auf eine große Zahl von Ehrenamtlichen. Zwischen 70 und 80 Helfer braucht es, um die Einrichtung am Laufen zu halten, bei einer Zahl von jährlich 66.000 Gästen.

Bei Kana zählt man unterschiedlichste Mensch, Unternehmen und Institutionen zu ihren finanziellen Unterstützern. „Das sind zum Beispiel Leute, die für uns fünf Euro jeden Monat beiseitelegen“, und natürlich gäbe es auch größere Spender. Auf staatliche Förderung verzichtete man jedoch von Anfang an komplett.

„Wir wollen ja auch politisch für die Armen einstehen und auch mal unbequem sein können“, so Büscher. Ob es denn überhaupt Unterstützung von der Kommune oder anderen Stellen gibt, wie ein Teilnehmer fragte, könne er daher auch nicht beantworten.

Das Gast-Haus an der Rheinischen Straße gibt pro Jahr 85.000 Mahlzeiten aus

 Werner Lauterborn (rechts) und Pfarrer Daniel Schwarzmann berichteten über Gast-Haus.
Werner Lauterborn (rechts) und Pfarrer Daniel Schwarzmann berichteten über Gast-Haus.

Für die Einrichtung Gast-Haus, einer Anlaufstelle für Obdachlose an der Rheinischen Straße, sprachen Werner Lauterborn und Pfarrer Daniel Schwarzmann, Wohnungslosenseelsorger der Stadt Dortmund. 85.000 Mahlzeiten, insbesondere Frühstücke, verteilte die Einrichtung im vergangenen Jahr an Bedürftige und vor allem Obdachlose.

An dieses Angebot sind mittlerweile auch eine ärztliche Versorgung und andere Dienste angeschlossen. Zwei Glücksfälle in Form von Erbschaften von wohlhabenden Bürgern haben das Gast-Haus zudem zuletzt in die glückliche Lage versetzt, eine eigene Immobilie zu kaufen und gestalten zu können.

Herr Schwarzmann verwies auf die Bedeutung, sowohl die materiellen Bedürfnissen der Gäste zu erkennen, aber ebenso die seelischen. Gerade im Norden träfe man auf die unterschiedlichsten Menschen und Notlagen. Den Standort der Einrichtung lobte eine Stimme aus dem Publikum, denn die einsetzende Aufwertung der Rheinischen Straße rücke das Gast-Haus und seine Gäste wieder in die Mitte der Gesellschaft.

 bodo – viel mehr als „nur“ eine Obdachlosenzeitung

Tanja Walter und Bastian Pütter von bodo e.V. erklären ihr Konzept.
Tanja Walter und Bastian Pütter von bodo e.V. erklären ihr Konzept.

Tanja Walter und Bastian Pütter von bodo e.V. erklärten das Konzept hinter der Straßenzeitung und der beiden anderen Standbeine Transport- und Umzugshilfe sowie den Buchladen. Bodo ist eine von weltweit über 100 Straßenzeitungen.

Das Finanzierungskonzept von bodo unterscheide sich von vielen anderen karitativen Einrichtungen vor allem dadurch, dass man auch wirtschaftlich denke und mit seinen Produkten erfolgreich „am Markt und am Kunden“ sein wolle.

Die Spenden und Zuwendungen dienten dazu, die bestehende Lücke zu füllen: „Wir wollen, dass die Zeitung nicht nur aus Nächstenliebe gekauft, sondern dass sie auch gerne gelesen wird“, so Pütter.

Die aktuelle Ausgabe wartet daher auch mit einem besonderen Highlight auf: Papst Franziskus hatte den Straßenzeitungen exklusiv ein Interview gegeben.

Rotary Club Hörde will der Gesellschaft etwas zurückgeben und unterstütze viele Projekte

Ubbo de Boer ist Obmann für die Nordstadt und aktiv im Rotary-Club.
Ubbo de Boer ist Obmann für die Nordstadt und Rotarier.

Zuletzt betrat Ubbo de Boer das Podium, um über die Arbeit des Rotary Clubs Hörde zu informieren. Das Engagement der Rotarier steche dadurch hervor, da es sich um Menschen handle, die aus der Überzeugung, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen, tätig würden und so viele verschiedene Projekte unterstützen.

Die kontroverse Frage aus dem Publikum, was Armut überhaupt sei und wie man diese definieren könne, musste an diesem Abend jedoch unbeantwortet bleiben. Die Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen betonten jedoch, dass sie selbst für ihre Arbeit keine benötigten.

Deren Erfahrung: Es koste doch immer Überwindung, Hilfe anzunehmen. „Bei uns ist jeder willkommen!“ Anschließend wurde am Büffet noch bis in den späten Abend diskutiert und die Kontakte vertieft.

Zur Veranstaltungsreihe „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“

  • Seit Oktober 2011 führt der Planerladen e.V. mit der Auslandsgesellschaft NRW die Veranstaltungsreihe Bürgerforum „Nord trifft Süd“ durch.
  • Das Bürgerforum wurde im April 2015 konzeptionell erweitert und ist nun Teil des Projekts der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: Dortmund all inclusive.
  • Der Name des Bürgerforums heißt jetzt Bürgerforum „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“.
  • Es wird unterstützt von MIA-DO-Kommunales Integrationszentrum Dortmund.
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